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Kirjat, Mandura, im Winter R. D. 18/19

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Der Abend war kalt, unangenehm feucht, dicke Wolken hingen tief über den Dächern Kirjats. Jurei war auf dem Weg in seine Unterkunft, die Hände in die Taschen gestopft, als er unerwartet Hauptmann Kev begegnete.

„Kommst du noch auf einen Schluck mit?“

Als hätte der Mann auf ihn gewartet. Jurei wollte nicht ablehnen, dazu kannten sie sich zu gut, hatte er zu viel Achtung und Respekt, er empfand sogar eine gewisse Zuneigung. Kev wohl auch für ihn, es war wechselseitig, Jurei ahnte, wusste, der alte Hauptmann konnte ihn gut leiden.

Also begleitete er ihn in das gar nicht so billige, schlichte und überraschend gemütliche kleine Lokal. „Nett hier.“

„Jepp, setz dich. Du warst hier noch nicht?“

„Glaub nich‘.“, Jurei lungerte sich in der abgeteilten Sitzecke auf die Bank, die Wand im Rücken. Ein großer, offener Kamin sorgte für angenehme Wärme und flackerndes Dämmerlicht in dem halbhohen, nur spärlich besuchten Raum.

Der Hauptmann nahm ihm schräg gegenüber Platz. „Auch ein Bier?“

„Gern.“

„Jurei, ich will dich nicht bedrängen ...“, begann der Mann, stockte dann aber und musterte ihn freundlich. „Hast du schon genauere Vorstellungen, Ideen, was du jetzt machen willst?“

„So was wie einen Plan?“, fragte er zurück. Bemühte sich, die Feindseligkeit aus seiner Stimme heraus zu halten. „Nee, hätte ich gern, nur ... Raus aus Mandura, ich möchte mal was anderes sehen, kennenlernen.“

„Da böten sich die Inseln an. Ihr habt doch geschäftliche Verbindungen.“

Ungeduldig schüttelte er den Kopf. „Unabhängig von meiner Familie. Ich möchte‘ vielleicht nach Osten, könnte endlich mal mein Kalimatan verbessern.“

„Könntest du“, stimmte ihm der Hauptmann widerwillig zu. „Du hättest ‘ne Menge Möglichkeit, bist ein kluger Kopf, nicht auf selbigen gefallen, und dass du Talent, viele Talente hast, muss ich dir nicht sagen.“

„Nee“, er lachte leise. „Habt Ihr ja oft genug, und ich weiß es inzwischen selbst.“

„Ich verrat‘ dir kein großes Geheimnis, wenn ich dir sage, dass etliche, nicht wenige deiner Kameraden, deiner Männer, sich nachdrücklich und ziemlich laut dafür eingesetzt haben, dass du zum Hauptmann befördert wirst.“

Das. überraschte Jurei nicht, ließ ihn jedoch verhalten grinsen. „Ehrlich?“

Das Bier wurde gebracht, die Bedienung war ihm leider unbekannt. Lohnte jetzt eh nicht mehr, in ein paar Tagen war er fort. Obwohl, die junge Frau war ausgesprochen hübsch, wie von allein lächelte er ihr zu.

„Vielleicht überlegst du es dir ja noch einmal. Und der Rang ist nicht an die Einheit, sprich die Grenztruppen gebunden. Wie du sicherlich weißt.“

„Aye“, er hatte nie daran gedacht, jemals ernsthaft darüber nachgedacht. Dann war er jetzt ... „Aber ich bin raus.“

„Muss ja nicht. Wenn du mich fragst, fragtest“, betonte Kev, verzog das Gesicht. „Nimm den Hauptmann, nimm dir ein paar Monate, meinetwegen auch ein halbes Jahr, um dich im Osten umzusehen, und dann komm zurück.“

„Zu Euch?“, scherzte er bitter, verbesserte sich halbherzig. „Den Grenzern?“

Doch der alte Hauptmann, Kev sah nicht nach Scherzen aus. „Junge, ich bin nicht der Mann, dir kluge Ratschläge zu erteilen oder dir zu sagen, was du tun sollst. Du hast selbst ein gutes Gespür dafür, was richtig ist und was falsch.“

„Aber?“

„Verrenn‘ dich nicht in irgendwelche dummen, unsäglichen Rachefantasien, das ist ... Lass es.“

Aber was blieb ihm dann noch, ein vages Versprechen auf den Hauptmannsrang, ein Haufen warmer, bestimmt sehr ernst gemeinter Worte und ... sein blödes Schwert? Er griff zum Becher, nahm einen großen Schluck, um den Kloß im Hals los zu werden.

Das Bier schmeckte gut, nussig-würzig, und er war es so leid, sein Gejammer, das ständige Hinterfragen, die Grübelei. Begegnete einmal mehr dem Blick der hübschen Bedienung, ihr Lächeln eine Bestätigung, wie eine Aufforderung.

„Sie heißt Corinne“, murmelte Kev. „Falls du...“

Jurei nickte nur, er hatte wirklich genug geredet.

Mein Bruder

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