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Der Tunnel des Eupalinos

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Der Tunnel des griechischen Ingenieurs Eupalinos auf der Insel Samos, heute eine Touristenattraktion, ist eine wissenschaftlich-technische Meisterleistung ersten Grades. Er entsteht um 540 vor Christus kurz vor der Herrschaft des aus Schillers Ballade bekannten Tyrannen Polykrates, zurzeit wachsender politisch-wirtschaftlicher Macht des Inselstaates. Der Handelsplatz Milet, wo die Philosophie gerade begonnen hat, ein neues nicht mythisch fundiertes Bild der Natur zu formulieren, liegt benachbart und ist in engem Austausch mit Samos. Kennt Eupalinos die milesischen Naturphilosophen? Hat Pythagoras schon eine Rolle gespielt? Wir wissen nichts über diesen Ingenieur, es gibt nur eine bewundernde Erwähnung des 1036 Meter langen Tunnels bei Herodot. Der Bau führt bestes mathematisches, physikalisches, vermes sungs- und ingenieurtechnisches Wissen dieser frühen Zeit zusammen. Eupalinos beginnt den Tunnel von beiden Enden gleichzeitig – das erste Mal in der Geschichte unter solchen Anforderungen. Ein Tunnelbau von zwei Seiten gleichzeitig spart die Hälfte der Bauzeit. Zwei Hauer auf jeder Seite kommen auf Samos etwa 12–15 Zentimeter pro Tag vorwärts. Bei ununterbrochener Schichtarbeit treffen sich beide Teams also nach mindestens neun, statt traditionell nach 18 Jahren. Erst in der Spätantike wird die Technik Standard.

Die Leistung des Eupalinos kann in zwei Teile aufgespalten werden, zunächst die Festlegung der zwei Tunneleingänge auf gleicher Meereshöhe, mit der genauen Ausrichtung des beidseitigen Stollenbeginns, danach die Tunnelführung bis zum Treffpunkt – ideal auf einer Geraden.

Das Problem der Meereshöhe wird exakt, bis auf wenige Zentimeter, gelöst – wahrscheinlich mit Visiermethoden um den Berg. Eine große Wasserwaage mit Visierbalken, ein Chorobat, könnte das entscheidende Messgerät gewesen sein. Eine Stangenvisierlinie über den Berg, zwischen dem günstigsten Tunnelbeginn nahe der nördlichen Quelle und dem erwünschten Ausgang innerhalb der Hauptstadt Pythagoreion liefert die zweite Koordinate. Die Schnittpunkte mit der Wasserwaagen-Visierlinie legen Süd- und Nordende des Tunnels fest. Nachmessungen der Ausrichtung der Tunnelteile heute zeigen hier 0,6 Grad Unterschied. Das zweite Problem bringt nun unerwartete Schwierigkeiten. Nur der Südstollen kann gerade weiterverfolgt werden, zunächst über die Stangenvisierlinie des Berges kontrolliert, durch den Stolleneingang hindurch, dann direkt über dieses immer weiter entfernte Eingangsloch. Das Gestein des Nordstollens wird jedoch brüchiger, sodass Eupalinos von der geraden Richtung abweicht. Er wählt einen Dreiecksumweg. Da keine Rückwärtsvisierung zum Nordende mehr möglich ist, muss er dieses Dreieck genau kalkulieren. Messmarken im Tunnel beweisen es. Dabei kommt er von der ursprünglich geplanten geraden Linie um 20 Meter ab. Ein ingenieurtechnischer Trick bringt trotzdem den „Durchbruch“: Jedes der Hauer-Teams schlägt einen Haken, als ihre Entfernungsmessung in den Tunnelteilstücken anzeigt, dass sie einander genügend nahe sind. So können sie sich nicht parallel verfehlen. Der tiefe Wasserkanal kann dann von vielen Hauern gleichzeitig geschlagen werden.

JT


So fanden sich die zwei Tunnel-Teams (rot: so war es geplant).


Links: Historischer Zustand des Tunnels von Eupalinos. Rechts: Heutiger begehbarer Teil.

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