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Die Kindheit Eduards.
Erste Kaprizze 3
Ekloge

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Tityrus, Koridon, Tyrsis

Korid.

Laß uns O ländliche Flöte mänalische Lieder beginnen!

Rufet ihr zärtlichen Töne die reizende Daphne zurücke!

Wer wird im lächelnden Frühling die Felder mit Blumen besäen;

Wer die Gestade der Ströme mit grünenden Schatten umgeben,

Wenn die göttliche Daphne das Antlitz den Schäfern entziehet?

Traure mein Tityrus, weine mit mir, bis wir sie begrüssen.

Laß uns mit ländlicher Flöte mänalische Lieder beginnen!


Tityr.

Alles besieget die mächtige Liebe; wir weichen der Liebe!

Nicht so begierig umflattern die Bienen die duftenden Blumen;

Nicht so hastig besuchen die Lämmer die lockende Quelle,

Als ich mit Sehnsucht die labenden Blicke der Daphne verschlinge.

Schon der Gedanke, sie wiederzusehen, begeistert den Busen.

Wie sind die Fluren so blühend, die meine Geliebte bewohnet!

Blüten enteilen den Zweigen, und Knospen entwickeln sich früher;

Veilchen und Rosen im bunten Gedränge belasten die Felder.

Angenehm säuselt der Zephyr durch dickbelaubte Gebüsche,

Und die Nachtigall wirbelt mit Anmuth die zaubernden Lieder.

Herrlicher pranget mit goldenen Stralen die wärmende Sonne.

Feyerlich horchet die ganze Natur beym süssen Gesange,

Das die liebliche Lippe der Daphne harmonisch beginnet.

Aber ach! Lange schon missen wir alle das siegende Mädchen.

Seitdem hat sich für mich die ländliche Gegend verändert.

Fürchterlich rauschen die schwankenden Eschen im traurigen Haine;

Mich beschleicht kein erquickender Schlummer auf öden Gefilden.

Stechende Bremsen zischen um mich, und Eulen verscheuchen

Durch weissagende Töne die Ruhe vom stürmischen Busen.

Träume, mein Koridon, schreckliche Träume durchschaudern die Seele.

Dräuende Wunder erschüttern die Augen. Bald schmettert der Donner

Wipfel der Bäume; bald schwärmen Irrlichter im dämmernden Thale;

Aechzende Winde durchbrüllen die Fluren, und schreyende Dohlen

Flattern beständig über mein Haupt; mein ahnender Busen

Sieht mit Zittern den nahen Gefahren, O Bruder, entgegen.

Alles trauert und seufzet; die fröliche Gegend entschlummert.

Rufet ihr zärtlichen Lieder die reizende Daphne zurücke!

Wer kann sie lieben wie ich, wer kann sie so feurig besingen?


Korid.

Nur ich mache die Liebe dir streitig, und setze dir Wetten.

Drey der weissesten Lämmer bestimm’ ich zum Preise des Sieges.

Meine Heerde will ich verspielen, um dich zu besiegen.

Laß uns arkadische Lieder mit ländlicher Flöte beginnen!

Nicht so lieblich schimmert das Morgenroth auf den Gebirgen,

Als die keuscheste Wange der Daphne die Rosen bemalen;

Nicht so labet der himmlische Thau die durstigen Pflanzen,

Als ein Lächeln von ihr die gierigen Augen ergötzet.

Immer erneuert mein treues Gedächtniß die selige Stunde,

In der ich sie das erstemal sah. Wir feyerten damals

Heilige Feste der glücklichsten Aerndte; die Mädchen erschienen

Wie die Nymphen mit Blumen geschmücket in festlicher Kleidung

Meine bezaubernde Daphne besiegte sie alle mit Reizen.

Wie die Sonne die Sterne verfinstert, so glänzte nur Daphne.


Tityr.

Süß und zärtlich hast du gesungen, einschläfernd dem Ohre!

Aber du sangst nur die Reize des Körpers; ich schildre die Seele.

