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VII. Verpflichtung zur Aufrechterhaltung von Schutzrechten und zur Verteidigung der Erfindung gegen Übergriffe Dritter

1. Aufrechterhaltung von Schutzrechten

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Eine Verpflichtung, Schutzrechte aufrecht zu erhalten, hat der Lizenznehmer nicht.

Von Bedeutung sind hier zunächst die Zahlungen der zur Aufrechterhaltung des Schutzrechtes fälligen Verlängerungsgebühren.190 Bei der einfachen Lizenz ist unstreitig, dass die Gebühren vom Lizenzgeber zu zahlen sind. Die von der wohl herrschenden Meinung vertretene Auffassung, dass bei der ausschließlichen Lizenz die Verpflichtung den Lizenznehmer treffe, unterliegt jedoch erheblichen Bedenken.191 Es ist Aufgabe des Lizenzgebers, ein Benutzungsrecht einzuräumen. Es ist daher auch seine Aufgabe, das Schutzrecht aufrechtzuerhalten.192

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Durch Vereinbarung können die Parteien jedoch eine andere Regelung treffen. Der Lizenznehmer kann die Verpflichtung übernehmen, für die Aufrechterhaltung des Schutzrechtes zu sorgen, wobei er die Kosten hierfür je nach Vereinbarung entweder dem Lizenzgeber in Rechnung stellt oder selbst trägt. Wenn nicht besondere Umstände für eine solche Lösung sprechen, sollte jedoch von derartigen Abreden Abstand genommen werden. Der Lizenzgeber sollte selbst für die Aufrechterhaltung des Schutzrechts sorgen. Er behält dann die Kontrolle besser in der Hand.

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Bei Auslandslizenzen kann die Aufrechterhaltung besser durch den Lizenznehmer erfolgen, weil diesem die einschlägigen Bestimmungen leichter zugänglich sind und weil er auch die Gebühren in der in Betracht kommenden Landeswährung u.U. leichter erbringen kann.

2. Abwehr von Übergriffen

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Im Allgemeinen erfährt der Inhaber einer ausschließlichen Lizenz eher von den Übergriffen Dritter als der Lizenzgeber, weil er beim Vertrieb des Lizenzgegenstandes auch auf Konkurrenzware und Konkurrenzangebote stößt. Es liegt meist schon in seinem eigenen Interesse, dem Lizenzgeber hiervon Mitteilung zu machen; trotzdem ist es aber von Bedeutung, ob hierzu eine Rechtspflicht besteht.

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Im Mietrecht wurde von der Lehre eine allgemeine Obhutspflicht des Mieters bejaht, die vom Gesetz als selbstverständlich vorausgesetzt wird.193 Diese Pflicht hat den Inhalt, dass der Mieter von einem Mangel der Mietsache oder von einer vom Vermieter nicht vorauszusehenden, drohenden Gefahr unverzüglich Anzeige zu machen hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Mietzweck beeinträchtigt oder gefährdet wird, es genügt eine Beeinträchtigung des Vermieters. Der Vermieter ist namentlich auch zu informieren, wenn Dritte Rechte an der Mietsache geltend machen.

Es erscheint als zweckmäßig und gerechtfertigt, diesen selbstverständlichen Grundsatz des Mietrechtes, der auch für Pachtverträge Anwendung findet,194 auch auf Lizenzverträge anzuwenden, zumal der Bundesgerichtshof die Gewährleistungsvorschriften der §§ 538, 581 a.F. (§§ 548, 581 BGB n.F.) auf Lizenzverträge anwendet.195 Ebenso ließe sich im Übrigen die Informationspflicht des Lizenznehmers gegenüber dem Lizenzgeber aus der Treuepflicht des Pächters gegenüber dem Verpächter ableiten.196

