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Geburtsvorbereitungskurs

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Geburtsvorbereitungskurse waren früher bei manchen Männern als »Hechelkurse« verschrien und standen eher nicht oben auf ihrer Liste. Das hat sich glücklicherweise geändert, denn wir wissen, dass die Geburt von Eltern positiver wahrgenommen und besser bewältigt wird, wenn der Vater an einem Vorbereitungskurs teilgenommen hat (am besten läuft es übrigens, wenn er zusätzlich noch einen speziellen Vätervorbereitungskurs macht). Wahrscheinlich liegt das auch daran, dass sich der Fokus der im Kurs behandelten Themen langsam verschiebt – von reinen Mütterthemen hin zu Themen, die die Väter bewegen. Während Geburtsvorbereitungskurse früher ausschließlich oder weitgehend für werdende Mütter gedacht waren und die Männer bestenfalls an einem oder zwei der Termine teilnehmen konnten, gibt es inzwischen Kurse, die komplett für Paare ausgelegt sind. Diese Kurse bieten meist einen Mix aus Paarterminen und getrennten Veranstaltungen.

Geburtsvorbereitungskurse werden in der Regel von Hebammen durchgeführt und auch von Geburtshäusern und Kliniken angeboten. Sie umfassen meist zwölf bis 14 Kursstunden, die in Einzel- oder Doppelstunden abgehalten werden. Der günstigste Zeitraum, mit einem Kurs zu beginnen, liegt zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche. Also ist jetzt ein guter Zeitpunkt, sich zu informieren und rechtzeitig zu buchen.

Aber brauchen wir denn so einen Kurs? Ja, braucht ihr! Eltern sind Amateure, die bei der Geburt quasi mit einem Formel-1-Boliden in ein Rennen auf Leben und Tod geschickt werden, und es ist verdammt gut, sich vorher mal mit den Regeln und der Strecke vertraut zu machen.

NOT-TO-DO-LISTE

 Abstand halten von Mutter und Babybauch.

 Die Liebe zum Kind erkennt man am Preis der Ausstattung.

 Arbeite hart, ernähre die Familie.

 Für unverheiratete Väter: Um Vaterschaftsanerkennung und Sorgerecht kümmere ich mich, wenn das Kind da ist.

Wissenschaftscheck

Rosarot und Himmelblau – was das Geschlecht wirklich macht

Jemand hat einmal zu Nicola gesagt, Mädchen mögen rosa, weil das die Farbe reifer Beeren sei, und Jungs mögen blau, weil der Himmel mit dieser Farbe »prächtiges Jagdwetter« anzeige. »Ah!«, dachte sie damals, »okay, das wäre möglich!« Natürlich ist das fröhlicher Unsinn – und hat nichts mit artgerechtem Leben zu tun.

So verlockend das klingt, diese Konzepte sind nicht nur falsch, sie sind auch sehr, sehr neu. Archäologische Funde zeigen uns, dass durchaus Männer mit Schmuck und Nähnadeln bestattet wurden, neben Frauen, die mit Waffen und Handwerkszeug im Grab liegen15. Wer war jetzt jagen und wer hat die Kittel geflickt? Im Paläolithikum dürften sich die Geschlechter je nach Klima, Nahrungsvorkommen und Gruppengröße sehr stark abgewechselt haben mit Jagen, Sammeln, Nähen, Kämpfen und Kinder hüten.

Und die Argumentation geht dann ja fröhlich den nächsten Schritt weiter, von der Farbe in die Geschlechterstereotype: Jungs sind wild, damit sie Jäger werden, Mädchen brav, damit sie später Kinder großziehen und Liedchen trällernd Waldbeeren sammeln.

Wissenschaftlich kann man sagen, dass Jungs sich tatsächlich an einigen Stellen anders entwickeln als Mädchen – obwohl niemand genau weiß, woran das liegt. Klar ist: Jungen sind vor allem empfindlicher, solange sie im Mutterbauch sind. Einer israelischen Langzeitstudie16 sowie einem großen Überblicksstudie zufolge17 hat ein männlicher Fötus eine um 70 Prozent höhere Gefahr für eine Frühgeburt, verursacht durch häufigere vorzeitige Wehen und einen vorzeitigen Blasensprung. Schwangere, die einen Jungen erwarten, bekommen eher Schwangerschaftsdiabetes und damit ein großes Baby, das zu weiteren Komplikationen unter der Geburt führen kann. Als Neugeborene sind Jungen häufiger krank und sie werden als Kleinkinder im Schnitt drei Monate später trocken als Mädchen. Sie brauchen oft viel Kontakt zu ihrer primären Bindungsperson und in diesem Fall viel Zeit und Einfühlsamkeit, um sich beispielsweise an eine neue Betreuungsperson zu binden.

Was heißt das für uns Eltern?

Wenn wir auf das Geschlecht unseres Kindes schauen, dann sollten wir vor allem dies wissen: Farben sind eine reine Frage des Geschmacks und Jungs sind keinesfalls das starke Geschlecht, sondern besonders im Mutterbauch, als Babys und als Kleinkinder empfindlich und empfindsam. Wir sollten allen Kindern, auch unseren Jungs, die Zeit zubilligen, die sie brauchen, um zu reifen und sich im Schutz unserer Fürsorge bestmöglich zu entwickeln.

Was ist mit intersexuellen Kindern?

Etwa eins von tausend Neugeborenen lässt sich keinem biologischen Geschlecht zuordnen und gilt damit als intersexuell. Hinter dem Begriff stehen sehr unterschiedliche biologische Phänomene, die einfach zu Varianten der Geschlechtsentwicklung jenseits von »männlich« und »weiblich« führen. Bis vor kurzem konnte man Kinder trotzdem nur als »Mädchen« oder »Junge« beim Standesamt anmelden – was Teil einer unguten Kaskade von Festlegungszwängen war, die oft damit endete, dass schon Neugeborene auf ein Geschlecht umoperiert wurden. Diese Praxis ist mittlerweile rechtswidrig: In Deutschland können Eltern seit der Neuregelung des Personenstandsgesetzes 2009 auch darauf verzichten, in die Geburtsurkunde das Geschlecht aufzunehmen (§ 59 Absatz 2 PStG). Und seit dem 22. Dezember 2018 muss das Standesamt auch den Geschlechtseintrag »divers« anbieten.

Betroffenenverbände fordern, dass intersexuelle Neugeborene weder zwangsoperiert werden noch Hormone bekommen. Je jünger die Kinder sind, wenn sie von Eltern und Medizinern auf ein Geschlecht festgelegt werden, desto größer die psychischen und körperlichen Schäden. Fachleute empfehlen daher zu warten, bis die Kinder sich selbst entscheiden können, welches Geschlecht sie wählen, oder ob sie bleiben, wie sie sind.

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