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Das Zusammenspiel macht’s aus

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Persönlichkeitsentwicklung und soziales Verhalten sind also wesentlich an die Entwicklung frontaler Hirnregionen gebunden. Man könnte deshalb auch von einem »frontalen Phänomen« sprechen, das sich vor allem während der Phase von der Pubertät bis ins junge Erwachsenenalter bemerkbar macht. Nun sollten aber Hirnregionen in ihrer Funktion nicht isoliert betrachtet werden, weil sie immer nur im Zusammenspiel mit anderen Hirnbereichen verstanden werden können. In besonderem Maße trifft dies auf die frontalen Hirnregionen zu.

Der wichtigste Mitspieler der frontalen Regionen ist das limbische System. Dabei gilt, vereinfacht ausgedrückt, dass die frontalen Hirnregionen die Impulse aus den tiefer im Gehirn liegenden limbischen Bereichen hemmen, steuern und modulieren. Die Persönlichkeitsentwicklung spiegelt in diesem Sinne den Entwicklungsgrad des Zusammenspiels zwischen tieferen limbischen Strukturen und frontalen Anteilen des limbischen Systems (orbitofrontaler Cortex) wider. Interessanterweise spielen die höheren kognitiven Funktionen des präfrontalen Cortex (oberes Stirnhirn) keine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, Handlungsentscheidungen zu treffen. Letzteres ist Sache des limbischen Systems, besonders des unteren Stirnhirns.

Die Persönlichkeitsstruktur des Menschen wird nach Gerhard Roth hauptsächlich durch das limbische System bestimmt. Dazu gehören Mandelkern (Amygdala), Nucleus accumbens, basales Vorderhirn, Hypothalamus, Hippocampus, vorderer cingulärer Cortex, orbitofrontaler Cortex als wichtigste Regionen. In diesen Regionen sind (emotionale) Erfahrungen gespeichert, hier werden neue Erlebnisse bewertet und mit früheren Ereignissen verglichen, hier werden auch Handlungsentwürfe entwickelt, die friedfertig oder aggressiv sein können.

Das limbische System ist also maßgeblich an emotionalen, affektiven und motivationalen Prozessen beteiligt. In dieser Hinsicht ist es diejenige Hirnregion, die hauptsächlich bestimmt, ob Lernen positiv erlebt wird. Bei einer positiven Bewertung ist somit Lernerfolg weit wahrscheinlicher.

In Abbildung 1-9 (Seite 23) sind die wichtigsten Regionen des limbischen Systems abgebildet (Nr. 1 bis 3). Dieses schickt seine Belohnungserwartungen, Bewertungen, Ängste, Antriebe und Impulse an die frontalen Regionen des Gehirns. Diese neuronalen Erregungen enthalten bereits eine Art Vorbewertung der auszuführenden Handlungen, weil sie mit Erinnerungen an in ähnlichen Situationen erlebte Gefühle verknüpft sind. Das Phänomen ist uns aus dem Alltag bekannt – wenn wir zum Beispiel etwas tun, dessen Ausgang wir nicht abschätzen können, und trotzdem »ein gutes Gefühl« haben, eine innere Gewissheit, dass es gelingen wird.

Die Regionen des orbitofrontalen Gehirns sind ihrerseits zuständig für die Risikoeinschätzung und die Regionen des präfrontalen Cortex für die Fehlerkontrolle, also letztlich allgemein für die »soziale Verträglichkeit« der Handlungen.


Sie sind eine Art second opinion der bereits vorbewerteten Impulse; sie übernehmen die Impuls- und Handlungskontrolle. Dazu braucht es aber stabile und robuste Hirnstrukturen, und die werden während der Jugendphase erst richtig ausgebildet. Den Impulsen (vgl. Pfeile) kann in der Pubertätsphase zu wenig Steuerungsenergie und innere Struktur entgegengesetzt werden. Das ist es, was das Gehirn im Laufe der Adoleszenz zu lernen hat. Aus diesem Grunde benötigen jüngere Jugendliche äußere Leitplanken und Beziehungsstrukturen, die eine Art Handlungsreferenz darstellen. Jüngere Jugendliche brauchen möglichst viel Vorbildhandlungen und flankierende Maßnahmen, damit sie sich erfolgreich durch den sozialen Alltag manövrieren, oder hirnphysiologisch ausgedrückt, damit sich langsam tragfähige frontale Hirnstrukturen herausbilden können. Aus diesem Grund spricht man in diesem Zusammenhang vom »frontalen Phänomen«. Hier wird deutlich, wie wichtig die frontalen, vor allen die orbitofrontalen Regionen im Zusammenspiel mit den tieferen limbischen Strukturen sind.


Nur Flausen im Kopf? - Jugendliche verstehen

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