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DROGEN IN DER SCHWANGERSCHAFT

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Es erübrigt sich wohl zu sagen, dass »harte Drogen« wie Kokain, Crystal Meth und Heroin dem ungeborenen Kind massiv schaden. Das gilt auch für THC, also Cannabis: Die Kinder können in ihrer Entwicklung verzögert sein, machen oft nach der Geburt einen Entzug durch und schreien exzessiv.

Aber was ist mit Zigaretten, Kaffee, Alkohol?

Rauchen in der Schwangerschaft ist gar keine gute Idee – hier sind sich die Forscher einmal völlig einig. Schwangere Frauen geben das Nikotin der Zigaretten direkt an den gerade wachsenden Fötus weiter, und das kann zu Fehlbildungen (unter anderem Klumpfüßen und Gaumenspalten), Aufmerksamkeitsdefiziten, Herzdefekten und frühzeitigem Tod der Kinder im ersten Lebensjahr führen. Die Kinder von rauchenden Müttern werden oft von der Plazenta nicht ausreichend versorgt, daher kommen die Babys mit einem geringen Geburtsgewicht zur Welt oder sogar als Frühchen. Rauchen während der Schwangerschaft und nach der Geburt ist außerdem der Risikofaktor Nummer eins für den plötzlichen Kindstod – es gibt keinen Schwellenwert, jede Zigarette konfrontiert das Kind im Mutterleib mit einem rapiden Sauerstoffabfall,45 zu Deutsch: dem Gefühl, ersticken zu müssen, und folglich mit massivem Stress. Daher gilt die Regel: Während der Schwangerschaft soll man nicht rauchen!

Beim Kaffee scheiden sich die Geister. Es heißt immer wieder, Kaffee erhöhe das Risiko einer Fehlgeburt, Frühgeburt oder eines Babys mit geringem Geburtsgewicht. Aber die Studienlage ist schwach. Möglicherweise ist vor allem sehr hoher Kaffeekonsum ein Problem. Eine amerikanische Umfragestudie kam zu dem Schluss, dass es etwa acht Tassen am Tag sein müssen, um das Fehlgeburtsrisiko wirklich zu erhöhen – wie groß die Tassen waren und welche Menge Koffein sie enthielten, haben die Autoren leider nicht eruiert, denn die Frauen wurden am Telefon lediglich gefragt: »Wie viele Tassen Kaffee trinken Sie am Tag?«, wodurch diese Erhebung eher unter die Rubrik »Nichts Genaues weiß man nicht« fällt …46

Eine große norwegische Studie aus dem Jahr 2013 befragte 60 000 Frauen und machte Schlagzeilen mit dem Ergebnis, dass schon zwei Tassen Kaffee am Tag (oder das Äquivalent an Koffein durch Softdrinks oder anderes) das Geburtsgewicht der Kinder verringern können – nicht viel, aber ausreichend, um eventuell später im Leben Probleme zu bereiten.47 Ob die aber wirklich an den zwei Tassen Kaffee lagen, konnte nicht bewiesen werden. Eine Studienauswertung von 2004 kam damals auch zu dem Schluss: Wir wissen nicht, ob Koffein das Fehlgeburtsrisiko erhöht, die Studien sind zu schlecht.48 Das ist auch nachvollziehbar, denn wer würde sich für eine Studie melden, in der man per Zufall in die Gruppe der »Acht-Tassen-pro-Tag-Schwangeren« einsortiert würde, um zu sehen, ob man eine Fehlgeburt hat, eine Frühgeburt oder ein zu kleines Baby zur Welt brächte? Wir können bei diesen Themen stets nur fragen und hoffen, dass die Leute die Wahrheit sagen, und dann sehen, was herauskommt.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt denn auch nicht – wie oft fälschlicherweise veröffentlicht –, sechs Tassen am Tag zu trinken, sondern sie rät Frauen mit einem Konsum von mehr als 300 Milligramm (also täglich drei Espresso oder anderthalb große Tassen starken Kaffees), ihre Koffeinaufnahme dringend zu senken, um kein Risiko für ihr Kind einzugehen.49

Vorsicht ist übrigens auch bei Energydrinks angezeigt: Eine Dose enthält meistens den in Deutschland zulässigen Höchstwert an Koffein für Erfrischungsgetränke, nämlich 32 Milligramm pro 100 Milliliter. Da sind wir mit einer Dose von 250 Millilitern bei etwa 80 Milligramm Koffein, ab mehr als drei Dosen pro Tag sollten Schwangere also laut WHO ihren Bedarf »überdenken«.

