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Audrey Hepburn: Schönheitsidol oder Menschenretterin?

„Ich glaube, dass glückliche Mädchen die schönsten Mädchen sind.“

Audrey Hepburn

Wie in den Schlafzimmern so vieler Mädchen hing auch in dem Kinderzimmer meiner besten Freundin ein Bild von Audrey Hepburn. Eine Schwarz-Weiß-Fotografie von Ikea. Während meiner Teeniezeit verband ich Audrey Hepburn ausschließlich mit den Attributen Schönheit, Anmut und Eleganz. Bis ich als Mittzwanzigerin durch einen Magazinartikel auf die wahre Hinterlassenschaft Hepburns aufmerksam wurde.

Eine Hinterlassenschaft, geprägt von Kampfgeist, Aufopferung, Werten und Mut.

Ein kurzer Abriss gefällig? Audrey Kathleen Ruston wird am 4. Mai 1929 in Belgien als Tochter eines englischen Bankiers und einer niederländischen Baroness in wohlhabende Verhältnisse hineingeboren. Sechs Jahre später verlässt der Vater die Familie. Gemeinsam mit ihrer Mutter und den beiden älteren Halbbrüdern zieht sie vom niederländischen Familiensitz Schloss Huis Doorn nach Großbritannien. Doch ihr Aufenthalt dort soll nur von kurzer Dauer sein, der Zweite Weltkrieg erschüttert England und die Familie kehrt in die Niederlande zurück. Ihre Eltern lassen sich scheiden.26

Obwohl die 14-Jährige aufgrund der herrschenden Hungersnot an schwerem Muskelschwund erkrankt, beginnt sie, gegen die deutschen Besatzer zu kämpfen. Sie nimmt Ballettstunden und lässt das durch Tanzauftritte verdiente Geld in die niederländische Untergrundbewegung fließen. Ein gefährliches Unterfangen, steht doch auf Kollaboration mit dem Feind die Todesstrafe.

Hepburn wird nicht entdeckt und pflegt in den letzten Monaten des Krieges verwundete Soldaten der Alliierten. Auch nach dem Krieg ist ihr Werdegang von Mut, dem unbändigen Wunsch nach Freiheit und der Erfüllung ihrer Träume geprägt.

Sie entscheidet sich gegen das behütete Leben bei ihrer Mutter in den Niederlanden und nimmt stattdessen kleine Rollen in britischen Musicals und Filmen an. Ihr Ziel ist es, Schauspielerin zu werden. Der Erfolg stellt sich schnell ein. Mit 25 Jahren gewinnt sie für ihre erste Hauptrolle aus dem Nichts den Oscar. Fortan zählt sie zu Hollywoods Elite und prägt mit Filmen wie Frühstück bei Tiffany, Charade oder My Fair Lady die Filmgeschichte.

Ihr Erfolg ist nicht ausschließlich mit ihrem Schauspieltalent zu erklären, sondern vor allem mit ihrer Fähigkeit, die optische Individualität als Privileg zu feiern. Anstatt sich mithilfe von Tricks dem kurvigen Schönheitsdiktat zu unterwerfen, betont Hepburn mit ihrem knabenhaften Auftreten die Folgen ihres erlittenen Muskelschwunds.

Nach ihrer Karriere als Filmstar, die sie als eine der wenigen selbst gewählt und in Würde beendet, wird sie Sonderbotschafterin für UNICEF. Fünf Jahre lang reist sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Robert Wolders, der wie sie in seiner Kindheit unter der Hungersnot in den Niederlanden gelitten hatte, in benachteiligte Länder und nutzt ihre Bekanntheit, um Spenden zu sammeln.

Aufgrund ihrer humanitären Arbeit erhält Audrey Hepburn den Ehrendoktor der amerikanischen Brown University und soll ihn stolz mit den Worten: „Könnt ihr das glauben? Ein Titel für mich, wo ich doch gar nicht gebildet bin“, entgegengenommen haben.27

Übrigens verband Hepburn Glück Zeit ihres Lebens nie mit Schönheit, sondern damit, das Leben zu genießen, und mit der Fürsorge, die man bereit ist, anderen teilwerden zu lassen.

In Hepburns Worten klingt das so: „Die Schönheit einer Frau liegt nicht in der Kleidung, die sie trägt, der Figur, die sie hat, oder der Art, wie sie ihr Haar trägt. Die Schönheit einer Frau ist in ihren Augen zu sehen, denn das ist die Tür zu ihrem Herzen, der Ort, wo die Liebe wohnt. Wahre Schönheit einer Frau spiegelt sich in ihrer Seele wider. Es ist die Fürsorge, die sie liebevoll gibt, die Leidenschaft, die sie zeigt. Die Schönheit einer Frau wächst mit den Jahren.“ 28

Wie wahr. Wenn ich heute mein Givenchy-Parfüm L’Interdit trage, für das Audrey Hepburn das Gesicht war, trage ich es mit Stolz und denke nicht mehr wie einst an ihre Schönheit. Der Duft erinnert mich an eine großartige Frau, die Großartiges geleistet und unsere Welt ein Stück besser gemacht hat.

Eine Frau, die mutig war. So mutig, dass sie zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens das tat, woran sie glaubte. Die stets für ihre Überzeugung eintrat, ohne Rücksicht auf Verluste. Heute steht für mich der Name Audrey Hepburn für Freiheit, Mut und Unangepasstheit.

Ihr Parfüm lässt mich aber auch an unserer oberflächlichen Gesellschaft zweifeln. Wie kann es sein, dass eine Frau, die als Jugendliche ihr Leben riskierte, indem sie gegen die Nazis tanzte, und sich später weltweit aufopferungsvoll für das Wohl von Kindern einsetzte, nahezu ausschließlich für ihre Schönheit und Anmut im kollektiven Gedächtnis geblieben ist? Sollten das wirklich die Werte sein, die für uns Frauen zählen? Nach denen wir bewertet werden?

Notiz an uns selbst:

∞Was können wir tun, um die Welt ein Stück besser zu machen?

∞Ein Ehrenamt erzeugt Glück.

∞Die Schönheit einer Frau spiegelt sich in ihrem Mut wider.

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