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Kindsmütter im Einsatz

„Ich will, dass jedes Kind, Junge oder Mädchen, selbstständig wird. Kinder sollen erfahren: Man kann so viel Macht haben wie Pippi.“

Astrid Lindgren

Während meine imaginäre Tochter mit Barbie spielen darf, wird mir ein Spielzeug der Firma Zapf Creation AG niemals ins Haus kommen: Baby Born. Wem die Marke nichts sagt: Baby Born ist eine 43 cm große Puppe in der Gestalt eines Babys. Kostenfaktor: 44,90 Euro. Altersempfehlung: drei bis fünf Jahre.

In der Marketingsprache des Spielzeugherstellers liest sich das Spielvergnügen für kleine Mädchen wie folgt: „Die Baby Born Soft Touch Puppe begeistert mit der weichen Haut und den neun lebensechten Funktionen, die für ein authentisches Spielvergnügen sorgen. Puppeneltern können Baby Born mit dem speziellen Brei füttern, ihr die Flasche geben oder mit ihr in der Badewanne planschen. Wenn sie traurig ist, weint sie echte Puppentränen und kann auf Knopfdruck Pipi oder ‚das große Geschäft‘ in ihre Windel machen. Sobald sie auf den Rücken gelegt wird, schließt sie ihre blauen Augen zum Schlafen. Dabei hat sie am liebsten ihren glitzernden Schnuller im Mund.“ 43

Auf dem Werbeplakat ist ein vielleicht dreijähriges Mädchen abgebildet, das seine Baby Born aufs Töpfchen setzt. Auf dem nächsten Foto wird die Puppe von dem braunhaarigen Mädchen mit den zwei Zöpfen gewickelt. Es wird erwähnt, dass mit der Puppe auch der Geburtspass für die Kindsmutter geliefert wird.

Ich frage mich schon seit Längerem, wie es sein kann, dass Mädchen, die gerade erst über das Windelalter hinweg sind, Windeln wechseln wollen. Warum soll eine Dreijährige das Muttersein üben und einen Kindspass besitzen? Welche Fähigkeiten, Werte und Vorstellungen vermittelt Baby Born den Spielenden?

Gegen Baby Born hege ich persönlich eine ausgeprägt heftige Aggression, die vielleicht in diesem Ausmaß nicht ganz angemessen ist. Das gestehe ich. Doch ist es bewiesen, dass genderspezifisches Spielzeug die Problematik Schönheit = Glück nährt und verschlimmert.

Jemand, der sich über die unterschiedlichen Spielwelten für Jungen und Mädchen besonders echauffieren kann, ist Uta Brandes, Professorin für Gender und Design. Gegenüber dem Deutschlandfunk empört sie sich: „Das Schlimme ist, dass die Mädchenrollen darin passiv sind, nur auf Schönheit, auf sinnlose Tätigkeiten festgelegt, bestenfalls gehen die Mädchen in diesen Spielen mit ihrer Katze zum Tierarzt. Sie sind nie erwerbstätig. Sie müssen immer gerettet werden, als Prinzessin, aus irgendeiner misslichen Lage, aus der sie sich selbst nicht befreien können.“ 44

Als Genderforscherin untersucht Brandes den Zusammenhang von Gestaltung und Geschlecht. Typisches Mädchenspielzeug vermittle oft die Botschaft, es komme vor allem auf Schönheit und Hilfsbereitschaft an, so Brandes gegenüber dem Deutschlandfunk, während den Jungen signalisiert werde, sie müssten Helden, Retter und Kämpfer spielen.

Das ist so gefährlich, weil „es Rollen festlegt, die mit Hierarchie und mit Wertigkeit zu tun haben. Wir können schon feststellen, dass die Rollen, die mit typischer Weiblichkeit zu tun haben, das hat immer zu tun mit Dienen, Helfen, Pflegen, Heilen. Und die anderen, das sind die Tatkräftigen, die etwas in Schwung bringen. Jetzt könnte man sagen: Ja und, ist doch egal. Aber es ist eben gesellschaftlich sowohl finanziell als auch im Ansehen unterschiedlich bewertet.“ 45

Ich bin fest davon überzeugt, dass sich viele Frauen später nicht mehr als Schönheit zutrauen, weil ihnen von klein auf symbolisiert wird, wie wichtig das äußere Erscheinungsbild ist. Aber wenn wir den Glaubenssatz Schönheit = Glück durchbrechen wollen, müssen wir bei der Erziehung der heranwachsenden jungen Frauen ansetzen.

Fast alle von uns haben in irgendeiner Weise mit kleinen Mädchen zu tun. Ob als Mutter, Schwester, Tante, Cousine, Patin: Warum zum nächsten Geburtstag nicht mal ein Was ist Was-Buch über Raketen anstelle des rosafarbenen Puppenschlosses verschenken?

Meinen Traum für das Heranwachsen junger Mädchen hat die Anwältin Reshma Saujani in einem Interview mit dem Spiegel wie folgt formuliert: „Lasst die Mädchen sich schmutzig machen. Lasst sie sich die Knie aufschlagen. Lasst sie von Schaukeln fallen und ermutigt sie dazu, es danach einfach noch mal zu probieren. Und noch mal. Und noch mal. Lasst sie ihre Hände benutzen. Und Dinge bauen und sie wieder zerstören. Bringt ihnen bei, alles zu sagen, was sie wollen, ohne zu überlegen, ob sie es damit allen recht machen oder vielleicht jemandem zur Last fallen.“ 46

Notiz an uns selbst:

∞Für immer Baby Born hassen.

∞In der Jungenecke Geschenke für Mädchen einkaufen.

∞Kleinen Mädchen nicht immer sagen, wie hübsch sie seien.

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