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(2) Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe

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Korrespondierend zur Ausdehnung des Eingriffsbegriffs durch die Dassonville-Formel (s.o. B.II.2.b)) erkennt der EuGH die Existenz ungeschriebener Rechtfertigungsgründe seit seinem Cassis de Dijon-Urteil25 in Gestalt der „zwingenden Erfordernisse“ des Gemeinwohls in ständiger Rechtsprechung an. Auch stellt danach die hier in Rede stehende Verkehrssicherheit einen derartigen zwingenden Gemeinwohlgrund dar.26 Jedoch lag der Cassis de Dijon-Entscheidung eine unterschiedslos sowohl für einheimische als auch für eingeführte Erzeugnisse geltende mitgliedstaatliche Regelung zugrunde. Ob diese Rechtsprechung darüber hinaus ebenfalls für (versteckte oder gar offene) Diskriminierungen gilt, ist dagegen unklar.27

Seiner Formulierung nach trifft das „Linkslenkergebot“ keine Differenzierung nach der Herkunft der diesem unterfallenden Pkw, erfasst es doch – wie von M eingewandt – sämtliche Fahrzeuge unabhängig davon, ob sie aus dem EU-Ausland stammen oder ob sie im Inland hergestellt wurden. Gleichwohl: Während in M produzierte Pkw aufgrund des dort herrschenden Rechtsverkehrs bereits „ab Werk“ das Lenkrad auf der nach dem dortigen „Linkslenkergebot“ richtigen Seite haben, ist dies bei Pkw mit Ursprung in einem Mitgliedstaat wie dem Vereinigten Königreich mit Linksverkehr erst nach Durchführung einer kostenintensiven Umbaumaßnahme der Fall. Im Hinblick auf derartige Pkw könnte sich das prima facie herkunftsneutrale Kriterium „Linkslenkergebot“ der Sache nach (materiell) also durchaus als Benachteiligung der in den letztgenannten Mitgliedstaaten hergestellten Pkw – und damit als indirekte Diskriminierung – erweisen.28 Hieran würde sich auch nichts dadurch ändern, dass von dieser die in den übrigen Mitgliedstaaten produzierten Pkw, in denen wie in M ebenfalls ein Rechtsfahrgebot gilt, deshalb nicht betroffen wären, weil auch dort Fahrzeuge standardmäßig mit dem Lenker auf der linken Seite ausgestattet werden.29

Ebenfalls eine Beantwortung dieser Frage kann vorliegend jedoch dann dahinstehen, wenn selbst bei gegebener Übertragbarkeit der Cassis de Dijon-Rechtsprechung auf die hiesige Fallkonstellation, d.h. bei Annahme eines Rechtfertigungsgrunds, der durch das „Linkslenkergebot“ bewirkte Eingriff sich jedenfalls anderweitig als europarechtswidrig erweist.

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