Der Lizenznehmer hat also dem Lizenzgeber Mitteilung von der Verletzung von Schutzrechten durch Dritte zu machen, soweit sie in dem Gebiet, für das er Lizenz hat, erfolgen. Dasselbe gilt für nichtgeschützte Erfindungen hinsichtlich des sklavischen Nachbaus, soweit er aufgrund besonderer Umstände unzulässig ist, und bei Warenzeichenlizenzen bezüglich der Zeichenverletzung. Dabei ist es gleichgültig, ob der Lizenznehmer eine einfache oder ausschließliche Lizenz hat. Auch wenn der Lizenznehmer bei der ausschließlichen Lizenz selbst im Wege der Klage einschreiten kann,197 hat der Lizenzgeber ein Interesse daran, von Verletzungen Kenntnis zu erhalten, zumal der Lizenznehmer keine Pflicht zum Einschreiten hat.198

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Der Lizenzgeber kann den Lizenznehmer durch Vertrag auch verpflichten, besondere Maßnahmen zur Überwachung des Marktes bezüglich der Übergriffe Dritter zu treffen. Er kann ihn auch verpflichten, ihm bekannte Verletzungen mitzuteilen, die außerhalb des Vertragsgebietes erfolgen.

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Der Lizenznehmer hat neben dieser Mitteilungspflicht keine Verpflichtung – unabhängig davon, ob eine einfache oder ausschließliche Lizenz vorliegt –, das Schutzrecht gegen Nichtigkeitsklagen bzw. Löschungsklagen zu verteidigen. Der ausschließliche Lizenznehmer hat zwar im Gegensatz zu dem einfachen Lizenznehmer das Recht, gegen Verletzungshandlungen Dritter vorzugehen, nicht aber auch die Verpflichtung, dies zu tun.199

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Es kann vorkommen, dass sich der Lizenzgeber auf den Lizenznehmer und der Lizenznehmer auf den Lizenzgeber verlässt oder dass Meinungsverschiedenheiten darüber auftreten, wer gegen den Verletzer vorgehen soll. Es empfiehlt sich daher, den Inhaber einer ausschließlichen Lizenz zu verpflichten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Schutzrechtsverletzungen zu unterbinden und – wenn nötig – Klage zu erheben, zumal der Inhaber einer ausschließlichen Lizenz ein derart umfassendes Recht hat, dass er besser in der Lage ist einzuschreiten, wenn nicht besondere Umstände vorliegen. Er kann sich in der Regel das Beweismaterial leichter beschaffen als der Lizenzgeber.

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Ist eine Auslandslizenz erteilt, so kommt noch hinzu, dass die Verletzung meist in dem Land begangen wird, in dem der Lizenznehmer seinen Sitz hat oder tätig ist. Er kennt daher die örtlichen Verhältnisse, kann sich über das einschlägige Recht leichter orientieren und dgl. mehr. Dabei wird häufig vereinbart, dass der Lizenznehmer die Kosten trägt; verschiedentlich wird auch Kostenteilung vorgesehen. Bei Lizenzen im Ausland ist jedoch zu prüfen, ob nach dem ausländischen Recht eine Klageerhebung durch den Lizenznehmer möglich ist oder welche Voraussetzungen ggf. vorliegen müssen.200

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Will der Lizenzgeber den Lizenznehmer mit derartigen Aufgaben nicht belasten, so sollte er ihm zumindest die Pflicht auferlegen, seine eigenen Maßnahmen zum Schutz der Erfindung zu unterstützen. Zwar ist der Lizenznehmer wohl auch ohnedies gehalten, dem Lizenzgeber behilflich zu sein, soweit dies erforderlich ist, z.B. wenn er allein die Beweismittel in Händen hat, als Zeuge oder durch Benennung eines geeigneten Rechtsanwalts in dem betreffenden Land. Dies kann man aus der oben erwähnten Obhutspflicht ableiten. Trotzdem sollte eine Klausel hierüber im Vertrag vorgesehen sein.

