Читать книгу For that Moment - Nena Muck - Страница 13
ОглавлениеEmmi
»The monsters were never
under my bed.
Because the monsters
were inside my head.
I fear no monsters,
for no monsters I see.
Because all this time
the monster has been me.«
– Nikita Gill
Es sind winzig kleine Bruchstücke aus jener Nacht. Eine kurze Aneinanderreihung düsterer Bilder, über denen gesagte Worte hängen, deren Ton gewisse Störungen aufzeigt und die in sehr unbequemen Wiederholungen an den Rand meines Bewusstseins gespült werden. Doch dank dieser Wunderdroge ist alles, was danach kommt, verschwommen und die brutale Realität wird auf kurzlebige Schnappschüsse reduziert. So taten die harten Worte, die ich meiner Mom entgegenschleuderte, auch nicht so weh, doch da die Wirkung nun langsam aber sicher nachlässt, treffen sie mich wie ein derber Schlag mitten ins Gesicht. Ich hab sie verletzt.
Das hab ich nicht gewollt. Doch ich hasse es, dass jeder die Schuld bei Vince sucht und ich hasse es, dass sie ihn hasst.
Das ist gar nicht ihre Art. Sie versucht, ihn für alles verantwortlich zu machen, was in meinem Leben falsch läuft und das ist einfach nicht fair. Ich atme frustriert aus, während ich an die deprimierend weiße Decke starre und die beunruhigende Dunkelheit der Nacht mich umhüllt. Doch ich habe keine Angst vor ihr. Nicht mehr.
Es ist das Licht, was mir Angst macht. Man kann immer so tun, als ob all die unheimlichen Arten von Bedrohungen nur im Dunkel existieren. Das aufflackernde Licht ist das, was mich zerreißt und der Blick auf das Monster, das meine Hand schon so lange hält, dass ich Angst habe es loszulassen. Die Nachtschwester war bereits vor fünf Minuten hier, was bedeutet, dass Vince jeden Augenblick durch das Fenster meines Einzelzimmers schleicht. Genau wie jede Nacht seit ich hier bin. Also schalte ich den Flachbildfernseher ein, der an der gegenüberliegenden Wand hängt, um wenigstens für ein bisschen Licht zu sorgen. Er hat auf das Einzelzimmer bestanden und mir ist es nur recht. Ich möchte hier nicht länger ohne ihn sein. Wie aufs Stichwort öffnet sich das Fenster, das ich einen Spaltbreit offengelassen habe, nun so weit, dass er elegant und geschmeidig mit nur einer einzigen Bewegung in das Zimmer schwingt. Sogar dabei wirkt er unglaublich attraktiv und seine Präsenz erfüllt innerhalb von Sekunden den gesamten Raum, gefolgt von einem aquatischen Geruch, der mich sofort benebelt.
Ich liebe diesen Mann so sehr. Er trägt eine graue Baumwolljogginghose und ein dickes schwarzes Kaputzensweatshirt, das er sich noch auf dem Weg zu meinem Bett mit einem Griff in den Nacken über den Kopf zieht und zur Seite schlenkert, woraufhin sein indigofarbenes Shirt zum Vorschein kommt. Diese Farbe bringt das Mintgrün seiner Augen zum Strahlen und sein dichtes Haar fällt ihm perfekt unperfekt in die Stirn. Doch sein Gesicht versetzt mir jedes Mal einen Stich mitten ins Herz und mich überkommt erneut diese überwältigende Angst, die ich an jenem Abend hatte. Wenn er … Ich hätte es nicht überlebt und würde immer wieder so handeln. Als er seine Schuhe abstreift, schlage ich die Decke zur Seite und klopfe lächelnd auf das Bett. Er erwidert es, doch ich glaube ihm nicht, als er »Hey Baby« flüstert. Mein Herz macht immer noch einen Satz, wenn er das sagt, und wird es auch immer tun, jedoch hat mein Monster ihn jeher vollends in Besitz genommen. Ich sehe es in jeder seiner Bewegungen. Es treibt in seinen Augen und hinterlässt Falten auf seiner Stirn. Es stützt sich auf seine Schultern und beugt sie nach vorn, bevor es sich unnachgiebig in die Winkel seiner wunderschönen Lippen setzt, was es seinem Lachen unmöglich macht, seine Augen zu erreichen und ich kann es einfach nicht ertragen, dass ich der Grund für diesen Kummer bin. Er klettert in das Bett und schlingt einen Arm um mich, bevor er mich zu sich zieht. Ich passe perfekt in seinen Arm, während er mich hält und ich meinen Kopf auf seine Brust lege. Ich sehe zu ihm nach oben und beginne vorsichtig über die Blessuren seines sonst so makellosen Gesichts zu streichen. Noch etwas, das ihn zeichnet, doch diese Verletzungen werden vergehen. Das Monster tut das niemals.
