Читать книгу For that Moment - Nena Muck - Страница 15

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Vince

Es gibt kein richtiges oder falsches Verhalten.

Die einzige Entscheidung von Bedeutung ist die zwischen Angst und Liebe.

– Gerald Jampolsky

Ich starre auf diese dämliche Uhr, die in diesem überfüllten Warteraum leise und schleppend vor sich hin tickt und ignoriere das Nachhallen meines Albtraums, das dieses Ticken heraufbeschwört. Stattdessen konzentriere ich mich auf die Zeit, die sie anzeigt und die beinahe still zu stehen scheint, während sie doch in glücklichen Zeiten unaufhaltsam fliegt.

Man könnte fast meinen, dass sie sich in schlechten Zeiten für die guten Zeiten rächt. Ja, Timing ist ein Miststück. Ich fahre mir über das Gesicht und versuche über diese ganzen verstohlenen Blicke, die mir die Leute in diesem extrem renovierungsbedürftigen Raum zuwerfen, hinwegzusehen.

Doch ich bin so durch, dass es mir nicht gelingt. Mir ist durchaus aufgefallen, wie weit die Reaktionen von meinen Verletzungen und denen von Emmi auseinandergehen. Bei ihr ist es Mitleid und Neugier und mich sehen sie an, als wäre ich ein Verbrecher, der es vermutlich nicht anders verdient hat, und sind wir zusammen, ist allen klar, dass es meine Schuld ist, dass sie so aussieht. Ich ertrage diesen Scheiß einfach nicht länger. Ich will nur noch aus meiner Haut und für eine Weile jemand anders sein. Ich habe es so satt, ich zu sein. Meine Kehle schnürt sich immer weiter zu, während die Wände dieses winzig kleinen und praktisch luftleeren Raums auf mich zukommen, bis ich aufspringe, um aus diesem kleiner werdenden, fensterlosen Loch zu verschwinden.

»Vince?«, reißt mich die Stimme von Rosi aus den müden und rohen Gedanken, die mich langsam, aber sicher begraben, während ich an der abgenutzten Wand im Flur lehne und an die Decke starre.

»Was ist?«, knurre ich, ohne sie anzusehen, doch sie lässt sich davon nicht mehr abschrecken. Sieht aus, als hätte ich nun endgültig mein Mojo verloren.

»Wie geht es dir?«, lehnt sie sich neben mich an die Wand.

»Fantastisch«, antworte ich voller Sarkasmus.

»Darf sie gehen?«, fragt sie, während sie zu der gegenüberliegenden Tür nickt und ich brumme zustimmend, bevor sie einen Moment zu lang zögert. Ich kann die Unsicherheit, die sie ausstrahlt, praktisch spüren, bevor sie sagt: »Ich hab von diesem furchteinflößenden Anwalt gehört …?« Sie drückt es wie eine Frage aus, obwohl sie eigentlich etwas ganz anderes wissen will.

»Und?«, frage ich herausfordernd und sie zuckt mit den Schultern, bevor sie ihren Blick wieder auf den lädierten Boden richtet und flüstert.

»Ich hab auch gehört, dass er davon überzeugt ist, dass … du geschossen hast. Du weißt schon, weil dieser Typ Emmi angegriffen hat …«

»Was?«, unterbreche ich sie scharf und sie hebt abwehrend die Hände.

»Ich will dir auch überhaupt nichts vorwerfen oder dich ausfragen. Ich will nur sagen …« Doch ich lasse sie nicht ausreden.

»Verdammt! Hab ich mein: Ich-hab-auf-ihn - geschossen-T-Shirt an? Warum fragen mich das alle ständig?«, blaffe ich etwas zu laut und gebe diesen ganzen Arschgesichtern in dem Raum hinter mir nun auch noch die letzte Bestätigung für ihre Vorurteile.

»Ich habe Emmi gesehen Vince … Ich will nur sagen … ich würde es verstehen«, wispert sie kleinlaut und ich atme schnaubend aus, bevor ich zwischen zusammengebissenen Zähnen knirsche. »Ich bin es nicht gewesen.« Dann schüttle ich den Kopf »Glaub mir. Hätte ich die Chance gehabt ihn zu töten, wäre er jetzt tot«, gebe ich bitter zu, bevor ich mich von der Wand abstoße, nur um mich mit ausgestreckten Armen wieder daran zu lehnen.

»Interessante Theorie«, mischt sich eine weitere Stimme ein, die gerade um die nächste Ecke kommt und ich frage mich wirklich, was ich in einem früheren Leben falsch gemacht hab.

»Was willst du Ratte denn jetzt noch?«, fahre ich Finn an.

»Ich arbeite hier …«, antwortet der wie selbstverständlich, bevor er überheblich mit den Achseln zuckt, » …und wenn ich du wäre, wäre ich mit solchen Aussagen lieber vorsichtig.«

»Wenn ich du wäre, wäre ich hässlich«, funkle ich den kleinen Spinner an und er lacht.

»Da hat wohl jemand längere Zeit nicht in den Spiegel gesehen oder?« Ich stoße mich von der Wand ab und stelle mich direkt vor ihn. Die Ader an meiner Schläfe pocht. »Was hast du kleines Stinktier eigentlich mit Hailee zu schaffen?«

Er schnalzt mit der Zunge. »Ich denke, das geht dich gar nichts an, außerdem, denke ich, dass du wirklich andere Sorgen hast oder?« Am Ende des Satzes schnaubt er abschätzig und kommt noch ein Stück näher, bevor er flüstert.

»Zum Beispiel, was du noch alles tun kannst, um ihr Leben so richtig zu versauen.« Ich greife ihn am Kragen und Rosie springt sofort dazwischen.

»Hey Leute …«, versucht sie uns zu beschwichtigen, als die Sachbearbeiterin meine Nummer aufruft und ich ihn von mir schubse. Er taumelt zwei Schritte zurück, bevor er provokant seinen Kragen richtet und ich drohend mit dem Finger auf ihn zeige.

»Sie geht dich einen gottverdammten Scheißdreck an. Ist das klar?!« Ich wende ihm den Rücken zu und gehe zu der Tür, über der nun ein Signal leuchtet, als er zischend ausatmet und ich einen Blick über meine Schulter werfe. Er neigt den Kopf und in seinem Gesicht liegt ein Ausdruck, den ich so noch nicht gesehen habe.

»Das werden wir noch sehen«, höhnt er herausfordernd und ich erstarre. Hat er das wirklich …? Ich will gerade zu ihm gehen, um seinen verdammten Schädel in die Wand zu rammen, als sich die Tür vor mir öffnet.

»Mr. King?«, fragt die Sachbearbeiterin etwas genervt und ich beiße mir so sehr auf die Unterlippen, dass sie sofort wieder blutet, bevor ich meinen Blick von ihm abwende und ihr durch die Tür folge.

For that Moment

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