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Was bedeutet all dies für Lernen, Erziehung und Unterricht?

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Nach der Pubertät (mit ca. 11 bis 15 Jahren) und während der ganzen Adoleszenz (mit ca. 16 bis 21 Jahren) befinden sich die frontalen Hirnregionen, die für wesentliche Exekutivfunktionen zuständig sind, noch in Entwicklung. Der Begriff Baustelle trifft tatsächlich zu, denn es ist die »Hardware«, die sich während der Jugendzeit neu formiert und strukturiert. Die massive Umbauphase erreicht ihren Höhepunkt etwa mit 12 bis 15 Jahren, aber die »Neu- und Umverkabelung« dauert weit länger, nämlich bis über das 20. Lebensjahr hinaus. Danach sind die Umstrukturierungsprozesse nicht mehr derart verhaltensbestimmend.

Wenn man sich überlegt, welches die steuernden, kontrollierenden und ausführenden Funktionen (Exekutivfunktionen) sind, die sich hirnphysiologisch während der Jugendzeit erst noch entwickeln müssen, wird auch nachvollziehbar, warum Jugendliche aus der Sicht Erwachsener oft so unberechenbar, launisch und unmotiviert erscheinen. Sie lassen sich schnell ablenken, verfügen zuweilen über wenig Durchhaltevermögen und können unzuverlässig sein. Sie haben Mühe, Verbindlichkeiten einzuhalten, nicht weil sie diese nicht einhalten wollen, sondern weil sie je nach Stimmungslage und Befindlichkeit nicht die notwendige Disziplin aufbringen können. Jugend­liche stehen sich manchmal selbst verständnislos gegenüber; sie können oftmals keinen Grund für ihre Stimmungsschwankungen und ihre Spontanhandlungen nennen. Sie führen Handlungen durch, die sie in größte Schwierigkeiten bringen und die ihnen im Nachhinein selbst absurd vorkommen. Anders ausgedrückt: Sie können sich selbst nicht erklären, wer oder was sie zu einer Handlung veranlasst hat, nur, dass sie diesen Impulsen keinen Widerstand entgegenstellen konnten. Es wird nachvollziehbar, warum die meisten Gewalttaten Jugendlicher in alkoholisiertem Zustand stattfinden, da durch den Alkohol kontrollierende Hirnprozesse zusätzlich beeinträchtigt werden. Zwischen der verrückten Idee und dem Ausführen einer Handlung ist dann keine Instanz mehr dazwischengeschaltet.

Überraschende Ausfälle (unangemessene Vorkommnisse) und fehlende Impulskontrolle können genauso mit der Hirnentwicklung zusammenhängen wie plötzliche Überemotionalität. Selbstverständlich können Grenzüberschreitungen, Störungen des Unterrichts, Distanzlosigkeit oder zum Beispiel eine erhöhte Eskalationsbereitschaft nicht geduldet werden. Diese Vorkommnisse müssen aber auch aus neurologischer Sicht betrachtet werden: Eine/n Lernenden verurteilen wir also wegen solcher Verhaltensweisen und einzelner Vorkommnisse nicht, es geht nicht um Charaktermängel, sondern eher um »Betriebsstörungen« des jugendlichen Gehirns.

Eine pädagogisch abgestützte Intervention erschöpft sich nicht darin, jugendliches Fehlverhalten nicht zu tolerieren und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Vielmehr sollte sie das Erlernen einer alternativen Verhaltensweise ermöglichen. Wichtiger als eine Sanktion ist das Gespräch mit dem/der Jugendlichen, in dem geklärt wird, wie die Impulskontrolle bei der nächsten ähnlichen Situation funktionieren könnte – damit es immer weniger solche Ausfälle gibt und das jugendliche Gehirn lernt, mittels Impulskontrolle, Ratio­nalisierung und emotionaler Verarbeitung (statt affektiven Ausagierens) sozial angepasstes Verhalten zu zeigen. Hilfreich können ritualisierte Vereinbarungen sein – zum Beispiel ein Zeichen, das für jede/n das Recht auf ein kurzes Time-out anzeigt. Oder eine Linksdrehung, wenn man merkt, dass die Wut hochsteigt, oder der Einsatz von gelben und roten Karten, die ein unerwünschtes Verhalten stoppen. Der/die Jugendliche muss dabei erkennen, dass diese Hilfsmittel dem Lernprozess dienen, also das Lernen von erwünschten Verhaltensweisen erleichtern.

Nur Flausen im Kopf? - Jugendliche verstehen

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