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Im Gegensatz zum Inhaber einer ausschließlichen Lizenz kann der Inhaber einer einfachen Lizenz nicht aus eigenem Recht gegen Schutzrechtsverletzer vorgehen.201

Der Lizenzgeber müsste ihm eine Prozessführungsbefugnis erteilen. Diese braucht nicht für einen konkreten Einzelfall, sie kann vielmehr auch von vornherein und generell erteilt werden, ohne dass bereits eine Verletzung vorliegt. Ob dies zweckmäßig ist, lässt sich nicht allgemein sagen und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Wird eine Prozessführungsbefugnis erteilt, so empfiehlt es sich zu bestimmen, wie weit die Rechte und Pflichten des Lizenznehmers reichen.

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Der Lizenzgeber kann seine Schadensersatzansprüche auch dem Lizenznehmer abtreten, so dass sie der Lizenznehmer im eigenen Namen geltend machen kann.202

3. Nichtangriffsabreden

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Sehr häufig wird in Lizenzverträgen vereinbart, dass der Lizenznehmer das Schutzrecht nicht durch eine Nichtigkeitsklage bzw. einen Löschungsantrag angreifen darf. Diese Vereinbarung erscheint nicht mehr gerechtfertigt, da sich der Lizenzgeber gerade auf die Loyalität des Lizenznehmers verlassen können muss. Der Lizenznehmer hat zwar durch die Verwertung des Schutzrechtes besondere Kenntnisse über die technischen und patentrechtlichen Probleme erhalten und wird somit gerade erst durch den Lizenzvertrag in die Lage versetzt, das Schutzrecht ggf. überhaupt erfolgversprechend angreifen zu können.

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Ohne Vereinbarung einer ausdrücklichen Nichtangriffsklausel war der Lizenznehmer regelmäßig nicht daran gehindert, gegen das Schutzrecht vorzugehen,203 es sei denn, eine solche Abrede ergäbe sich aus den Umständen des Vertrages mit großer Deutlichkeit.

Unterschiede bei der Beurteilung der Nichtangriffsverpflichtung bei einfachen und ausschließlichen Lizenzen ergeben sich nicht.

Nichtangriffsverpflichtungen waren nach deutschem Kartellrecht zulässig204 und sind nach der – sehr extensiven – Beurteilung der EG-Kommission nach europäischem bisherigen und zukünftigen Kartellrecht jedoch nur bedingt zulässig. Ab dem 1.7.2005 verweist § 22 GWB n.F. auf das europäische Kartellrecht.205

4. Abreden über den Schutzumfang

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Der Schutzumfang eines Patentes liegt zuweilen nicht zweifelsfrei fest. Zur Vermeidung von Streitigkeiten zwischen den Vertragspartnern kann es sich daher empfehlen, Vereinbarungen darüber zu treffen, welchen Schutzumfang die Vertragspartner zugrunde legen. Häufig sollen gerade auch durch einen Lizenzvertrag Streitigkeiten über den Schutzumfang beseitigt werden.206 Hierbei werden meist nicht ausdrückliche Zusicherungen, sondern Formulierungen verwendet wie z.B. „wird von der Erfindung gedeckt“, „ist mitgeschützt“ u.Ä.

Derartige Vereinbarungen über den Schutzumfang des lizenzierten Rechtes sind grundsätzlich zulässig.207 Dies gilt jedenfalls, wenn beide Parteien in der Vorstellung handelten, den Schutzbereich des Schutzrechtes nur klarzustellen und nicht zu erweitern oder ein offenbar vernichtbares Patent aufrechtzuerhalten.208