Auch Energydrinks sind im wörtlichen Sinne mit Vorsicht zu genießen. Eine Dose enthält meistens schon den zulässigen Höchstwert an Koffein für Erfrischungsgetränke

Und ein Gläschen Wein? Das »fetale Alkoholsyndrom« (FAS) ist in Deutschland eine der häufigsten angeborenen Erkrankungen und betrifft bis zu 10 000 Kinder pro Jahr. Alkoholkonsum in der Schwangerschaft ist die häufigste erklärbare Ursache für Entwicklungsverzögerungen im Kindesalter, und sie ist irreversibel – es gibt also keine Therapien!50

Wenn ein Fötus mit zu viel Alkohol konfrontiert wird, sind die Schäden enorm: Die Babys zeigen Essstörungen, motorische Unruhe und ausgeprägte Schlafstörungen, als Erwachsene werden diese Menschen oft falsch behandelt, sie leiden unter Depressionen, Angststörungen sowie Impulskontrollstörungen. Nur 10 Prozent von ihnen sind jemals in der Lage, ein selbstständiges Leben zu führen.51

Manche Frauen machen sich nun große Gedanken, weil sie Alkohol getrunken haben, als sie noch nichts von ihrer Schwangerschaft wussten. Das ist aber den Medizinern zufolge erst mal kein Problem. Der Körper verfährt in den ersten vierzehn Tagen nach der Befruchtung nach dem sogenannten Alles-oder-nichts-Prinzip. Das bedeutet, dass sich eine im frühen Stadium schwer geschädigte Eizelle nicht weiter teilt und sich nicht in die Gebärmutter einnistet. Sie wird meistens unbemerkt mit einer »verspäteten« Regelblutung vom Körper wieder abgestoßen.

Ist die befruchtete Eizelle gesund, so beginnt ihre Einnistung in der Gebärmutter am sechsten Tag nach der Empfängnis und ist am zehnten Tag endgültig abgeschlossen. Von jetzt an wird der Embryo über den Blutkreislauf der Mutter mit Nährstoffen versorgt. Das heißt, erst jetzt kommen auch Giftstoffe beim Kind an – oder schon jetzt. Wenn wir erst in der siebten Woche wissen, dass wir schwanger sind, sind das mehr als fünf Wochen, über die sich viele Frauen Gedanken machen. Aber nicht jeder Alkoholkonsum ist in gleichem Maße schädlich.

Es ist nicht bekannt, wie viel Alkohol man trinken darf und wann es gefährlich wird. Die Daten über das FAS stammen alle von Kindern, deren Mütter einen hohen chronischen Alkoholkonsum hatten. Als gesichert gilt dennoch, dass 30 Gramm Alkohol pro Tag zu einem milden FAS führen und bei 60 Gramm schwere Formen des FAS entstehen – das heißt: Ein Bier täglich kann das Kind bereits nachhaltig schädigen, ab einem Glas Rotwein regelmäßig am Abend ist der Schwellenwert zur »schweren« Form des FAS überschritten, behauptet die Deutsche Gesellschaft für Ernährung.52

Nach Zahlen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) trinkt in Deutschland jede fünfte Frau auch während der Schwangerschaft Alkohol, und acht von hundert Schwangeren trinken so viel, dass dies sogar bedenklich wäre, wenn sie nicht schwanger wären.53

In Deutschland trinkt jede fünfte Frau auch während der Schwangerschaft Alkohol, und 8 Prozent der Schwangeren trinken so viel, dass dies sogar bedenklich wäre, wenn sie nicht schwanger wären.

Die Wahrscheinlichkeit für riskanten Alkoholkonsum steigt übrigens mit einem hohen sozioökonomischen Status: Bis zu 30 Prozent der dieser Gruppe zugeordneten Frauen haben nach der DHS einen riskanten Konsum.54 Die DHS empfiehlt denn auch, Schwangere sollten schlicht nüchtern sein und bleiben: »Alle alkoholbedingten Folgeschäden bei Neugeborenen sind zu 100 Prozent vermeidbar!« Das kann man nicht von allen Behinderungen sagen. Es gibt zwar Studien, die behaupten, dass ein niedriger oder moderater Konsum unschädlich ist; aber was genau »moderat« und »sicher« ist, sagt einem niemand. Daher empfiehlt auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) null Promille.55

In Großbritannien sieht man das übrigens anders: Hier wird für moderates Trinken geworben statt für »null Toleranz«,56 und eine britische Studie unter mehr als 10 000 Kindern, die vom dritten Lebensmonat bis zum siebten Lebensjahr beobachtet wurden, ergab, dass die Kinder moderat trinkender Mütter nach Angaben ihrer Lehrer und nach Mathe-Tests keine Verhaltensprobleme zeigten. »Moderat« hieß in dieser Studie, dass die Mütter maximal den Alkoholgehalt von einem Glas Wodka oder einem halben Liter Bier pro Woche oder pro angegebenes Event tranken.57

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