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1.3Schauen Sie nach
ОглавлениеUnsere erste Value Stream Map verlief auf einer hohen Abstraktionsebene und basierte nicht, das gebe ich freimütig zu, auf einer ausführlichen Recherche. Für unsere nächste Map begeben wir uns auf einen fundierten und realen Weg. Um ein bekanntes Instrument der Lean-Philosophie anzuwenden, mit der Intention, dass wir uns ein eigenes Bild vom Geschehen machen wollen, schauen wir nach und informieren uns (go and see) [10].
Lassen Sie uns nachvollziehen, wie der »Click & Collect«-Prozess in einem Baumarkt funktioniert. Um ganz genau zu sein, gehen wir dafür in den Verkaufsraum des Baumarkts in meiner Heimatstadt. Zusammen mit Cara, der Marktleiterin, fangen wir bei der Abholung an und bewegen uns dann upstream2 zu den vorgelagerten Schritten des Prozesses von rechts nach links:
Mike: | Also, ich komme hier am Ausgabeschalter an, um die von mir zuvor online bestellte elektrische Bohrmaschine abzuholen. Was passiert dann? |
Cara: | Sie weisen sich bei der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter am Schalter aus und erhalten Ihre Bohrmaschine zusammen mit der bereits für Sie ausgedruckten Rechnung. Und fertig! |
Mike: | Das ist ja einfach! Was muss vorab passieren, um das alles möglich zu machen? Wo kommt alles her? |
Cara: | Sobald Sie eine Bestellung aufgeben, leuchtet diese hier auf dem Bildschirm auf. |
(Gerade als Cara auf den Bildschirm zeigt, erscheint dort zufällig eine neue Bestellung in leuchtendem Pink.)
Cara: | Wer auch immer gerade am Ausgabeschalter Dienst hat, klickt auf die Bestellung, druckt den Kundenbeleg sowie die internen Dokumente und ein Etikett aus, das uns bei der Identifizierung Ihrer bestellten Artikel hilft, sobald Sie sich hier bei uns melden. Dann werden Ihre Artikel von dort geholt, wo sie aufbewahrt werden. Das kann im Verkaufsregal, in einem abgeschlossenen Schrank für hochwertige Artikel oder auch im Lager sein. |
(Wir gehen zum Gang mit den elektrischen Werkzeugen.)
Mike: | Ich sehe Werkzeuge ausgestellt, einige verpackt und andere unter Verschluss, wie Sie es beschrieben haben. Wie können Sie sicher sein, dass Sie den Artikel, den ich bestellt habe, vorrätig haben? |
Cara: | Das IT-System nachverfolgt die aktuelle Menge der Ware, doch die eigentliche Arbeit wird beim »Gap Walk« geleistet. In regelmäßigen Abständen gehen wir durch den gesamten Markt und scannen die Barcodes auf diesen Regaletiketten, wenn wir feststellen, dass die Mindestmenge eines Artikels unterschritten ist oder die Auslage aus irgendwelchen Gründen überfüllt ist. Die Ware wird dann entsprechend aus dem Lager aufgefüllt, wo wir natürlich auch regelmäßig einen Gap Walk durchführen. Sobald eine adäquate Bestellmenge erreicht ist, gebe ich meine Zustimmung für die Nachbestellung. Ausstellungs- und Bestellmengen können saisonal variieren, der Prozess bleibt jedoch gleich. |
Beachten Sie nun etwas Interessantes: In dem Prozess bewegt sich nichts ohne ein Signal aus dem Downstream, wobei downstream3 näher bei mir bedeutet, dem potenziellen Kunden.
Meine Bestellung meldet dem zentralen IT-System, dass ich die Bohrmaschine demnächst abholen möchte.
Das IT-System benachrichtigt die Mitarbeiter am »Click & Collect«-Schalter in der Filiale meiner Wahl, dass meine Bestellung eingegangen ist. Daraufhin werden die erforderlichen Unterlagen ausgedruckt und die Kommissionierung durchgeführt.
Der Bedarf an Warennachschub wird vor Ort von den Mitarbeitern an den Regalen und im Lager ermittelt (nicht virtuell durch ein Buchhaltungssystem).
Bestellungen an die Lieferanten gehen raus, sobald der verfügbare Bestand der Ware unter eine bestimmte Mindestmenge gefallen ist – diese Kennzahl kann je nach Bestellmenge im Laufe des Jahres variieren.
Dieses einfache und doch effektive System ist sowohl robust (selbstkorrigierend) als auch flexibel (abgestimmt auf die Dynamik jeder einzelnen Produktlinie, von denen es Tausende gibt).
Für die Fertigungshalle gilt ein völlig anderes Szenario, der Ablauf ist jedoch ähnlich. Die Bauteile werden erst kurz bevor sie für das Endprodukt benötigt werden hergestellt und nicht lange im Voraus gelagert. Nur begrenzte Mengen an Grundmaterial befinden sich jeweils an den Arbeitsplätzen in kleinen Behältern, die aufgefüllt werden, sobald der Bestand knapp wird.
Das Signal, dass an einem Arbeitsplatz Nachschub benötigt wird, erfolgt oft anhand einer Karte, die im Japanischen als kanban [11] bezeichnet wird und inzwischen auch in der westlichen Welt weit verbreitet ist. In einem typisch industriellen Kanban-System (wir werden uns in Kapitel 3 noch mit einer anderen Art von Kanban beschäftigen) wird die Kanban-Karte upstream von einem Arbeitsplatz gesendet und signalisiert dadurch eine potenzielle Fehlmenge; die benötigten Mengen fließen als Reaktion downstream zurück und treffen wie benötigt ein. Auf diese Weise können mehrere Arbeitsplätze im System der Fabrik miteinander verbunden werden.
Über den gesamten Wertstrom hinweg sehen wir Aktivitäten, die als Reaktion auf einen konkreten Bedarf erfolgen, statt großer Materialmengen auf Halde, langen Produktionszyklen und Warenlager, die Unmengen an fertigen Produkten enthalten. Anstelle von Ressourceneffizienz [12], also Produkten, die mutmaßlich in großen Mengen hergestellt werden, um Mensch und Maschine maximal auszulasten und dadurch Stückkosten niedrig zu halten, sehen wir Flow-Effizienz [13]. Flow-Effizienz minimiert die Zeit, die zwischen der Beauftragung des Produkts und dessen Auslieferung erfolgt. Gleichzeitig maximiert sie das Verhältnis der Zeit für die Produktion im Sinne von wertschöpfenden Aktivitäten.
Der Fokus auf diese neuartige Effizienz stellt einen derart radikalen Unterschied zu traditionellen Denkweisen dar, dass eine neue Bezeichnung benötigt wird. Wie nennen es Lean.