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Westliches Mandura, im Frühling R. D. 19

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Der helle Mond, der zwischen den dicken Wolken hervorlugte, sollte Enisa etwas sagen, sie an etwas erinnern, nur wusste sie beim besten Willen nicht, was. Das Wetter hatte gewechselt, war ein wenig milder geworden, regnete und stürmte aber ohne Unterlass. Wenigstens kein Frost mehr, kalt war es trotzdem. Ihr, Enisa sehnte sich nach Wärme, dem Sommer, sehnte sich nach ihrem Bruder, jeden Tag mehr, dachte ständig, viel zu oft ... Sie sollte das nicht.

„Muss ja ein ganz besonderer Mensch sein.“ Der Mann sah nicht einmal zu ihr, nur ganz kurz.

„Wer?“

„Der, an den du immer denkst“, er lächelte, als hätte er einen Scherz gemacht. „Dein Bruder.“

„Ja“, gestand sie, überrascht, aber worüber? Das Ende ihres Widerstands oder sein Erkennen?

Jedenfalls lächelte er sie noch immer an, freundlich, richtig interessiert. „Vielleicht magst du mir ein wenig von ihm erzählen?“

Und obwohl sie, fast reflexhaft, den Kopf schüttelte, ertappte sie sich dabei, wie sie von Jurei erzählte, ihrem Halbbruder. Keine großen, großartigen Geschichten, kleine, banale Episoden und Erlebnisse. Dass er nicht so viel älter sei als sie, keine anderthalb Jahre. Dass sie immer mit ihm reden konnte und sie sich gut, richtig gut verstanden. Was für ein Schock es gewesen war, als er dann so plötzlich weg war, zuerst ja nur nach Kirjat. Ihr Gefühl des Verlustes, da er so völlig aus ihrem Alltag verschwand.

„Warum jetzt? Dein Aufbruch, oder deine Suche?“

„Es gibt nicht den einen Grund, Anlass. Eher ... ein wachsendes, immer drängender werdendes Gefühl“ Sie biss sich auf die Lippen, wandte aber nicht den Blick ab. „... der Gefahr. Ich muss zu ihm.“

„Ihn warnen?“

„Nein.“ Dazu war es längst zu spät. „Ihm helfen.“

„Lass mich raten, mal eine Vermutung aussprechen: Er is‘ ... du willst gar nicht nach Samala Elis.“

Unmerklich schüttelte sie den Kopf und kämpfte gegen die Tränen an, sie wollte nicht weinen.

„Mädchen ...“ Der Mann legte den Arm fest um ihre Schultern, zog sie an sich.

Mein Bruder

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