Und ich will auch vom Tage der frohen Erscheinung beginnen.

Keine so heitre Frühlingsnacht kömmt nicht wieder zur Erde.

Angenehm leuchtete damals der Mond durch stille Gebüsche,

Als der Silberton einer erquickenden Stimme mich reizte.

Ich fand ein Mädchen im Schatten gegossen; ich sank ihr zu Füssen.

Göttliches Kind, du hast mich bezaubert! Die Töne sind süsser

Als der kühlende Trunk im heissesten Sommer dem Wandrer,

Und erquickender als der liebliche Schlummer dem Müden.

Aber ein ängstliches Winseln zerstörte die zärtlichste Rede.

Wie ein Pfeil schoß Daphne hinzu, die Ursach zu forschen.

Sie fand ein gebährendes Weib im tödlichen Kampfe.

O wie entwickelte sich die reizende Tugend der Schönen!

Welche Menschlichkeit, welche Gefühle des edelsten Schmerzens

Strahlten auf dem thränenden Auge der gütigen Daphne!

Ihre gastfreundliche Liebe beseelte die himmlischen Thaten;

Ihre Schönheit bezaubert, doch ihre Sanftmuth vollendet

Ihre verherrlichten Siege! Sie bleibet beständig mein Abgott.


Korid.

Du hast zwar dem Herzen gesungen, doch Tityrus, meine

Bessern Gesänge weichen nicht deinem erhabenen Liede.

Dort kömmt Tyrsis, wir wollen ihn beyde zum Richter erwählen.

Aber wie weinerlich scheint mir sein Antlitz! Was quält dich O Tyrsis?


Tyrs.

Soll ich wohl lächeln, wann unsere Hütten die Zierde verlieren?

O die ganze betrübte Natur scheint mit mir zu trauren!

Uns hat der Tod die reizendste Schäferin grausam entrissen!

Ihr erblasset? O weinet mit mir, denn Daphne verdient es!


Tityr.

Du hast die Wurzeln des Lebens mit tödtlichem Beile gebrochen;

Daphne verweile, dein Tityrus folgt dir mit hastigen Schritten!


Korid.

Sag uns die Ursach von ihrer Entfernung, und auch von dem Tode.


Tyrs.

Häßliche Krieger beschlichen zur Nachtzeit die sichersten Hütten,

Raubten gewaltsam, und schleppten die Mädchen zur schwarzen Entehrung.

Umsonst folgten die Räuber der flüchtigen Daphne, sie stürzte

In die schäumenden Fluten, und ward von den Wellen verschlungen.


Tityr.

Nicht mehr will ich die Fluren betreten; ich fliehe die Haine.

O lebet wohl, ihr schattigten Wälder, ihr schönen Gefilde,

Ihr quellvollen Gebirge lebt wohl! Lebt wohl ihr Bewohner

Seliger Hütten! Ich scheide von euch mit dieser Umarmung.

Theuerste Brüder, lebt wohl! Ich lasse zum späten Gedächtniß

Diese Flöte zurück, die oft mit schmachtenden Liedern

Diese Gegend erfüllte. Lebt wohl ihr silbernen Bäche,

Nicht mehr wird mich an euren Gestaden ein Schlummer beschleichen!

O freundschaftliches Grab empfange den traurigsten Hirten.

Ich will die seligen Schatten der göttlichen Daphne begrüssen.

Pflanzet, O Brüder, der zärtlichsten Liebe zwey Myrthen zum Denkmaal!

Schreibt auf die grünende Rinde die Worte des sterbenden Freundes:

Tityrus liebte die Daphne mit mehr als irdischer Liebe;

Sie war sein Leben, sein Licht, er eilte mit ihr zu erblassen!


Tyrs.

Wie beklag’ ich den Tityrus! Koridon, suche die Freunde,

Sag den harrenden Schäfern die traurigste Liebesgeschichte.

Eilet gesättigte Lämmer, der Abendstern ruft uns zur Hütte.


Der Eroberer

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