Читать книгу Sturm und Drang - Oliver Müller - Страница 7
Norbert Christian Wolf Heinrich Christian Boies Göttinger Musenalmanach und Johann Heinrich Mercks Frankfurter gelehrte Anzeigen. Medienkämpfe im literarischen Feld des Sturm und Drang Medienhistorische Vorbemerkung
ОглавлениеDie wichtige Rolle von Periodika im Rahmen des ‚Kommunikationsprozesses‘1 der Aufklärung ist unbestritten: Dass die Zeitschrift ein genuines „Medium der Aufklärung“,2 ja „der wichtigste Popularisator aufklärerischen Denkens“3 überhaupt war, gilt mittlerweile als ausgemacht. Dieser Befund erstreckt sich auf die Periode des Sturm und Drang, der seit geraumer Zeit auch als ‚Jugendbewegung‘ bzw. als generationell definierte Binnenströmung innerhalb der späteren deutschen Aufklärung verstanden wird.4 Bezieht man die Ergebnisse der kommunikationsgeschichtlichen Forschung auf die Erkenntnisse der neueren Sozialwissenschaften, so präsentiert sich die aufklärerische ‚Kommunikation‘ im literarischen Feld als durchaus auch konfliktuöse Angelegenheit, die nicht bloß einer befriedeten Selbstverständigung gleichberechtigter Bürger diente, sondern im Gegenteil einen zum Teil erbittert geführten öffentlichen Wettstreit um die besseren Ideen, Konzepte und Taktiken hervorbrachte. Mit Blick insbesondere auf das literarische Feld der Moderne stellt der Kultursoziologe Pierre Bourdieu zu solchen feldkonstitutiven Auseinandersetzungen fest: „Die Schriftsteller und Künstler entgegengesetzter Lager können im Grenzfall nichts miteinander gemein haben als ihre Teilnahme am Kampf um die Durchsetzung entgegengesetzter Definitionen der literarischen oder künstlerischen Produktion.“5 Dies gilt bereits für das europäische 18. Jahrhundert, in dem über die ‚angemessene‘ Vorstellung von Dichtung und Literatur so heftig wie niemals zuvor und selten danach gestritten wurde. Im gegenwärtigen Zusammenhang geht es freilich nicht nur um Auseinandersetzungen zwischen personalen Akteuren, sondern auch zwischen unterschiedlichen Publikationsorganen und damit zwischen konkurrierenden Konsekrationsinstanzen. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei im Folgenden dem genauen Wortlaut der angeführten Zitate, weil diese nicht allein als Träger von Vorstellungen fungierten, die auch jenseits ihres sprachlichen Ausdrucks existierten, vielmehr selbst distinktive Einsätze bzw. ‚Spielzüge‘ der historischen Auseinandersetzungen im literarischen Feld darstellten.