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4. Vereinbarungen über die Haftung

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Dem Lizenzvertrag haften schon in tatsächlicher Hinsicht zahlreiche Unsicherheitsfaktoren an. Hinzu kommt noch die Unsicherheit in rechtlicher Hinsicht, weil sich weder aus der Rechtsprechung noch aus der Literatur klar ersehen lässt, wofür und in welchem Umfang der Lizenzgeber einzustehen hat. Soweit Schadensersatz in Betracht kommt, kann es sich um große Summen handeln, insbesondere dann, wenn der Lizenznehmer neue Produktionen aufzieht.

Der Lizenzgeber hat daher vor Abschluss des Vertrages genau zu prüfen, wofür er einstehen kann, und sein Risiko abzuwägen. Ist ihm das Risiko zu groß, so kann er es dadurch verringern, dass er versucht, die Haftung durch vertragliche Vereinbarung auszuschließen oder zu beschränken. In welcher Hinsicht sich Einschränkungen empfehlen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Von wesentlicher Bedeutung sind hier u.a. die Erfahrungen des Lizenzgebers mit einer ggf. laufenden Produktion, die Einflussmöglichkeiten des Lizenzgebers auf den Lizenznehmer u.Ä. Feste Regeln lassen sich hier nicht aufstellen.

Allerdings lassen sich neben der wichtigen Frage der Haftung für Sachmängel und Rechtsmängel29 insbesondere noch vier Haftungsbereiche unterscheiden, die geregelt werden können, nämlich die Haftung bei Ansprüchen Dritter wegen Schutzrechtsverletzung, die Haftung für die Neuheit, die Haftung für die Herstellbarkeit sowie die Haftung für die kaufmännische Verwertbarkeit.30

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Bei den Ansprüchen Dritter ist zu regeln, wer die Kosten für den Rechtsstreit zu tragen und evtl. den Schadensersatz zu leisten hat, falls der Lizenznehmer von einem Dritten wegen Schutzrechtsverletzung verklagt wird. Auch über die Kosten eines ggf. sich ergebenden Vergleiches und einer Widerklage kann eine Regelung getroffen werden.

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Hinsichtlich der Haftung des Lizenzgebers für die Neuheit der Erfindung wird häufig ein Haftungsausschluss für den Lizenzgeber vereinbart. Dies empfiehlt sich vor allem auch bei der Lizenzvergabe in Länder, in denen die Schutzrechtssituation unübersichtlich ist. Außerdem ist bei der Frage der Neuheit einer Erfindung bei einem Patent auch zu berücksichtigen, dass nach der Neufassung des Patentgesetzes die Neuheit der Erfindung aufgrund der wissentlichen oder unbeabsichtigten Bekanntmachung wegfallen kann (§ 30 PatG). Für einen solchen Fall wird dem Lizenznehmer meist das Recht zur Kündigung des Vertrages eingeräumt.

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Hinsichtlich der Herstellbarkeit des Lizenzgegenstandes wird meist vereinbart, dass der Lizenzgeber für das Risiko der industriellen Herstellung nicht haftet, sondern das Risiko zulasten des Lizenznehmers geht. Ebenso wird regelmäßig vereinbart, dass das Risiko für die kaufmännische Verwertung ausschließlich vom Lizenznehmer getragen wird. Derartige Haftungen gehören auch nicht zum Risikobereich des Lizenzgebers, da dieser keine oder nur sehr begrenzte Einflussmöglichkeiten besitzt, da er in vielen Fällen die Möglichkeit der industriellen Fertigung selbst nicht abschätzen kann und die kaufmännische Verwertbarkeit zu einem erheblichen Teil auch von den Anstrengungen des Lizenznehmers abhängt.

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Zu betonen ist, dass die Vertragsparteien genau bestimmen sollten, welche Folgen es hat, wenn nach ihren Vereinbarungen eine Haftung gegeben ist. Die Bestimmung der Haftungsfolgen kann sich auch empfehlen, wenn keine inhaltliche Beschränkung der Haftung vorgesehen ist, um dadurch Unklarheiten zu beseitigen. Zu denken ist bei diesen Folgen im Übrigen nicht nur an die Frage eines ggf. zu zahlenden Schadensersatzes, sondern auch an eine Kündigung des Vertrages.

Es sollte auch daran gedacht werden, evtl. eine Haftpflichtversicherung (z.B. Betriebshaftpflichtversicherung) zur Risikoabdeckung abzuschließen. Dann sollte auch geregelt werden, wer die Kosten einer derartigen Versicherung zu tragen hat. Diese Kosten können z.B. von beiden Vertragspartnern getragen oder auch mit Lizenzgebührenzahlungen verrechnet werden, sofern der Lizenzgeber diese Kosten (zunächst) tragen soll.31

