Читать книгу Insolvenzplan, Sanierungsgewinn, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenz - Paul Groß - Страница 44

3. Unterschiedliche Intensität der Einbindung für die verschiedenen Sicherungsformen

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In technischer Hinsicht ist die Einbeziehung der Inhaber dinglicher Kreditsicherheiten für die verschiedenen Arten von Sicherheiten unterschiedlich ausgestaltet.

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Für den einfachen Eigentumsvorbehalt wird im Grundsatz die frühere Rechtslage aufrechterhalten, dass der Verkäufer im Konkurs des Käufers zur Aussonderung der gelieferten Sache berechtigt ist, wenn nicht der Konkursverwalter des Käufers die Erfüllung des Kaufvertrages wählt. Dem Verwalter wird aber gestattet, die Ausübung der Wahl bis zum Berichtstermin aufzuschieben, der spätestens 3 Monate nach der Verfahrenseröffnung abzuhalten ist. Die Sicherungsübereignung und die verdeckte Sicherungszession von Forderungen sowie die Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts unterliegen mit der Verfahrenseröffnung einem automatischen Verwertungsstopp. Die InsO gewährleistet dies rechtstechnisch, indem sie dem Insolvenzverwalter das Recht zur Nutzung und Verwertung des Sicherungsguts bzw. zur Einziehung der sicherheitshalber abgetretenen Forderung einräumt.

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Das Zugriffs- und Verwertungsrecht eines Pfandgläubigers bleibt von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich unberührt. Der Insolvenzverwalter soll jedoch berechtigt sein, die Herausgabe des Pfandes zu beantragen, wenn dieses im Einzelfall für eine sinnvolle Masseverwertung, etwa für die Fortführung eines Betriebs, für eine Gesamtveräußerung oder Sanierung des Schuldners, erforderlich ist. Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Verwalter befähigt, ein zur Sicherheit abgetretenes Recht, etwa ein Patent, für die Masse zu nutzen.

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Auch Gläubiger mit Absonderungsrechten an Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten, insbesondere Grundpfandgläubiger, werden durch die Verfahrenseröffnung keinem automatischen Verwertungsverbot unterworfen. Ebenso wie im Falle der Mobiliarpfandrechte kann der Insolvenzverwalter jedoch die Einstellung der Zwangsverwertung erreichen, wenn nachgewiesen wird, dass das Interesse der Insolvenzmasse das Interesse des zwangsverwertenden Gläubigers überwiegt. Die Einstellung der Zwangsverwaltung eines Grundstücks ist unter ähnlichen Voraussetzungen wie die Einstellung einer Zwangsversteigerung vorgesehen. Für diese differenzierte Regelung sind folgende Gesichtspunkte maßgeblich.

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Besitzlose Mobiliarsicherheiten bestehen in aller Regel am Umlauf- oder Anlagevermögen des schuldnerischen Unternehmens. Das Sicherungsgut wird regelmäßig im Betrieb des Schuldners genutzt; es steht mit dem restlichen Schuldnervermögen in einem technisch-organisatorischen Verbund. Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Insolvenzmasse dann am wirtschaftlichsten verwertet werden kann, wenn dieser Verbund erhalten bleibt. Dies rechtfertigt es, für die zur Sicherung übereigneten Gegenstände einen automatischen Verwertungsstopp und ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters vorzusehen und für die unter einfachem Eigentumsvorbehalt gelieferten Sachen die Aussonderung zeitweise auszusetzen.

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Hat sich der Schuldner, wie beim Faustpfandrecht, des Besitzes an dem Sicherungsgegenstand begeben oder ist ihm dieser nach einer Pfändung weggenommen worden, so ist ein technisch-organisatorischer Verbund des Sicherungsguts mit dem übrigen Schuldnervermögen nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Ein automatischer Verwertungsstopp für Pfandgläubiger wäre deswegen ein unverhältnismäßiger Eingriff. Einem in Ausnahmefällen bestehenden überwiegenden Interesse der Insolvenzmasse an der Nutzung und Verwertung des Sicherungsguts kann in ausreichendem Maße durch einen an besondere Voraussetzungen geknüpften Herausgabeanspruch Rechnung getragen werden.

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Das bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlagnahmte oder mit Grundpfandrechten belastete Grundvermögen des Schuldners wird häufig zum betrieblich genutzten Vermögen gehören, also in einem Verbund mit den übrigen Vermögensgegenständen des Schuldners stehen. Anders als die Verwertung beweglicher Gegenstände setzt die Zwangsverwertung von Grundstücken jedoch ein recht langwieriges Verfahren voraus. Die Durchführung eines solchen Verfahrens vermag die Verwertung der Insolvenzmasse erst dann zu stören, wenn der endgültige Verlust des Grundstücks durch Versteigerung droht oder wenn, im Falle der Zwangsverwaltung, ein ernster Nutzungskonflikt zwischen dem Zwangsverwalter und dem Insolvenzverwalter auftritt. Deswegen wäre es ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Rechtsstellung immobiliargesicherter Gläubiger, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens stets und automatisch den Lauf einer Immobiliarzwangsvollstreckung hindern würde. Die Interessen der Insolvenzmasse lassen sich ausreichend wahren, wenn dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit gegeben wird, im Einzelfall durch einen Antrag die Einstellung der Zwangsvollstreckung herbeizuführen. Für den Fall, dass es zur Einstellung kommt, wird die Rechtsstellung von Gläubigern mit Absonderungsrechten an Immobilien der Stellung von Gläubigern mit Mobiliarsicherheiten weitgehend angenähert.

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Die InsO lässt das Recht des Verwalters unberührt, ohne einen vollstreckbaren Titel die Zwangsvollstreckung in unbewegliche Gegenstände der Insolvenzmasse zu betreiben. Im Rahmen des EGInsO ist in der Zwangsversteigerung das geringste Gebot alternativ so aufzustellen ist, als ob das Verfahren von einem persönlichen Gläubiger und zugleich aus dem Recht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG betrieben würde; § 174 ZVG bleibt unberührt. Damit wird dem Insolvenzverwalter grundsätzlich die Möglichkeit verschafft, das Grundstück lastenfrei verwerten zu lassen, wenn dies für die Insolvenzmasse von Vorteil ist und wenn das Recht aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG nicht von einem Interessenten abgelöst wird. Hierdurch wird die insolvenzrechtliche Behandlung von Grundstücksrechten derjenigen von Sicherungsrechten am beweglichen Vermögen angenähert.

Insolvenzplan, Sanierungsgewinn, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenz

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