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Mauertechniken

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Am Anfang der antiken Mauertechniken stehen schlichte Wände aus Holz und Flechtwerk (□ 27). Im 8. Jh. v. Chr. dominierten luftgetrocknete Lehmziegelmauern mit hölzernen Verstärkungselementen (□ 28); die in der Folgezeit vor allem im Bereich der öffentlichen Architektur weitgehend von steinernen Mauern abgelöst wurden. Bei letzteren muss generell zwischen massiven Vollsteinmauern (□ 29) und mit Bruchsteinen/Erde aufgefüllten Schalenmauern (□ 30) differenziert werden. Ein weiteres Unterscheidungskriterium ist die Form der hierbei verwendeten Steine: Findlinge bzw. Bruchsteine mit natürlich belassenen oder geglätteten polygonalen Kanten sind von quaderförmig zugehauenen Steinen grundsätzlich zu unterscheiden. Bei den sog. Polygonalmauern (□ 31) wurde darauf geachtet, dass die hierzu verwendeten Steine trotz ihrer Mehrkantigkeit nahezu fugenlos aufeinander passten. Mit derselben Sorgfalt fügte man die Quadermauern zusammen, bei denen die Blöcke allerdings gleichmäßig rechteckig bearbeitet waren (□ 32). Bei einem sog. Leitermauerwerk (□ 33) gab es dagegen Zwischenräume, die durch kleine flache Steine horizontal gefüllt werden mussten. Ähnlich wie Quadermauern waren auch die gemauerten Wände aus gebrannten Tonziegeln, eine griechische Erfindung des späten 4. Jhs. v. Chr., konstruiert, deren innere Festigkeit die verbindende Mörtelmasse garantierte. Bei den steinernen mehr-, d.h. meist zweireihigen Quadermauern wechselten sich dagegen sog. Läufer (= ein längs zur Wandrichtung verlaufender Quaderstein) und Binder (= ein quer zur Wandrichtung verlaufender Quaderstein) ab (□ 34), um die einzelnen Reihen fest miteinander zu verzahnen. Mauern aus gleich großen Steinen bezeichnet man als isodom (□ 35), solche, bei denen die einzelnen Lagen unterschiedlich groß sind, als pseudoisodom (□ 36).


□ 25 Netzfundament des Zeusaltars von Pergamon, 2. Jh. v. Chr.


□ 26 Fundament des augusteischen Dioskurentempels auf dem Forum Romanum, Rom


□ 27 Flechtmauerwerk


□ 28 Lehmziegelmauerwerk mit Holzverstärkung


□ 29 Republikanische Vollsteinmauer vom Aventin in Rom


□ 30 Schalenmauer mit Bruchsteinverfüllung


□ 31 Polygonalmauer des hellenistischen (Ende 3. Jh. v. Chr.) Hafentores von Oiniadai


□ 32 Quadermauerwerk des hellenistischen (3. Jh. v. Chr.) Stadttores von Herakleia in Karien


