Читать книгу Insolvenzplan, Sanierungsgewinn, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenz - Paul Groß - Страница 55
III. Bildung von Abstimmungsgruppen
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Ein Plan muss von den Beteiligten legitimiert werden, deren Vermögensinteressen berührt werden. Beteiligte, deren Rechte bei einer insolvenzmäßigen Zwangsverwertung unterschiedlichen Rang haben, also Gläubiger mit Absonderungsrechten, einfache Insolvenzgläubiger, nachrangige Klassen von Insolvenzgläubigern sowie der Schuldner und die an ihm beteiligten Personen (Eigentümer), können sachgerechterweise nicht gemeinsam über einen Insolvenzplan abstimmen. Das Mehrheitsprinzip vermag auch seiner beschränkten Funktion, die Obstruktion sinnvoller Verwertungsentscheidungen durch Minderheiten zu verhindern, lediglich dann gerecht zu werden, wenn nur die Stimmen von Beteiligten mit im Wesentlichen gleichartigen Interessen und Rechten addiert werden. Ebenso wäre das Gleichbehandlungsgebot verfehlt, wenn es auf Beteiligte mit unterschiedlichem Rang angewendet werden müsste.
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Deshalb können jeweils nur solche Beteiligte, die bei einer insolvenzmäßigen Zwangsverwertung gleichen Rang hätten, in den Abstimmungsgruppen zusammengefasst werden. I.d.R. wird ein Insolvenzplan für Beteiligte verschiedenen Rangs auch unterschiedliche Planwirkungen vorsehen.
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Die Vermögensrechte des Schuldners und der an ihm beteiligten Personen werden in der Insolvenz auch dann, wenn eine Fortführung des schuldnerischen Unternehmens in Betracht kommt, in aller Regel entwertet sein. Deswegen braucht nicht in jedem Falle, wenn ein Insolvenzplan zur Abstimmung gestellt wird, eine Gruppe der Eigentümer gebildet zu werden.
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Die Zusammenfassung nur gleichrangiger Beteiligter in den Abstimmungsgruppen legitimiert zum einen Mehrheitsentscheidungen und die Gleichbehandlung der Mitglieder einer Gruppe. Sie ermöglicht zum anderen im Konfliktfall, wenn es nicht zu einer Einigung aller Beteiligter kommt, die Durchsetzung der zivilrechtlichen Haftungsordnung und der liquidationsrechtlichen Verteilungsordnung dann, wenn das Schuldnervermögen nicht insolvenzmäßig verwertet wird. Erzwungene Vermögensverschiebungen werden verhindert; die angemessene Teilhabe aller Gruppen an dem gemäß einem Plan realisierten Vermögenswert wird möglich. Darüber hinaus wird es den Beteiligten durch eine sachgerechte Gruppenbildung erleichtert, ihre Interessen in den Verhandlungen zu koordinieren; die einvernehmliche Ausarbeitung eines Verwertungskonzepts wird beschleunigt.
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Nach der InsO werden in geeigneten Fällen auch Beteiligte ein und derselben Rangklasse in unterschiedlichen Abstimmungsgruppen zusammengefasst, wenn sich die Gruppen im Hinblick auf das geplante Verwertungsziel sachgerecht voneinander abgrenzen lassen. In Fällen, in denen eine differenzierte Behandlung der Beteiligten wirtschaftlich sinnvoll ist, erscheint die Frage, wer zurückgesetzt oder bevorzugt wird, jedoch nicht sinnvoll; sie ist nur geeignet, Streit unter die Beteiligten zu tragen. Nur im Hinblick auf das konkrete Verwertungsziel lässt sich die Angemessenheit der Gruppenbildung vom Gericht überprüfen. Deshalb wird die Bildung von Gruppen gleichrangiger Beteiligter grundsätzlich dem jeweiligen Planinitiator überlassen.
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Die zulässigen Differenzierungskriterien lassen sich nicht abschließend normieren. Dem Ziel wirtschaftlich optimaler Masseverwertung entspricht größtmögliche Flexibilität bei der Differenzierung der Planwirkungen. Bei der Masseverwertung durch einen Plan hat der Gleichbehandlungsgrundsatz eine andere Bedeutung als bei der insolvenzmäßigen Zwangsverwertung des Schuldnervermögens. Im Insolvenzverfahren müssen unbestimmte Forderungen mit ihrem Schätzwert angesetzt, betagte als fällig behandelt und unverzinsliche abgezinst werden. Ein Plan ist hingegen erst in der Zukunft abzuwickeln. Hierbei kann es sinnvoll sein, etwa die bei Verfahrensbeginn bereits fälligen und die erst als fällig fingierten Forderungen unterschiedlich zu behandeln, desgleichen Forderungen, deren Betrag bei Verfahrenseröffnung bekannt ist, und solche, die lediglich dem Grunde nach feststehen. Auch andere unterschiedliche Interessenlagen, die im Rahmen einer insolvenzmäßigen Verwertung eingeebnet werden müssen, können im Rahmen eines Plans Differenzierungen rechtfertigen: etwa die Doppelrolle eines Gläubigers als Eigentümer (soweit nicht bereits der Fall des § 32a GmbHG vorliegt und zur zwingenden Bildung einer nachrangigen Gruppe führt) oder als vom Schuldner abhängiges oder mit diesem im Wettbewerb stehendes Unternehmen, das Vorhandensein von persönlichen Sicherheiten oder von dinglichen Sicherungsrechten am Nichtmassevermögen oder am Vermögen eines Dritten, aber auch der Rechtsgrund einer Forderung (etwa Vertrag oder Delikt). Die Arbeitnehmer des Schuldners sollen wegen ihrer besonderen Interessenlage eine besondere Gruppe bilden, wenn ihnen nicht unbeträchtliche Insolvenzforderungen zustehen.
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Bei der gerichtlichen Prüfung, ob ein Plan sachgerecht zwischen Beteiligten gleichen Rangs unterscheidet, ist zu bedenken, dass der wirtschaftliche Sinn der planmäßigen Regelung, insbesondere einer Sanierung, sich für die Beteiligten nicht notwendig allein aus den Zahlungen des Schuldners ergibt, sondern auch aus vorteilhaften externen Wirkungen wie etwa der Fortsetzung einer langfristigen Geschäftsbeziehung. So kann es beispielsweise im Einzelfall sinnvoll und zulässig sein, dass ein Fortführungsplan etwa für Lieferanten des Schuldners andere Bedingungen vorsieht als für Deliktsgläubiger.