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5. Rechtswegerschöpfung

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Bei der Individualbeschwerde spielt das Erfordernis der Rechtswegerschöpfung anders als bei der Normenkontrolle und den Organstreitverfahren eine große Rolle. Denn beim Schutz der Individualrechte handelt es sich im Unterschied zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit von (Parlaments-)Gesetzen und die Beilegung von Streitigkeiten zwischen den obersten Staatsorganen um eine Aufgabe, die auch im System der zentralisierten Verfassungsgerichtsbarkeit traditionell von den ordentlichen Gerichten mit wahrgenommen wird. Schon vom reinen Umfang her ist dies eine Aufgabe, die sich im modernen Verfassungsstaat, in dem die Grundrechte nicht nur auf dem Papier stehen, sondern den Alltag der Bürgerinnen und Bürger prägen, nicht von einem einzelnen Gericht, sondern nur von einem voll ausgebauten Gerichtssystem einigermaßen erfolgreich bewältigen lässt. Hier wandelt sich daher die Rolle des Verfassungsgerichts faktisch von derjenigen der ersten und letzten Entscheidungsinstanz in Normenkontroll- und Organstreitverfahren zur Revisionsinstanz in Grundrechtsverfahren.[183] Das Erfordernis der Rechtswegerschöpfung stellt sicher, dass das Verfassungsgericht seine Ressourcen auf diejenigen Fälle konzentrieren kann, in denen seiner Einschätzung nach der einfachgerichtliche Rechtsschutz der Grundrechte unzureichend ist und daher Impulse für seine Weiterentwicklung erforderlich sind. Wie die Beispiele Deutschlands und Spaniens zeigen, reicht die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde allein allerdings längst nicht mehr aus, um die Arbeitsfähigkeit der Verfassungsgerichtsbarkeit angesichts der Flut von Individualbeschwerden zu gewährleisten.

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