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Vorbemerkung zu §§ 29–34

I. Regelungsgegenstand

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Regelungsgegenstand der §§ 29–34 ist, den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers, gegen deren Willen eine Verschmelzung erfolgt, unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zu eröffnen, gegen eine angemessene Barabfindung aus dem übernehmenden Rechtsträger auszuscheiden. Das Gesetz trägt so dem verfassungsrechtlich gebotenen Minderheitenschutz Rechnung. Die angemessene Barabfindung rechtfertigt, als gesetzlich garantierte Entschädigung die vom UmwG eröffnete Möglichkeit, dass die überstimmten Anteilsinhaber gegen ihren Willen eigene Rechts- bzw. Vermögenspositionen verlieren.

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Rechtstechnisch legt § 29 dem übernehmenden Rechtsträger die Verpflichtung auf, ein Barabfindungsangebot in den Verschmelzungsvertrag oder seinen Entwurf aufzunehmen. Das Angebot richtet sich an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers, die dem Verschmelzungsbeschluss widersprechen und muss eine der Höhe nach angemessene Barabfindung enthalten (§ 30). Die widersprechenden Anteilsinhaber können das Angebot gem § 31 innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Eintragung der Verschmelzung oder Rechtskraft der Entscheidung über die Höhe der Barabfindung im Spruchverfahren (§ 34) annehmen. Nimmt ein Anteilsinhaber das Angebot an, ist der übernehmende Rechtsträger zum Erwerb seiner eigenen Anteile gegen Zahlung der Barabfindung verpflichtet. Die dem Kapitalschutz dienenden gesellschaftsrechtlichen Einschränkungen in § 71 Abs 4 S 2 AktG und § 33 Abs 2 S 3 2. HS 1. Alt GmbHG für den Erwerb eigener Anteile bei der AG und GmbH finden insoweit keine Anwendung (keine Nichtigkeit des schuldrechtlichen Erwerbsgeschäfts). Sofern die Rechtsform einen Erwerb der eigenen Anteile nicht gestattet, scheidet der Anteilsinhaber gegen Barabfindung aus dem übernehmenden Rechtsträger aus.

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Die Möglichkeit, nach der Verschmelzung die Anteile am übernehmenden Rechtsträger gegen eine Barabfindung aufzugeben, eröffnet das Gesetz für drei Arten von Verschmelzungsvorgängen:

die sog Mischverschmelzung, bei der ein Rechtsträger auf einen Rechtsträger anderer Rechtsform verschmolzen wird (§ 29 Abs 1 S 1 1. HS);
die Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine nicht börsennotierte AG (§ 29 Abs 1 S 1 2. HS);
Verschmelzungen, bei denen die Anteile des übernehmenden Rechtsträgers Verfügungsbeschränkungen unterworfen sind (§ 29 Abs 1 S 2).

II. Aufbau der §§ 29–34

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§ 29 enthält die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der übernehmende Rechtsträger zur Abgabe eines Angebots auf Barabfindung verpflichtet ist. § 31 regelt die Bedingungen für die Annahme durch den Anteilsinhaber, insbes die gesetzliche Annahmefrist von zwei Monaten. § 30 bestimmt, wie der Inhalt des Angebots, dh die angemessene Höhe der Barabfindung zu ermitteln ist. Die §§ 32, 34 beschränken den Rechtsschutz des Anteilsinhabers hinsichtlich der Barabfindung auf das Spruchverfahren, in dem nur überprüft wird, ob der übernehmende Rechtsträger eine angemessene Barabfindung angeboten hat; eine Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss ist insoweit ausgeschlossen. § 33 erleichtert dem Anteilsinhaber die Möglichkeit, in der Zeit zwischen Fassung des Verschmelzungsbeschlusses und Ablauf der zweimonatigen Annahmefrist seine Anteile anderweitig zu veräußern.

III. Funktion

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Die §§ 29–34 dienen dem Minderheitenschutz sowie dem Interessenausgleich zwischen der Mehrheit der Anteilsinhaber, die für die Verschmelzung gestimmt haben, und der überstimmten Minderheit, deren Rechts- und Vermögensposition gegen ihren Willen untergeht. Dazu sichert das Gesetz den Anteilsinhabern, die der Verschmelzung in den Fällen des § 29 Abs 1 S 1 oder 2 widersprechen, die Möglichkeit, den Vermögenswert ihrer Anteile in Form einer angemessenen Barabfindung zu realisieren. Diese Schutzfunktion gibt den §§ 29–34 zwingenden Charakter. Ein Abweichen ist grds unzulässig (vgl § 1 Abs 3; OLG Karlsruhe ZIP 2003, 78), außer die betroffenen Anteilsinhaber haben wirksam auf ein Barabfindungsangebot verzichtet.

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften

1. Allgemeine Vorschriften zur Verschmelzung

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Die §§ 29–34 sind Teil der allg Vorschriften zur Verschmelzung (§§ 2–38). Die Barabfindung ist bei den Vorschriften zur Verschmelzung durch Aufnahme geregelt. Für die Verschmelzung durch Neugründung finden die §§ 19–34 ebenfalls Anwendung (§ 36 Abs 1 S 1). Keine entspr Anwendung finden die §§ 29–34 bei der übertragenden Auflösung, dh der Übertragung des Vermögens auf den Mehrheitsgesellschafter und Auflösung der Gesellschaft aufgrund eines entspr Gesellschafterbeschluss (BayObLG ZIP 1998, 2002). In solchen Fällen ist der Gesellschafterbeschluss an sich anzugreifen.

2. Besondere Vorschriften zur Verschmelzung

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Bei der Verschmelzung unter Beteiligung einer PersHandelsGes können persönlich haftende Gesellschafter statt der Barabfindung gem § 43 Abs 2 S 3 in die Stellung eines beschränkt haftenden Gesellschafters wechseln.

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Gem § 78 S 4 liegt kein Fall einer Mischverschmelzung iSd § 29 Abs 1 S 1 1. HS vor, sofern an der Verschmelzung eine AG und eine KGaA beteiligt sind.

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Ist der übertragende Rechtsträger eine Genossenschaft, verdrängen die Regelungen zur Ausschlagung und Auseinandersetzung in den §§ 90 ff das Recht auf Barabfindung (vgl § 90 Abs 1).

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Bei der Übertragung eines gemeinnützigen Vereins ist die Barabfindung gem § 104a ausgeschlossen.

3. Andere Umwandlungsvorgänge

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Für die Spaltung ordnet § 125 die Anwendung der §§ 29 ff an.

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In den Vorschriften zur Umw durch Vermögensübertragung wird vielfach auf die Regelungen zur Verschmelzung oder auf einzelne Vorschriften der §§ 29–34 Bezug genommen.

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Die allg Vorschriften zur Umw durch Formwechsel enthalten ebenfalls eine Regelung der Barabfindung in §§ 207–212, die teilw auf die §§ 29 ff verweist.

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