13 Vgl. Rn. 331 ff.; Spindler, CR 2015, 766 ff. 14 Vgl. Rn. 291 ff. 15 Vgl. Rn. 304 f., 329. 16 Vgl. Rn. 307. 17 Vgl. Rn. 338 ff. 18 S.o. Rn. 96. 19 Vgl. Rn. 89 ff. 20 Vgl. Rn. 85 f.; vgl. auch Pfaff, RIW/AWD 1982, 381. 21 Vgl. dazu nur Groß, CR 1990, 438 ff. m.w.N.; Mitt. 1994, 256, 259 f.; Hölzlwimmer, S. 1 ff., und dort zur Risikovermeidung durch Vertragsgestaltung, 142 ff.; Kullmann, NJW 1996, 18 ff.; ders., NJW 1997, 1746 ff.; OLG Düsseldorf, NJW 1997, 2333 ff. Die Europäische Kommission hat ein vorläufiges Konzeptpapier zu zukünftigen Leitlinien der Produkthaftungsrichtlinie 85/374/EEC am 18.9.2018 veröffentlicht. Grund ist die steigende Produktkomplexität, und zwar insbesondere durch die erweiterten Anwendungen von Software (z.B. in den Bereich Automotive, Medizin). 22 Vgl. nur Groß, CR 1990, 440 m.w.N. 23 BGH, 17.10.1967, NJW 1968, 247; Schmidt-Salzer, BB 1979, 1 ff., 4, und Groß, CR 1990, 441 m.w.N.; BGH, 16.6.2009, NJW 2009, 2952 ff. – Airbag, wonach der BGH erstmalig als Sicherheitsstandard bei Konstruktionsfehlern auf den „neuesten“ Stand der Wissenschaft und Technik abstellt (S. 2953 re. Sp.); zu diesem BGH-Urteil siehe Klindt/Handorn, NJW 2010, 1105 ff. 24 Vgl. dazu BGH, 16.3.1977, NJW 1977, 1055; BGH, 11.12.1979, DB 1980, 775 = NJW 1980, 1219; Groß, CR 1990, 441 m.w.N. 25 Groß, CR 1990, 441 m.w.N. 26 Groß, CR 1990, 438 ff. m.w.N. 27 BGH, 21.6.1967, BGHZ 48, 118; BGH, 14.5.1974, GRUR 1975, 150; Mes, GRUR 1982, 74, 78; Groß, CR 1990, 441 f.; Hölzlwimmer, S. 121 ff.; Molitoris/Klindt, NJW 2008, 1203 ff., 1206 zur Rechtsprechung bzgl. des Herstellerbegriffs (§ 4 ProdHaftG); dies., NJW 2010, 1569 ff., u.a. zum wissenschaftlichen Monitoring (1569) im Rahmen der Produktbeobachtungspflichten bei gentechnisch manipuliertem Mais, unter Verweis auf OLG Frankfurt a.M., OLG-Report 2009, 478 = BeckRs 2009,05548, und zum Begriff des Quasi-Herstellers (§ 4 Abs. 1 Satz ProdHaftG, 1571), OLG Stuttgart, ZWE 2010, 38 = BeckRs 2009, 27577, wonach schon durch das Anbringen eines Kürzels zur Kennzeichnung auf dem Produkt beim Verbraucher der Eindruck erweckt werde, dass der Kürzelverwender das Produkt selbst gefertigt habe und die Verantwortung für seine Sicherheit übernehme; anders sei dies nur dann, wenn das Kürzel eindeutig eine Händlermarke sei. Die Kürzelverwendung ist also gerade bei der Verwendung des Logos/der Marke eines Zulieferers (= Lizenzgebers!) für diesen mithin kritisch; siehe insoweit noch Fn. 28. 28 Siehe Einzelheiten bei Groß, CR 1990, 442 f.; Hölzlwimmer, S. 99 ff., 136 ff.; BGH, 20.11.1995 = Kullmann, NJW 1997, 1752 f.; a.A. zur Haftung des Lizenzgebers Palandt/Sprau, § 4 ProdHaftG, Anm. 6 m.w.N.; EuGH, 10.1.2006, NJW 2006, 1409 ff. – Eintritt des Lieferanten in die Haftung des Herstellers; BGH, 28.3.2006, NJW 2006, 159 ff. – Haftung des Importeurs wg. fehlender Stichprobe; BGH, 5.4.2006, NJW 2006, 2262 ff. – Anscheinsbeweis; OLG Köln, 6.4.2006, NJW 2006, 2272 f. – Produktfehler; Spindler, CR 2005, 741 ff.; Gampp, ZUM 2005, 794 ff.; Ulmer, ZfaW 2006, 76 ff.; Molitoris/Klindt, NJW 2014, 1567 ff. 29 Vgl. dazu unter Rn. 290 ff.; Kunick/Patzak, CRi 2007, 1 ff. 30 Vgl. dazu die Regelungen in der Checkliste Lizenzvertrag (Anhang I), D. 9.2.7., 12.6 und Beispiel nach 12.10. 31 S. z.B. Stürmer, CR 1998, 451 ff., zur Versicherung der Softwarehersteller in Deutschland. Inzwischen gibt es auch Patentschutzversicherungen; siehe z.B. BDI-Rundschreiben Nr. RV 52/2002 v. 17.4.2002. Vgl. auch Scharpenseel/Siegert, les Nouvelles 2002, 15 ff. zur IP-Insurance Coverage In The U.S. and Germany.

Der Lizenzvertrag

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