190 §§ 17, 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG, § 14 Gebrauchsmustergesetz. 191 Für die herrschende Meinung vgl. z.B. Klauer/Möhring, PatG, Rn. 79 zu § 9; Lüdecke/Fischer, C 85; Rasch, S. 53 und Henn, Rn. 273 f.; ebenso wie hier Kraßer, GRUR Int. 1982, 324, 330; Benkard, PatG, Rn. 152 zu § 15. 192 Vgl. dazu unter Rn. 266 f., 270. 193 RGRK, Rn. 1 zu § 545; Palandt/Weidenkaff, Anm. 1 zu § 536c; Henn, Rn. 273. 194 § 581 Abs. 2 BGB, vgl. dazu Palandt/Weidenkaff, Anm. 7, Einführung vor § 581 BGB; RGRK, Rn. 1 zu § 545; Henn, Rn. 273. 195 NJW 1970, 1503. 196 Vgl. dazu RGRK, Rn. 33 zu § 581. 197 Vgl. Rn. 365. 198 Vgl. auch Kraßer, GRUR Int. 1982, 334, der die Informationspflicht des Lizenznehmers als ein Gebot billiger Rücksichtnahme ansieht. 199 Für den einfachen Lizenznehmer vgl. RG, 17.9.1913, RGZ 83, 93, 95; Benkard, PatG, Rn. 101 f. zu § 15; zur Aktivlegitimation des ausschließlichen Lizenznehmers vgl. Lüdecke/Fischer, Bem. C 108; Kraßer, GRUR Int. 1982, 324, 334; vgl. dazu im Einzelnen auch unten Rn. 365 und Pagenberg/Beier, S. 284 ff.; Henn, Rn. 273. 200 Vgl. die Entscheidung des District Court, D. California central div., 16.9.1955, Panaview door and Window Co. v. van Ness et al. 107 USPQ 31, GRUR Int. 1955, 570, in der das Gericht ausspricht, dass die Tatsache, dass der Kläger eine ausschließliche Lizenz hat, zur Klageerhebung nicht ausreiche, es sei vielmehr erforderlich, dass auch die Genehmigung des Lizenzgebers vorliege; Pagenberg/Beier, S. 284 ff.; US Court of Appeals for the federal Circuit, 9.11.2018 – Arista Networks, Inc. V. Cisco Systems, Inc., GRUR Int. 2019, 382 ff., keine Assignor Estoppel im IPR-Verfahren. 201 Vgl. unten Rn. 388; Henn, Rn. 143 ff. 202 Vgl. unten Rn. 407; Henn, Rn. 153, 162. 203 H. M., vgl. z.B. BGH, 2.3.1956, GRUR 1956, 264 ff.; BGH, 30.11.1967, GRUR Int. 1969, 31, 33; a.A. Kraßer, GRUR Int. 1982, 324, 333, der eine lizenzvertragsimmanente Nichtangriffspflicht annimmt. 204 § 17 Abs. 2 Nr. 3 a.F., vgl. Rn. 557, 781 ff., 795 ff.; Stoffmehl, S. 203 ff.; vgl. auch EPA, 13.5.1992, ABl. EPA 1992, Heft 12, 747 zur Zulässigkeit eines Einspruchs bei einer Nichtangriffsverpflichtung = GRUR Int. 1993, 486 f., und Pitz, Mitt. 1994, 239 ff.; BPatG, 12.4.1995, GRUR 1996, 480 f.; BPatG, 26.3.1996, GRUR Int. 1997, 631 ff. 205 Vgl. Rn. 582 ff. und auch BGH, 21.2.1989 „Kaschierte Hartschaumplatten“, GRUR Int. 1991, 734; Bartenbach, Rn. 2100 ff.; US Supreme Court, 9.1.2007, Mitt. 2007, 145 ff. mit Anm. Swanson, und BGH, 24.4.2007, GRUR 2007, Heft 7, VI.; siehe auch OLG Hamburg, 16.2.2017, GRUR 2017, 952 – TV-Untertitel; Knaak, GRUR-Prax 2016, 274; Lehmann, MarkenR 2017, 241 ff. und auch Klawitter, GRUR-Prax 2017, 115 ff. und Kirchhoff, GRUR 2017, 248 ff. 206 Vgl. Rn. 10. 207 Vgl. dazu auch Bartenbach, Rn. 197 ff.; Benkard, PatG, Rn. 202 zu § 15. 208 BGH, 7.12.1978, GRUR 1979, 308; zur kartellrechtlichen Problematik vgl. unten Rn. 537 ff., 548 ff., 582 ff.; Stoffmehl, S. 203 ff.

Der Lizenzvertrag

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