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Das antike Bauhandwerk hatte bis zum Ende des Römischen Reichs, die bronzezeitlichen Hochkulturen Kretas und des mykenischen Griechenlands nicht miteingerechnet, bereits eine gut 1500 Jahre dauernde Entwicklungsgeschichte vorzuweisen, in deren Verlauf wichtige theoretische Erkenntniszuwächse sowie praktisch-technische Erfindungen die Baukunst sicherlich mehr als nur einmal revolutionierten. Eine wichtige Rolle spielten hierbei Veränderungen im Bereich der Werkzeuge und damit verbunden der bearbeitbaren Werkstoffe. Den Anfang machten am Beginn der dunklen Jahrhunderte (engl. Dark Ages), die auf die minoische und mykenische Hochkultur des bronzezeitlichen Griechenlands folgten, bescheidene hüttenförmige Architekturen (□ 5), deren tragende Konstruktion zumeist aus Holz war und die in der Regel Wände sowie Dächer aus Binsengeflecht und/oder Lehmziegel aufwiesen und damit einen deutlichen Rückschritt gegenüber der minoisch-mykenischen Steinbaukunst darstellten. Als Fundamente dienten Steinblöcke, die das aufgehende Mauerwerk vor der Bodenfeuchtigkeit schützen sollten. Tönerne Ziegel und Schmuckformen blieben eine Seltenheit. Ab dem späten 8. und vor allem im 7. Jh. v. Chr. scheinen die Bauten dann weitgehend von spezialisierten Zimmerleuten in reiner Holzbauweise errichtet worden zu sein. Tönerne Ziegel und Verkleidungsplatten fanden jetzt weite Verbreitung. Solche Bauglieder aus gebranntem Ton (ital. Terrakotta) lassen sich aufgrund spezifischer technischer und vor allem stilistischer Eigenarten meist bestimmten regional operierenden Werkstätten zuweisen. Darüber hinaus sind die Wände besonders bedeutender Bauten mit getriebenen Bronzereliefs verkleidet worden. Durch die Kenntnis vor allem der ägyptischen Monumentalarchitektur, die sich durch griechische Händler und Söldner ab dem späten 7. Jh. v. Chr. in Griechenland zu verbreiten begann, entstand in der griechischen Welt – zunächst im Bereich der Tempelarchitektur – schließlich eine Bauweise, bei der nach und nach das Holz (□ 6) sowie die anderen vergänglichen Baumaterialien durch sorgfältig zugehauene steinerne Bauglieder ersetzt wurden. Neben den besonders zu Beginn der Entwicklung verwendeten, einfacher zu bearbeitenden Kalksteinsorten etablierte sich bald auch die Verarbeitung harter Marmore. Wegweisend waren hierbei dank der bedeutenden Marmorsteinbrüche auf Naxos sowie Paros zunächst die Kykladen und dann vor allem Athen mit seinen Marmorvorkommen am Hymmetos sowie Pentelikon. Die italisch-römische Welt verfügte über eigene lokale Marmorvorkommen dagegen erst ab cäsarischer Zeit, als die auch heute noch genutzte Marmorlagerstätte von Luni (das heutige Carrara) erschlossen wurde. Bis dahin deckte man den Bedarf ausschließlich aus griechischen Importen. Man handelte nicht nur mit Blöcken, sondern auch mit fertigen respektive halbfertigen Baugliedern. Dieser Marmorhandel stellte ein einträgliches Geschäft dar und die schweren Transportschiffe befuhren die einschlägigen Handelsrouten. Sie sicherten die Verbindung zwischen den Exporteuren in Griechenland und Importeuren in Italien. In der Kaiserzeit gab es im gesamten Imperium Romanum unzählige Steinbrüche, aus denen man die unterschiedlichsten Marmorsorten, darunter auch buntfarbige gewann. Hiervon waren die wichtigsten Lagerstätten meist in kaiserlichem Besitz (□ 7). Eine weitere echte Innovation stellte die Erfindung des antiken Zementbaus in Form der Entwicklung des sog. opus caementitium (s. dort unter Mauertechniken) im 3. Jh. v. Chr. dar. Von da an ließen sich nun größere Wand- und Deckenbereiche, darunter vor allem Gewölbe problemlos in Holzverschalungen gießen (□ 8). Zusammen mit der Verwendung von gebrannten Ziegeln, die sich im Gegensatz zum traditionellen Steinquaderbau mit nur geringem Kraft- und damit Zeitaufwand aufmauern lassen, verfügten die römischen Bauhütten damit über Techniken, die sie in die Lage versetzten, riesige Bauprogramme vergleichsweise rasch zu realisieren. Hinzu kam die stetige Verbesserung der Werkzeuge. Die griechischen und römischen Steinmetze kannten eine Vielzahl entsprechender Hämmer, Steinsägen, Meißel etc. (□ 9). Größere Quader gewann man im Steinbruch mittels Absprengung durch eingeschlagene und mit Wasser übergossene Holzkeile (□ 10). Anschließend wurden daraus noch im Steinbruch die für den Bau benötigten Bauglieder in Rohform herausgehauen (□ 11) und über hölzerne Schienen (□ 12) auf schwere Lastkarren gezogen (□ 13), die den Weitertransport übernahmen. An der jeweiligen Baustelle angelangt setzten die Steinmetze die Feinbearbeitung fort, wobei der letzte Schliff zur Vermeidung von Stoßverletzungen zumeist erst nach der Versetzung direkt am Bau erfolgte. Versetzungsarbeiten führte man schon in archaischer Zeit auf griechischen Baustellen mittels entsprechender Hebevorrichtungen am Stein (□ 14) und Flaschenzügen aus (□ 15). Die Römer kannten zudem regelrechte Baukräne aus Holz (□ 1617). Die Errichtung von Bauwerken war in der Antike, wenigstens im Bereich der öffentlichen Baukunst, spätestens seit dem 7. Jh. v. Chr. das Metier spezialisierter Handwerker, der sog. Bauhütten und der diesen vorstehenden Architekten, die oftmals zugleich als Bauingenieure fungierten und sicherlich häufiger auch selbst praktische Erfahrungen in der Steinbearbeitung hatten. So erwähnt die antike Literatur mehrfach leitende Architekten, die auch als Bildhauer und/oder Steinmetzen (□ 18) tätig gewesen sein sollen. Neben nur lokal agierenden Bauhütten und Architekten gab es immer auch überregional tätige. Leider wissen wir nicht im Detail, wie der Entwurf eines Bauwerks genau vor sich ging, wie wenig oder wie viel sich dabei der eigentliche Auftraggeber einbrachte. Auch haben wir keine rechte Vorstellung von Material und Aussehen eventuell vorhandener Baupläne. Allerdings blieben vereinzelt geritzte Entwurfszeichnungen sowie Versatzmarken auf tatsächlich verbauten Baugliedern erhalten (□ 19).