□ 33 Leitermauerwerk


□ 34 Binder und Läufer


□ 35 Isodomes Quadermauerwerk


□ 36 Pseudo-isodomes Quadermauerwerk


□ 37 Opus quadratum

In der römischen Welt waren die beschriebenen Mauerarten ebenfalls bekannt. Mauern aus regelmäßigen quaderförmigen Blöcken werden mit einem lateinischen Fachbegriff als opus quadratum bezeichnet (□ 37). Mit der Erfindung des römischen Betons im 3. Jh. v. Chr., der aus einem Gemisch von kleineren Bruchsteinen, Sand, Wasser und gebrannten Kalksteinen bestand, setzte man jedoch vorwiegend auf ein gegossenes Schalenmauerwerk, dessen Außenseiten in der Regel in spezifischer Weise verkleidet waren. Zu den einfachsten Formen zählte ein grober Anstrich oder Rohverputz (□ 38). Aufwändiger waren Stuckaturen und Malereien, die jedoch eher bei der Dekoration von Innenraumwandflächen (s. dort) Verwendung fanden. Es gab aber auch Ausnahmen. Eine besonders luxuriöse Form stellte die sog. Inkrustation dar. Je nach Geldbeutel wurden die Gussmauerwände mit geschliffenen Platten entweder aus Kalkstein (Travertin etc.) oder kostbareren Steinsorten wie den diversen (Bunt-) Marmoren sowie anderen Gesteinen (Alabaster, Porphyr etc.) verkleidet (□ 39). Die Platten waren dem tragenden Mauerwerk nicht einfach vorgeblendet, sondern meist mit diesem fest verdübelt. Noch heute sind diese Dübellöcher in den ansonsten ihres Schmucks beraubten römischen Zementwänden gut zu erkennen. Am verbreitetsten ist eine Art Klinkertechnik gewesen. Hierbei wurden die Gusswände mit einer Schicht Mörtel überzogen, in die die Maurer Tuff- und/oder Ziegelsteine drückten. Diese konnten unterschiedlich geformt sein und bildeten zusammen ein charakteristisches Muster. Horizontale Ziegellagen wechselten sich mit netz-, rauten- oder rhombenförmig gesetzten Tuff-/Ziegelsteinen ab. Nach Art der Setzung sind folgende Mauertypen zu unterscheiden, wobei in der Forschung umstritten ist, inwiefern hierbei tatsächlich von einer linearen chronologischen Entwicklungsreihe gesprochen werden kann. Nach traditioneller Auffassung beginnt die Reihe im frühen 2. Jh. v. Chr. mit dem unregelmäßigen opus incertum (□ 40). Es folgen im letzten Viertel des 2. Jhs. v. Chr. das bereits regelmäßiger gesetzte opus quasi-reticulatum (□ 41), welches im ersten Viertel des 1. Jhs. v. Chr. dann vom opus reticulatum (□ 42) mit seinem charakteristischen gleichmäßigen Netzmuster abgelöst wird. Ab dem 1. Jh. n. Chr. (Zeit des Kaisers Tiberius) werden bis zum Ende der Antike, so vor allem in der Spätantike, immer mehr Gebäude aus Ziegelsteinmauern errichtet, dem opus latericium bzw. testaceum Abb 43). Von flavischer bis in antoninischer Zeit war zudem eine opus mixtum genannte Mischtechnik in Gebrauch, bei dem das leicht rissig werdende Netzmauerwerk durch waagerechte Schichten aus Ziegeln verstärkt wurde (□ 44). Für Bauwerke des 4. Jhs. n. Chr. ist das opus vittatum (□ 45) charakteristisch. Bei diesem Schalenmauerwerk sind abwechselnde Schichten aus Ziegelsteinen und Tuffquadern miteinander kombiniert.


□ 38 Opus-Caementitium-Wand mit Verputzschichten


□ 39 Wand mit gemalter/stuckierter Inkrustation

Viele der florierenden Ziegelwerkstätten waren in der Kaiserzeit wie die meisten Marmorsteinbrüche spätestens seit dem fortgeschrittenen 2. Jh. n. Chr. in kaiserlicher Hand. Zudem ist eine große Zahl römischer Ziegeleien auf das Engste mit dem Militär verbunden gewesen, wie die zahlreichen Ziegelstempel mit Legionsangabe zeigen. Andere Stempel nennen den Produktionsort und den Besitzer der Ziegelei, in Rom selbst, vor allem während des 2. Jhs. n. Chr. (von ca. 123–164 n. Chr.), zusätzlich auch die Namen der amtierenden Konsuln. Zudem veränderte sich die Form der Stempel signifikant (□ 46). Die ersten Ziegelstempel stammen aus dem 1. Jh. n. Chr. und waren länglich. In der flavischen Epoche lassen sich die ersten sichelförmigen Stempel nachweisen. Bis zur Regierungszeit des Caracalla schloss sich die Sichel immer mehr, bis die Stempelform schließlich komplett rund war. Aus all dem lassen sich nicht nur Rückschlüsse auf die Datierung einzelner Bauwerke ziehen, sondern auch auf die gesamte Sozioökonomie des kaiserzeitlichen Baubetriebs.


□ 40 Opus incertum


□ 41 Opus quasi reticulatum


□ 42 Opus reticulatum


□ 43 Opus latericium/testaceum


□ 44 Opus mixtum


□ 45 Opus vittatum


□ 46 Entwicklung der römischen Ziegelstempelformen

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