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Wie fliegt ein Speer oder eine Kanonenkugel?

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Nach Aristoteles sitzt in jedem schweren Körper eine natürliche Kraft, die ihn zum Zentrum der Welt, zum Mittelpunkt der Erde zieht. Warum kann man jedoch einen solchen Körper, einen Speer etwa, weit von seiner natürlichen Neigung weg bewegen? Die Kraft, die man ausübt, verschwindet ja sofort, sobald man ihn loslässt. Das ist ein großes Problem. Eine mögliche Antwort für Aristoteles ist: Der Speer verdrängt an seiner Spitze die Luft, die hinter ihm einströmt und ihn weiter drückt, bis seine innewohnende Schwereneigung ihn herunter zieht.

Johannes Philoponos versucht im 6. Jahrhundert nach Christus eine befriedigendere Antwort: Die Hand prägt dem Stein oder Speer einen Impetus ein, der eine Zeit lang wirkt und dann nachlässt. Doch wie wirkt beides zusammen – dieser Impetus und die innewohnende Neigung zum Zentrum der Welt zu fallen? Noch die aristotelisch geschulten Denker der frühen Neuzeit können sich das nur getrennt vorstellen: Erst wirkt der Impetus und schleudert das Objekt in gerader Linie fort. Wenn er nachlässt, übernimmt die innewohnende Kraft den senkrechten Fall zur Erde. Ab und zu wird auch schon ein vermittelndes kurviges Stück der Flugbahn angenommen, in der beide Wirkungen gemeinsam auftreten. Das ist nach Aristoteles möglich, natür liche und künstliche „Kräfte“ kann man mischen – sonst gilt allerdings: Niemand kann gleichzeitig zwei Herren dienen. Doch ist die kontinuierlich gekrümmte Wurfbahn eines Geschosses wohl allgemein augenfällig – nicht nur für Artilleristen, die ab dem 14. Jahrhundert Bahnen von Gewehr- und Kanonenkugeln abschätzen müssen. Wahrscheinlich ist ein Großteil der Bilder, die uns die getrennten Bahnen nach Impetus und Schwerkraftneigung zeigen, vor allem dazu gedacht, eine einfache Rechengrundlage für die Bahn insbesondere von Kanonenkugeln zu liefern.

Die Wurflinie ist noch nicht als Parabelkurve erkannt, erst recht nicht mit Luftdämpfung und selbst wenn: Für Praktiker wäre das zu kompliziert gewesen. Hier konnte man noch nichts rechnen. Bis vor die Zeit von Galilei gibt es aber Tabellen, die je nach Gewicht der Kugeln und Menge des benutzten Pulvers ungefähre Schussweiten angeben. Dabei wird natürlich die Winkelstellung der Kanone berücksichtigt. Dass die größte Schussweite bei 45° erfolgt, ist allgemein bekannt.

Das Problem zeigt aber, dass mit der neuen Kriegstechnik ein weiterer Grund immer drängender wird (neben der philosophischen Frage nach Fall und Wurf), dieses klassische Problem der Bewegung zu lösen. Niemand vor Galilei beschäftigt sich intensiv mit der Frage, warum und insbesondere wie ein fallender Körper immer schneller wird, je näher er der Erdoberfläche kommt. Allerdings gibt es hier auch im Mittelalter erste Ansätze. Dass ein schwererer Körper – mit natürlich stärkerer innerer Neigung – schneller zur Erde fällt als ein leichterer, wird zunächst überhaupt nicht infrage gestellt. Doch schon vor Galilei gibt es einige andere Antworten: Zum Beispiel könnte nur das spezifische Gewicht, nicht das Gesamtgewicht wesentlich sein.

JT


Realistischer Geschossflug.


Theoretisches Konzept einer Geschossbahn.

Physik

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