»Hey«, haucht er sanft, während er mir fragend über die Falte zwischen meinen Brauen streicht und ich geräuschvoll ausatme und mein Daumen über seine aufgeplatzte Lippe gleitet.
»Dieser Anwalt …«, beginne ich, bevor er den Satz beendet, » …denkt, es ist meine Schuld.«
Ich sehe ihn erschrocken an und er nickt.
»Genau, wie deine Mom.«
Dann wird sein Nicken stärker und verschwimmt zu einer Mischung aus Nicken und Kopfschütteln. »Genau, wie alle … Und weißt du was? Sie haben recht.« Seine Stimme wird bitter und auch sie ist heiser, denn sein Hals sieht nicht viel besser aus als meiner.
»Nein, haben sie nicht«, protestiere ich und er braust auf, während er sich aus unserer Umarmung löst und aufsetzt.
»Ach, Emmi. Komm schon. Du weißt es genauso gut wie ich. Du wärst nicht hier, wenn ich nicht wäre. Du wärst überhaupt nicht in diese Lage gekommen, wenn ich nicht wäre. Ich mache früher oder später alles kaputt. Doch dich … dich darf ich nicht kaputtmachen. Aber ich kann auch nicht ohne dich sein. Gott, wenn dir irgendetwas …« Er schüttelt wild den Kopf, bevor er beinahe reumütig meine Platzwunde fixiert. »Ich bin das reinste Chaos … Ich …« Er fährt sich verzweifelt durch die Haare, während sein Herz einen unaufhörlichen Kampf mit seinem Verstand führt, der es ihm unmöglich macht, sich auszudrücken.
»Wir beide sind das reinste Chaos«, flüstere ich, während ich mich an seinen Rücken schmiege und seinen Kopf zu mir drehe, damit er mir in die Augen sieht. »Ein unbestreitbares, wunderschönes, chaotisches Durcheinander …«
Ich sehe forschend in sein hübsches Gesicht, bevor ich ihm über die immer tiefer werdende Falte auf seiner Stirn streiche. »Es ist keine Platzwunde. Doch es ist der pure Schmerz und es bringt mich um, dabei zuzusehen, aber ich schaffe es einfach nicht dich loszulassen.« Ich seufze und zucke mit den Schultern.
»Wir sind stur.« Dann lege ich meine Stirn an seine und spüre das Zögern, doch er lässt es zu. »Wir lassen nicht los.«
Ich hauche diese Worte an sein Gesicht, woraufhin er mich an den Hüften packt und blitzschnell auf seinen Schoß heb. Sein Kuss ist fordernd und als meine Zunge über seine Unterlippe fährt, schmecke ich den eisigen Geschmack von Blut. Es ist die Platzwunde an seinen Lippen und ich schrecke sofort zurück, doch er hält mich auf, indem er seine Arme so fest um mich schlingt, dass mir die Luft wegbleibt. Er presst mich an sich und küsst mich mit solch einer Verzweiflung, dass es sich anfühlt, als wolle er in mich hineinkriechen. Ich vergrabe meine Hände in seinen Haaren und ziehe daran, was ihm ein dumpfes Stöhnen abjagt und unter meinen kreisenden Hüften spüre ich, wie hart er ist. »Vince …«, seufze ich, was er mit seinem Kuss erstickt. »Vince …wir müssen aufhören«, keuche ich, halte mich aber selbst nicht daran.
»Ja …«, stöhnt er in meinen Mund, presst mich aber noch weiter an sich, » …sollten wir.« Er vergräbt die Hände in meinen Haaren und ich löse mich widerstrebend, doch er unterbricht die Reibung nicht, während sein dunkler Blick sich in mein Gesicht brennt und er schweratmend keucht.
»Ich kann nicht« und mit einer unglaublichen Leichtigkeit aufsteht, bevor er mich so zum Badezimmer trägt. Ich schlinge meine Beine um seine Hüfte, während er hinter uns abschließt und keine Zeit verliert, das Kondom aus seiner Tasche zu ziehen und anzulegen, bevor er mich erneut küsst.
Ich trage nur ein kurzes Nachthemd, unter das sich seine Finger blitzschnell stehlen, und in meinen Slip haken, bevor er mich anhebt und auf sich herabsenkt. Wir stöhnen beide auf, als er die Arme um meinen Rücken schlingt und mich fest an sich drückt, während er mir die Hüften entgegenschiebt. Ich kralle mich in seine Arme und schlinge die Beine noch fester um ihn.
