Читать книгу For that Moment - Nena Muck - Страница 17

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Vince

So schön wie ein Mond, der sich hinter der Sonne versteckt,

scheinst du heller als alles andere.

Klar und völlig unbemerkt.

– Unbekannt

»Denkst du, dass das eine gute Idee ist?«, frage ich sie skeptisch, als wir an einer Kreuzung kurz vor unserer Wohnung halten und ich in den Rückspiegel zu dem Auto ihrer Mutter schaue. Sie sieht mich amüsiert von der Seite an.

»War es nicht deine Idee?«

Ich zucke mit den Achseln.

»Hätte nicht gedacht, dass sie zustimmt.«

Sie lacht.

»Tja unverhofft kommt oft.«

Und ich kneife ihr in den Oberschenkel, woraufhin sie sich kichernd zu mir rüber beugt und meinen Hals küsst. Eine kurze Berührung, die mir sofort in den Schwanz schießt.

»Ich denke, es wird angespannt sein, aber es bedeutet mir sehr viel, dass sie das macht«, holt sie mich aus meiner Fantasie, die wesentlich spannender ist, als mit ihr und ihrer Mutter an einem Tisch zu sitzen und uns schweigend anzustarren.

»Mmhh«, brumme ich und sie streicht mir über den Oberschenkel. Okay, wenn sie nicht gleich damit aufhört, fahre ich rechts ran und knöpfe sie mir vor und es ist mir scheißegal, ob ihre Mutter hinter uns fährt.

»Dass ihr beide das tut, bedeutet mir sehr viel«, sagt sie ernst, während ihr Blick auf mir liegt.

»Und wenn ich dir bis in die tiefsten Tiefen der Hölle folgen muss …«, wiederhole ich die Worte, die ich ihr damals versprach.

» …Und das hier wird definitiv die Hölle«, füge ich schnaubend hinzu, als ich auf unseren Parkplatz biege und sie mir aufmunternd zunickt, bevor sie aussteigt.

Wo ist die Knarre, wenn man sie braucht?

»Das ist sie«, flötet dieser süße kleine Engel, als sie mitten in unserem Wohnzimmer steht und demonstrativ die Arme ausbreitet, während der Blick ihrer Mom durch das Zimmer fliegt. Sie gibt sich wirklich große Mühe so zu tun, als würde sie das alles hier nicht ätzend finden, doch ich sehe die Abscheu zu dieser Wohnung und zu mir ganz genau. Hinzukommt, dass ich die letzte Woche größtenteils im Krankenhaus verbracht habe, weshalb die Wohnung aussieht, wie ein gottverdammter Schweinestall, was in diesem Moment auch Emmi auffällt, die mir dafür sofort einen warnenden Blick zuwirft, bevor sie die leeren Pizzaschachteln zusammenräumt. Ich zucke unbeteiligt mit den Schultern und gehe wortlos ins Schlafzimmer, um wenigstens ein paar meiner Klamotten zusammenzusuchen.

»Entschuldige das Chaos, wir kamen in den letzten Tagen nicht unbedingt zum Aufräumen«, entschuldigt sie sich bei ihrer Mom und ich verdrehe die Augen.

Ich bin gerade dabei die dreckigen T-Shirts in den vollgestopften Wäschekorb zu drücken, als die Führung in unserem Schlafzimmer angekommen ist. Was nicht sonderlich schwer ist, weil der Rest der Wohnung, abgesehen vom Badezimmer, aus nur einem Raum besteht. Ich lehne mich an unsere Kommode und stecke die Hände in die Taschen, als der Blick ihrer Mom durch unser Schlafzimmer streicht. Das hier ist wirklich mehr, als schräg. Sie bleibt an der Collage hängen, die gegenüber von unserem Bett hängt, bevor sie einen Schritt darauf zugeht und ich stirnrunzelnd zu Emmi sehe, doch sie schüttelt nur schulterzuckend den Kopf. Die Sekunden, in denen sie das Bild anstarrt und wir schweigend hinter ihr stehen, scheinen endlos zu sein. Die Atmosphäre ist extrem angespannt und keiner scheint sich wirklich wohl in seiner Haut zu fühlen. Doch dann dreht sie sich um und ihr Blick fällt sofort auf mich.

»Ist das von dir?«, fragt sie äußerst skeptisch, während sie über ihre Schulter auf die Collage von Emmi deutet. Von wem denn sonst?

Ich meine, ich kann mir nicht mal vorstellen, dass ein anderer sie auf diese Art und Weise sieht. Oder Gott bewahre mit ihr zusammen ist. Wahrscheinlich, weil es mich umbringen würde.

»Ja …«, durchbricht Emmi freudestrahlend die Stille.

