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Die Geschichte der antiken Baukunst ist in erster Linie eine Geschichte der auf uns gekommenen Ruinen. Da die antike Fachschriftstellerei zu diesem Thema bis auf eine Ausnahme die Zeiten nicht überdauert hat, sind es in der Hauptsache die Reste der Bauwerke selbst, aus deren Studium heraus sich eine Vorstellung von der historischen Entwicklung der griechischen und römischen Architektur erarbeiten lässt. Der Verlust wichtiger Kommentarwerke wiegt umso schwerer, als die durch nachantike Abschriften erhalten gebliebenen zehn Bücher über die Architektur (lat. de architectura libri decem) des zur Zeit des Kaisers Augustus schreibenden Architekten und Ingenieurs Vitruvius erkennen lassen, was die antiken Fachleute einst an Spezialwissen mitzuteilen hatten. Nicht minder beklagenswert ist das weitgehende Fehlen antiker Reiseberichte und kunsthistorischer Beschreibungen wichtiger Heiligtümer sowie Städte. Hiervon liegt allein die ebenfalls in zehn Büchern gegliederte Beschreibung Griechenlands (gr. hellados periegesis) des zur Zeit der Antonine lebenden Griechen Pausanias auch heute noch vor. Den beiden genannten Werken verdanken wir sowohl wichtige Einsichten in die praktische Seite des antiken, vor allem römischen Bauhandwerks (Vitruvius) als auch kunsthistorisch relevante Informationen (Pausanias) zu prominenten Bauzeugnissen der griechischen Welt. Vitruvs Abhandlung genießt seit ihrer Wiederentdeckung in der Renaissance allerdings eine Wertschätzung, die ihr in der Antike sicherlich nicht zukam. So war der Verfasser nicht nur ein letztlich unbedeutender Architekt, der offenbar kaum öffentliche Aufträge hatte. Zudem schöpfte er auch als Fachschriftsteller viel aus älteren Quellen. Dass diese Fachkommentare weitaus prominenterer antiker Architekten, die in der Regel aus Griechenland stammten, in den mittelalterlich-klösterlichen Schreibstuben nicht weiter tradiert wurden, ist neben dem Zufall der Überlieferung sicherlich auch der mangelnden Kenntnis der griechischen Sprache in den westlichen nachantiken Zivilisationen geschuldet. Weitere bedeutende Quellen sind Bauinschriften, zumeist Widmungsinschriften der Auftraggeber (□ 1), steinerne Abrechnungsurkunden, hauptsächlich aus der Kaiserzeit stammende Münzbilder mit Architekturdarstellungen (□ 2) sowie gelegentliche Abbildungen von Bauwerken in anderen Bildmedien (□ 3). Für die Stadt Rom besitzen wir zudem zahlreiche Fragmente eines aus severischer Zeit stammenden marmornen Stadtplans, die forma urbis romae, die uns zahlreiche Grundrisse bedeutender stadtrömischer Großbauten überliefert (□ 4). Die aus diesen Quellen geschöpften Erkenntnisse zu äußerer Gestalt, Bauschmuck und Innenausstattung sowie Anlässen, Auftraggebern, Architekten und Funktionen einzelner Bauwerke stellen eine Basis für die Beurteilung der zahllosen Baureste aus der Antike dar, bei denen zusätzliche antike Zeugnisse fehlen.


□ 1 Dedikationsinschrift des Ehrenbogens für Kaiser Tiberius in Orange


□ 2 Hadrianisches Münzbild mit dem Tempel des Divus lulius (Forum Romanum)


□ 3 Staatsrelief (sog. Extispiciumrelief), Paris, Louvre, traianisch


□ 4 Fragment der Forma Urbis Romae (Teil der Region Circus Flaminius)

Handbuch der antiken Architektur

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