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aa) Überblick

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Die Bestimmungen der zweiten Gruppe konzipieren dagegen den Kompetenzstreit als Streit zwischen Verfassungsorganen, wobei es nicht darauf ankommt, ob das betreffende Verfassungsorgan sich einer der (klassischen) Staatsgewalten zuordnen lässt oder nicht. In einem solchen System bereitet die Annahme von Organstreitigkeiten innerhalb derselben Staatsgewalt, etwa zwischen den beiden Häusern des Parlaments, keine grundsätzlichen Schwierigkeiten. Dieses Regelungsmodell findet sich im deutschen[91] und im spanischen[92] Verfassungsrecht. Der konkrete Anwendungsbereich des Kompetenzkonflikts bzw. Organstreits hängt damit maßgeblich von der Konkretisierung des Kreises der beteiligungsfähigen Organe und Institutionen ab. Zum Teil sind die beteiligungsfähigen Organe enumerativ in der Verfassung bzw. im Verfassungsgerichtsgesetz aufgeführt. Dies gilt z.B. für die polnische Verfassung von 1997, die in Art. 192 bestimmt, dass in Kompetenzstreitigkeiten zwischen zentralen Verfassungsorganen des Staates (nur) der Staatspräsident, die Marschälle des Sejm und des Senats, der Ministerpräsident sowie die Präsidenten des Obersten Gerichts, des Hauptverwaltungsgerichts und der Obersten Kontrollkammer antragsberechtigt sind. Ähnlich beschränkt Art. 59 Abs. 1 c) LOTC in Spanien die Parteifähigkeit im Organstreitverfahren auf die Regierung, die beiden Häuser des Parlaments (Abgeordnetenkammer und Senat) und den Generalrat der rechtsprechenden Gewalt, dem obersten Selbstverwaltungsorgan der Judikative. Durch Organgesetz ist die Beteiligungsfähigkeit überdies auf den Rechnungshof erstreckt worden.[93] Art. 73 Abs. 1 LOTC bestimmt dabei ausdrücklich, dass die in Art. 59 Abs. 1 c) als beteiligungsfähig genannten Kollegialorgane (Regierung, parlamentarische Kammern, Generalrat der rechtsprechenden Gewalt) den Kompetenzstreit nur mit Zustimmung des jeweiligen Plenums anhängig machen können („por acuerdo de sus respectivos Plenos“). Einzelne Abgeordnete oder parlamentarische Minderheiten können also im Kompetenzstreit weder eigene Rechte noch die Rechte des Parlaments geltend machen. Diese Bestimmung schränkt den Anwendungsbereich des Organstreits unter den Bedingungen des Mehrheitsparlamentarismus stark ein.[94]

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Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Abgeordneten und Fraktionen in den Parlamenten bei einer Verletzung ihrer Mitwirkungsrechte durch die parlamentarische Mehrheit bzw. die parlamentarischen Leitungsinstanzen schutzlos sind. Vielmehr kommt hier die bereits eingangs (siehe oben Rn. 40 ff.) diskutierte, implizit oder explizit in vielen Ländern des europäischen Rechtsraums praktizierte Subsidiarität des Organstreitverfahrens zum Tragen. In Spanien können die Mitglieder parlamentarischer Vertretungskörperschaften die Individualverfassungsbeschwerde (recurso de amparo) zur Verteidigung ihrer Mitwirkungsrechte erheben. Dies folgt nach Auffassung des spanischen Verfassungsgerichts daraus, dass auf der Grundlage des Art. 23 spanische Verfassung die Mitwirkungsrechte der gewählten Mitglieder politischer Vertretungskörperschaften den politischen Aktivrechten der Bürgerinnen und Bürger, von denen sie gewählt werden, gleichzustellen sind.[95] Ebenso wie diese ihr aktives und passives Wahlrecht mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen können, sind auch die Mitglieder der Volksvertretungen auf den verschiedenen Stufen des Staatsaufbaus berechtigt, ihre individuellen und kollektiven Mitwirkungsbefugnisse notfalls im Verfassungsbeschwerdeverfahren durchzusetzen.[96]

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