»Ich brauche dich so sehr«, haucht er rauchig an mein Gesicht und ich seufze, bevor er mir die Hand über den Mund legt. »Ich weiß Baby … ich weiß«, atmet er abgehackt und ich wimmere unter seinen Stößen, woraufhin sein Blick sich beinahe gequält in mein Gesicht bohrt, als er erbittert Besitz von mir ergreift.
»Fuck … Ich liebe dich so sehr«, keucht er erstickt und ich stöhne ergeben, als die Spannung in meinem Unterleib wächst und er seine Hand von meinem Mund nimmt und seine Lippen auf meine presst. Seine Stöße sind heftig, doch unser Kuss ist langsam und innig, als ich zum Höhepunkt komme und er die Seufzer von meinen Lippen trinkt, kurz bevor auch er sich versteift.
»Was hat deine Mom gesagt?«, fragt er zögerlich, während ich auf seiner nackten Brust liege und die Gitterstäbe des Käfigs mit den Fingern nachzeichne.
»Sie wollte, dass ich morgen mit ihr nach Hause komme.«
Er hält die Luft an, bevor er atemlos fragt:
»Warte. Was?« Dann legt er die Finger unter mein Kinn und zwingt mich ihn anzusehen. »Sie entlassen dich morgen?«
Ich nicke kurz. »Sieht so aus.« Ich deute auf den Zugang in meinem Arm. »Sie haben das Sedativum heute ausgestrichen. Und sonst hat es … Naja …« Ich suche die richtigen Worte und schaue ihn vorsichtig an, während die Schuld beginnt, sich in sein Gesicht zu fressen. Doch ich schüttle den Kopf, bevor ich mit den Achseln zucke. »Es ist alles okay.« Ich hauche ihm einen Kuss auf die Brust, woraufhin er mir wieder das Kinn nach oben drückt und eine Unsicherheit in seinem Blick flackert, die innerhalb eines Wimpernschlags in Frust umschlägt.
»Du wirst doch aber nicht? Ich meine …« Er schluckt schwer und ich streiche ihm die Haare aus der Stirn, bevor ich tröstend den Kopf schüttle.
»Ich bin da, wo du bist. Weißt du noch?«
Er zieht mich noch ein Stück zu sich rauf.
»Natürlich. Ich wollte nur sichergehen, dass du es nicht vergisst«, schnurrt er, bevor er mir einen Kuss auf die Nasenspitze gibt und mich nachdenklich ansieht. Ich streiche ihm fragend über diese kleine Falte, genau wie er es immer tut und er schenkt mir dafür ein warmherziges Lächeln, bevor er sein Gesicht in meinem Haar vergräbt und einatmet.
»Es tut mir leid, dass es so zwischen euch ist. Ich weiß es ist meine Schuld, aber ich bin nicht so selbstlos, mich von dir fernzuhalten.«
»Es ist nicht deine Schuld Vince«, seufze ich erschöpft
»Aber mir tut’s auch leid… Ich habe Dinge gesagt.«
»Sie wird dir vergeben«, tröstet er mich und ich sehe ihn bedauernd an, bevor ich kleinlaut frage: »Ja?«
Und er schnaubt, bevor er mir eine Haarsträhne hinter das Ohr streicht. »Natürlich. Sie liebt dich.« Dann zieht er amüsiert die Brauen nach oben, »Nachvollziehbar.«
Ich lächle, bevor ich ihm dankend einen Kuss auf die Lippen drücke und flüstere: »Und ich liebe dich …«, während ich ihm über seine dunklen, dichten Brauen streiche. »Und nicht nur, weil du du bist, sondern weil ich ich bin, wenn ich mit dir zusammen bin.« Er schmunzelt zufrieden und ich lasse mich wieder zurück auf das Kissen fallen. Es passt kaum ein Blatt Papier zwischen unsere Nasen, als wir uns gegenüberliegen und ich langsam in den Schlaf sinke, während er vorsichtig meine Gesichtszüge nachzeichnet. Ich bin fast weggedämmert, als ich müde frage:
»Vince?«
Und er nur leise brummt.
»Mmh?«
Ich zögere kurz, bevor ich wispere. »Bitte bleib bei mir.«
Ich bin zu müde um meine Augen zu öffnen, doch sein ehrliches Wort haucht ungehindert gegen mein Herz und ich lege all meine Hoffnung hinein.
»Immer.«