»… Ist er nicht unglaublich?«, fragt sie, während sie mich mit einer Bewunderung ansieht, die mir verdammt unangenehm ist, und ich sehe weg, während ich beginne auf meinen Füßen zu wippen. Scheiße, ist das peinlich.

»Er wurde aus einer Riesenauswahl von Studenten ausgewählt, um an einem Probesemester für Fotografie teilzunehmen, und das war seine Abschlussarbeit.« Sie deutet auf das Bild und fügt euphorisch hinzu. »Es wurde sogar im Performing Arts Center ausgestellt.«

Der Blick ihrer Mutter schnellt zu mir. Ich kann nicht sagen, was sie denkt. Ihre Miene ist undurchdringlich, als Emmi nun endlich zum Ende kommt. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendeine Frau jemals auf die Idee gekommen wäre, ausgerechnet mit mir vor ihren Eltern anzugeben. Für ihre Mutter ist das sicher auch total absurd. Aber so ist sie nun mal. Anders. Selten. Ist es verrückt? Sicher, aber Seltenheit ist eine hübsche Ironie, bei der Perfektion und Fehler die besten Freunde sind. Ich sehe sie an, als sie, ohne den Blick von mir abzuwenden, sagt. »Und er wurde ausgewählt.« Und genau dieser Blick, dieses Funkeln in ihren unfassbar blauen Augen, um das sie sogar die verfluchten Sterne beneiden würden, ist der Grund, warum ich das alles irgendwie auf die Reihe bekommen habe.

»Du studierst Fotografie?«, unterbricht ihre Mutter unsere Blicke und ich wende ihn wirklich nur verdammt ungern ab.

»Jep«, nicke ich ihr zu und vergrabe meine Hände noch weiter in den Taschen, bevor ich mir unsicher auf die Unterlippe beiße.

»Nun …« Sie deutet erneut auf das Bild. » … Das ist wirklich sehr gut. Soweit ich das beurteilen kann«, gibt sie zu und mein Blick schnellt fassungslos zu ihr, bevor ich tatsächlich so etwas wie Aufrichtigkeit darin erkennen kann.

»Er ist einzigartig«, fügt Emmi hinzu, während ihr Blick weiter auf mir liegt.

»So scheint es wohl zu sein«, schnaubt ihre Mom, als ihr Blick von ihrer Tochter wieder zu mir gleitet und sie dann etwas sanfter fortfährt. »Deine Eltern müssen sehr stolz auf dich sein …«

Und bei diesen Worten sehe ich, wie sich der blanke, grobe Schmerz in Emmis feine Gesichtszüge bohrt. Als hätte ihr jemand ein verdammtes Messer in die Rippen gejagt, es bricht mir das Herz. Das, was noch davon übrig ist.

»Mom«, unterbricht sie ihre Mutter streng und schüttelt den Kopf.

»Entschuldige …«, greift sich ihre Mutter ans Herz. »Ich dachte nur … Na ja meist, liegt so ein Talent ja in der Familie?«

Hat sie gerade gesagt, dass ich talentiert bin?

»MOM«, zischt Emmi wütend und macht damit klar, dass diese Unterhaltung zu Ende ist. Ja, da ist dieser Ton, und dieser düstere, kleine Ausdruck, den ich so liebe.

»Meine Mom starb, als ich noch sehr jung war«, beantworte ich ihren fragenden Gesichtsausdruck und Emmis Blick schnellt zu mir, doch ich meide beide Blicke, als ich weiterrede. »Mein Dad hat es nicht auf die Reihe gekriegt und mich schlussendlich in ein Heim abgeschoben.« Ich zucke mit den Schultern. »Also kein Plan, von wem ich es habe. Stolz ist auf jeden Fall keiner von ihnen.« Ich höre den Zynismus in meiner Stimme und das Bedauern in der Stimme ihrer Mom.

Ich hasse Mitleid.

»Das tut mir wirklich leid. Ich wusste nicht …«

»Schon gut«, unterbreche ich ihr Mitgefühl streng. Ich brauch keine scheiß Beileidsbekundungen. Ich schüttle diesen ganzen Mist ab und riskiere einen Blick, dem ihre Mom sofort ausweicht, während Emmis Blick auf mir liegt. Doch es ist kein Mitleid, was ich darin sehe. Ich weiß nicht, was es ist.

Aber ich fühle mich gut darunter. Sie kommt auf mich zu und schlingt ihre Arme um mich, bevor sie sich auf Zehenspitzen schwingt und mich küsst.

»Das ist wirklich großes Pech für sie«, raunt sie so laut an meinen Mund, dass auch ihre Mom es hört, als sie mit ihren winzig kleinen Händen meine Fäuste aus den Taschen zupft und mich in Richtung Küche zieht, bevor sie ihre Mom ansieht und flötet: »Wer hat Bock auf Pizza …«

For that Moment

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