□ 5 Hüttenarchitektur (Alt-Smyrna, 8. Jh. v. Chr.) aus Lehmziegeln und Geflecht


□ 6 Holzarchitektur mit tönernen Verkleidungsplatten und Dachziegeln


□ 7 Karte mit den wichtigsten überregionalen Marmorvorkommen


□ 8 Guss von Opus Caementitium in einer Holzverschalung


□ 9 Verschiedene Metallgeräte zur Steinbearbeitung


□ 10 Die Gewinnung eines Steinblocks


□ 11 Ein Kapitell wird in Rohform aus einem größeren Marmorquader herausgeschlagen.


□ 12 Ein Kapitell wird per Lastzug und Holzschienen aus dem Steinbruch herabgelassen.


□ 13 Das zum Weitertransport bestimmte Kapitell wird auf einen schweren Lastkarren verladen.


□ 14 Hebevorrichtungen


□ 15 Arbeitssituation auf einer griechischen Großbaustelle (Akropolis von Athen, Parthenon)


□ 16 Römisches Relief aus Capua mit der Darstellung eines Baukrans, Museum Capua, 3. Jh. n. Chr.?


□ 17 Moderne Rekonstruktion eines römischen Baukrans

Bei der Errichtung öffentlicher Bauten hatten zumindest im demokratischen Athen und republikanischen Rom die jeweiligen Volksversammlungen ein entscheidendes Wort mitzureden. In Heiligtümern übernahmen diese Funktion entweder einzelne leitende Priesterinnen und Priester oder heilige Kollegien. Oftmals wurden Baukommissionen bestellt, die über die sorgsame Verwendung der Baugelder und den fachgerechten Fortgang der Arbeiten wachten. In Rom waren dagegen zunächst fast ausschließlich jährlich gewählte Beamte, die sog. aediles (Sg. aediles) für die Errichtung öffentlicher Bauten zuständig. Mit der Ende des 3. Jhs. v. Chr. einsetzenden Eroberung der hellenistischen Reiche durch die römischen Heere fungierten dagegen zunehmend deren auf den Kriegszügen reich gewordene Feldherren, die zugleich die politische Führung der Republik innehatten; als Finanziers und damit Auftraggeber öffentlicher Bauvorhaben. Einige römische Reliefs zeigen entsprechende Szenen, auf denen zu sehen ist, wie ein Feldherr Bauarbeiten überwacht (□ 20). Sie folgten darin ihren Vorbildern, den Herrschern sowie vermögenden Eliten der eroberten Staaten, in denen das Stiften prächtiger Bauwerke, die sog. euergesia (von gr. euergeteo = gute Dinge tun) zum guten Ton öffentlichen Wohlverhaltens seitens der gesellschaftlichen Eliten gehörte. Diese prestigeträchtige Rolle übernahmen später, zumindest in Rom, fast ausschließlich die auch anderswo im Reich wirkenden römischen Kaiser. Außerhalb der Hauptstadt konnten dagegen auch die Angehörigen des Senatorenstandes aktiv werden und in den Provinzstädten waren es vor allem die lokalen Honoratiorenschichten beiderlei Geschlechts, die sich als Stifter betätigten.


□ 18 Römisches Relief mit arbeitenden Steinmetzen und beaufsichtigendem Architekten von einem Grabbau in Ostia (Isola Sacra)


□ 19 Umzeichnung antiker Steinmetzzeichen von diversen Gebäuden in Rom


□ 20 Römisches Relief aus Terracina mit Bauarbeiten in Gegenwart eines Feldherrn, Rom, Nationalmuseum, traianisch

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