Читать книгу Wir wollen unsere Zukunft zurück! - Nina Horaczek - Страница 7

Vorwort

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Unser Buch richtet sich an alle Menschen, die über den aktuellen Zustand der Umwelt/Mitwelt besorgt sind und auch darüber, welche schrecklichen Entwicklungen in den nächsten Jahrzehnten drohen. Unser Buch richtet sich an Menschen, die darüber besorgt sind, wie die Gesellschaft immer mehr auseinanderdriftet, und die es als Skandal empfinden, dass ein Prozent der Bevölkerung gut vierzig Prozent des Vermögens kontrolliert. Dieses Buch wurde für all jene geschrieben, die über den aktuellen Zustand der Parteiendemokratie besorgt sind und denen eine Neubelebung der Demokratie ein Anliegen ist. Unser Buch richtet sich an die vielen Menschen, die mit ihrem Engagement beherzt und mutig jeden Tag daran arbeiten, eine Antwort auf die von uns geschilderten Probleme auf diesem Planeten zu finden. Unser Buch richtet sich an Personen, die verstanden haben, dass es notwendig ist, ihren Lebensstil zu ändern. An die vielen, vielen auf der Welt, die den Traum von einer besseren Welt für alle nicht aufgegeben haben.

Unser Buch richtet sich an all diese Personen. Aktuell bilden diese Menschen eine Minderheit. Aber sie sind eine beeindruckend große Minderheit. Sie handeln, wenn man ihre Ziele betrachtet, für eine überwältigende Mehrheit in der Gesellschaft, denn die Mehrheit der Bevölkerung weltweit will keine Zerstörung der Umwelt, weder für sich noch für ihre Kinder und Enkelkinder. Die Mehrheit der Bevölkerung weltweit will keine extreme Ungleichheit, weder im Vermögen noch im Einkommen und auch nicht in den Chancen. Aber diese Mehrheit im Wollen findet in den Taten der politischen Eliten keinen Widerhall. Ihre berechtigten Forderungen werden im aktuellen politischen Prozess nicht umgesetzt – und zwar seit Jahrzehnten. Warum ist das so?

Dieses Buch möchte dafür eine Erklärung liefern und gleichzeitig eine Perspektive bieten. Um verstehen zu können, wie wir als Gesellschaft so weit kommen konnten, muss man die Geschichte des Neoliberalismus verstehen, die wir im ersten Kapitel sehr gerafft darstellen, ergänzt durch eine theoretische Interpretation in Kapitel zwei. Diese Geschichte ist nicht neu. Neu ist der Aspekt, den wir hier betonen: Der Neoliberalismus muss verstanden werden als Projekt eines systematischen Abbaus der politischen Phantasie und die Geschichte des Neoliberalismus als Geschichte des fortschreitenden Verlusts von politischem Gestaltungswillen.

Warum fokussieren wir uns in diesem Buch so sehr auf die Phantasie, wo es doch die Machtfrage ist, die Politik entscheidet? Wir sind nicht naiv und wissen, dass Politik stets Abbild herrschender Machtverhältnisse ist und letztlich immer die Machtfrage zu stellen ist. Aber wir haben bewusst einen anderen Fokus gewählt, weil wir ihn in der aktuellen Lage als wichtig und zu wenig beachtet ansehen. Denn am Anfang jeder Bewegung, jeder neuen und großen Entwicklung in der Geschichte stand eine Vision, eine Utopie, ein Bild. Nur wer über eine Vision einer besseren Zukunft verfügt, weiß, wohin er oder sie die eigene Energie zu richten hat, wofür es Bündnisse zu schmieden gilt, und besitzt den Mut und die Hoffnung, die einen auch lange Durststrecken ertragen lassen.

Diese Form der Selbstermächtigung gilt es wieder zu entdecken und zu erwecken. Denn auch die (Wieder-)Entdeckung der eigenen visionären Möglichkeiten und des eigenen Gestaltungswillens ist eine Form von Macht. Sie ist nicht die Macht, die die Machtfrage stellen kann, aber sie ist jene Macht, die Vorbedingungen schafft, dass diese tatsächlich gestellt werden kann.

Der Verlust der politischen Phantasie, der in den letzten Jahrzehnten schleichend um sich gegriffen hat (davon handeln die Kapitel 2 und 3), ist kein natürlicher oder selbstverständlicher Prozess. Er basiert auch auf einer Umdeutung dessen, was den Menschen als Fähigkeiten zugesprochen wurde. Dazu gilt es, einen dezidierten Gegenstandpunkt einzunehmen. Es geht um das Bild des Menschen, den wir im Kapitel 4 als imaginativen und gestaltenden Menschen beschreiben. Dieses Menschenbild will alle Menschen selbstermächtigen, nicht nur Eliten, die glauben, das Recht, die Welt zu verändern, stünde nur ihnen zu. Denn jede und jeder ist imaginativ. Jede und jeder macht die ganze Zeit Simulationen, bewegt sich in einem imaginativen Raum und entwickelt immer Bilder der Zukunft. Im Alltag wird das in einer großen Selbstverständlichkeit gelebt, auch im Alltag der Wirtschaft. Diese Selbstverständlichkeit gilt es in Zukunft auf der Ebene der Gesellschaft, der Politik und der Wirtschaft zu aktivieren und gezielt einzusetzen.

In dieser neuen Selbstverständlichkeit soll der Spieß umgedreht werden. Nicht diejenigen, die politische Visionen hegen, haben sich zu verantworten (nach dem Motto »Wer Visionen hat, braucht einen Arzt«), sondern die Mächtigen in Politik und Wirtschaft haben Rechenschaft abzulegen, warum sie keine positiven Vorstellungen über die Welt in ein, zwei, drei, vielen Jahrzehnten besitzen, und warum sie so wenig tun, damit noch in diesem Jahrzehnt, das heißt ungeheuer schnell, eine sozialökologische Transformation tatsächlich zustande kommen kann.

Dieser klare Blick auf die Politik ist kein Politik-Bashing. Wir sind keine Wutbürgerinnen und Wutbürger. Wir verstehen den Zorn, wollen aber unsere Energie nicht damit vergeuden. Unser kritischer Blick auf die neoliberale Politik ist keine Kritik von Politik generell und die Kritik der aktuellen Parteiendemokratie ist keine Kritik der Demokratie. Es geht um eine neue, partizipativere Politik und um eine Redemokratisierung der Gesellschaft. Das Ziel ist nicht eine Abwendung von der Politik, sondern ein neuer Schritt zu einer besseren Politik. Nicht von oben, sondern von unten.

Wir wollen unsere Zukunft zurück!

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