Читать книгу Steh-auf-Frauchen - Monika Kunze - Страница 16
14. Beim nächsten Mann …
ОглавлениеSo deutlich, als sei das alles erst vor Kurzem passiert, sah Marlene diese Bilder nun hier, einige Jahre später, im Krankenhaus wieder vor sich.
Sie wollte, nein, sie musste unbedingt nach Hause. In Blocksdorf gab es einen Jungen, ihren Erstgeborenen, der brauchte sie jetzt bestimmt dringender denn je.
Auch ihr Sonnenschein, die kleine Birgit, sollte sich erst gar nicht im viel zu weit entfernten Erzgebirge einleben – und ihr Jüngster, Alex, nicht im Spreewald.
Die Bilder aus der Vergangenheit hatten es ihr wieder einmal vor Augen geführt: Jürgen, Karsten, Birgit, Alex und sie gehörten zusammen! Trotz aller Klagebriefe über die Schwierigkeiten, die Karsten seinem Stiefvater offenbar machte. Marlene wollte nun ihre gesamte Familie nach den vielen Wochen der Trennung endlich wieder um sich haben.
Wenn sie sich nur richtig Mühe gab, würde es ihr schon gelingen, eine richtig intakte Familie hinzubekommen. Auch Birgit, Karsten und Jürgen würden sich mit der Zeit schon zusammenraufen. Sie jedenfalls war fest entschlossen, alles dafür zu tun. Denn in einem Winkel ihres Herzens konnte sie die Klagen ihres Ehemannes sogar verstehen: Er war einfach zu jung – und demnach mit den Aufgaben in einer Familie mit drei Kindern total überfordert.
Als Jürgen Marlene damals, nach vierzehn Tagen Bekanntschaft, ernsthaft gebeten hatte, seine Frau zu werden, hatte sie das zunächst für einen schlechten Scherz gehalten. Aber jeden Tag merkte sie mehr, dass ihm wirklich etwas an ihr lag. Sie verstanden sich prächtig, konnten über dieselben Dinge lachen oder sich ärgern – und vor allem: Er war unglaublich gut zu ihren Kindern.
Ganze sieben Jahre hatte ihre erste Ehe gedauert. Erst danach war Marlene in der Lage gewesen, sich von ihrem Mann Rolf scheiden zu lassen.
Zugegeben, es hatte viel Mut und Kraft gekostet, heimlich die Scheidung einzureichen. Die ängstliche Frage, wie er wohl darauf reagieren würde, hatte noch einmal viele schlaflose Nächte mit sich gebracht. Doch dann beichtete er ihr bei einem seiner Besuche, dass er sich schon zu Beginn seiner Armeezeit in eine andere Frau verliebt habe. Marlene war ein Stein vom Herzen gefallen, denn so blieb der von ihr so gefürchtete Wutanfall aus.
Mit Jürgen sollte alles ganz anders werden. Sie hatten es einander geschworen. Sie verspürten von ihrer ersten Begegnung an so einen wunderbaren Magnetismus, der sie zueinander hinzog. Das musste einfach Liebe sein.
Nach zehn Wochen Bekanntschaft hatten sie geheiratet, die Braut diesmal mit Blumen und in einem wunderschönen, hellblauen Spitzenkleid, der Bräutigam in hellem Anzug. Aber allein waren sie auch diesmal im Standesamt, ohne Eltern und sonstige Hochzeitsgäste. Einen Kommentar gab die Standesbeamtin bei dieser Hochzeit nicht ab. Es war dieselbe, die Marlene und Rolf damals widerwillig getraut hatte.
Jürgens Mutter war außer sich gewesen, als sie erfuhr, dass ihr einziger Sohn eine geheiratet hatte, die schon zwei Gören mitbrachte.
Marlenes Pflegemutter und Franz der Fünfte nahmen die Neuigkeit ungerührt hin. Sie betreuten immerhin ihre Enkel Karsten und Birgit, als die frisch Vermählten ihre Flitterwochen antraten, wie Hilde und Franz es mit zweideutigem Lächeln nannten.
Als Hochzeitsreise und Flitterwochen gönnte sich das junge Ehepaar allerdings nur ein einziges Wochenende in Berlin. Mehr Geld hatten sie nicht – und geschenkt bekamen sie von niemandem etwas.
Nach ihrer Rückkehr zeigte sich Karsten besonders widerborstig. Doch Marlene glaubte ganz fest daran, dass ihr großer Sohn nur genügend Liebe und Konsequenz brauchte, um wieder ein normales, fröhliches Kind zu werden.