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I. Geschichte

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Die Regulierung des Rechtsdienstleistungsrechts in Deutschland ist eine „Erblast“ des Dritten Reichs. Seit der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes von 1869 hatte auch für die Rechtsbesorgung die Gewerbefreiheit gegolten.[1] An nichtanwaltliche „Rechtskonsulenten" wurden keine besonderen Anforderungen gestellt; es gab lediglich eine gewerberechtliche Untersagungsmöglichkeit im Fall der Unzuverlässigkeit.

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Mit dieser liberalen Konzeption der nichtanwaltlichen Rechtsbesorgung brach das von der Reichsregierung am 13.12.1935 auf der Grundlage des Ermächtigungsgesetzes erlassene „Gesetz zur Verhütung von Missbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung“.[2] Die mit der Neuregelung verbundene Einführung des Erlaubnissystems stellte für das Rechtsberatungsrecht einen Paradigmenwechsel dar. Die nichtanwaltliche Rechtsberatung wurde „aus dem Bereich gewerbepolizeilicher Behandlung herausgehoben".[3] Die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten wurde einem speziellen Berufsrecht unter Aufsicht der Justiz unterworfen.

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Dieses diskriminierende Gesetz diente bei seinem Erlass in erster Linie der Verdrängung der deutschen Juden aus der Rechtsberatung. Jüdische Juristen, denen nach 1933 ihre Rechtsanwaltszulassung entzogen wurde, sollten daran gehindert werden, in die nichtanwaltliche Rechtsberatung auszuweichen. § 5 1. AVO RBerG bestimmte 1935 denn auch lapidar: „Juden wird die Erlaubnis nicht erteilt“.[4]

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Nach 1945 bestätigte die Rechtsprechung die Fortgeltung des Gesetzes ohne seine antijüdischen Vorschriften.[5] Es wurde schließlich 1958 unter der abgeänderten Überschrift „Rechtsberatungsgesetz" in die Sammlung des Bundesrechts aufgenommen,[6] ohne dass eine sorgfältige Prüfung seiner Verfassungsmäßigkeit erfolgte.

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Jahrzehntelang galt das RBerG unangefochten.[7] Eine exzessive Ausweitung erfuhr es zudem noch durch die Rechtsprechung. Sie dehnte seinen Anwendungsbereich z. B. auf die Rechtsberatung in der Presse aus.[8] 1960 wurde durch einen Kurswechsel der Rechtsprechung auch Rechtsschutzversicherungen die Möglichkeit der Rechtsberatung genommen.[9] Unter völligem Verzicht auf eine teleologische sowie verfassungskonforme Auslegung wurde das Gesetz in den Folgejahren bis 1998 von Gerichten und Anwaltschaft instrumentalisiert, um das Anwaltsmonopol weiter zu stärken. Sein Anwendungsbereich wurde ohne Blick über den Tellerrand des Einzelfalles in einem heute kaum mehr vorstellbaren Maße – z. B. auf eine Rechtsberatung in den Medien oder in Fällen der Unentgeltlichkeit bei caritativen Organisationen – ausgeweitet.

Rechtsdienstleistungsgesetz

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