Читать книгу VögelLaune | 16 Erotische Geschichten - Paula Cranford - Страница 18
ОглавлениеTeil 2
Es dauerte, bis er ausgerechnet hatte, wie viel es kosten würde den Roller noch mal fahrtüchtig zu machen. Dementsprechend hoch war auch die Summe, die ihr geradezu bösartig in den Ohren klang. Sie war mal wieder zu sorglos mit ihrem wenigen Einkommen umgegangen, hatte finanziell gesehen nicht weitergedacht. Das Bankkonto war leer. Nein, das traf es nicht. Es war leerer als leer. Gab es zu leer überhaupt einen Komparativ?
***
Als sie auf den Bus wartete, fuhren etliche Autos an ihr vorbei, wirbelten den trockenen Straßenstaub auf, hupten. Anna hörte, wie merkwürdige Typen hielten, ihr anboten, sie mitzunehmen. Sie fühlte sich fast nackt, so wie sie angesehen wurde. Nein, niemals wäre sie zu jemandem ins Auto gestiegen! Ein Fahrer rief ihr etwas Unflätiges aus dem offenen Fenster zu. Am liebsten hätte sie ihm beide Mittelfinger gezeigt. Sie war kurz davor zu heulen.
Ihre Gedanken überschlugen sich, rotierten in alle Richtungen. Sie brauchte ihren Roller, würde ihn aber nur gegen Barzahlung repariert mitnehmen können. Das Geld hatte sie allerdings nicht!
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Der Weg zurück in ihr winziges Ein-Zimmer-Apartment gab ihr den Rest. Sie war frustriert und angeschlagen. Die Straße, in der sie wohnte, kam ihr heute besonders schäbig vor. Sie holte eine Flasche billigen Wein in dem kleinen Supermarkt an der Ecke und ließ sich in den mittlerweile abgewetzten Sessel vor dem Fenster sinken. Sie trank und rauchte, überlegte fieberhaft, wie sie zu Geld kommen konnte. Viel Geld. Das Konto gab nicht mehr her und dieser Job in der Bäckerei reichte hinten und vorn nicht aus, um sie durch die restlichen Semester ihres Studiums zu bringen.
Es war nicht das erste Mal, dass ihr ein ganz bestimmter Gedanke kam. Aber bis jetzt hatte sie diesen Gedanken immer wieder verworfen. Nein, das hatte sie nun wirklich nicht nötig! Das wäre eigentlich das Allerletzte ... Und trotzdem tauchte dieser Gedanke immer leichter auf und ließ sich immer schwerer wieder verdrängen an diesem bedrückenden Abend, nach diesem verkorksten Tag. Er blieb in ihr kleben, wie vorher das Kleid an ihrem Körper. Anna gab sich einen Ruck. Wenn nicht heute, dann war es morgen vielleicht schon zu spät ...
Sie überlegte, wo sie ihr Glück versuchen sollte und entschied sich schließlich für eines der teuersten Hotels der Stadt. Sie vermutete, hier wäre die Chance größer, Geschäftsleute zu treffen, die etwas Abwechslung suchten und die auch bereit waren, dafür großzügig zu zahlen. Die CD begleitete sie durch die Anprobe und sie sang laut zu einem ihrer Lieblingshits mit: »Money, money, money ...« Das sollte die Devise der heutigen Nacht sein!
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Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie an dem schicken Marmortresen Platz nahm. Der Barkeeper war umwerfend attraktiv. Aber leider überhaupt nicht der richtige Mann für ihr Vorhaben. Sie fühlte sich nicht besonders wohl in ihrer Haut und summte leise, fast trotzig den inspirierenden Refrain des alten ABBA-Liedes vor sich hin. »Money, money, money ...«
Alles, was sie brauchte, war ein bisschen Glück und etwas Mut. Vielleicht wäre sie dann morgen früh ihre akuten Geldsorgen los ...
Sie bestellte sich den billigsten Rotwein, den die Auswahl hergab, und auch der war noch teuer genug. In ihrem Portemonnaie gab es nur noch einen Geldschein und auf den setzte Anna alles. Sie trank langsam. Jeder Schluck war kostbar.
Der erste Typ, der sich neben sie setzte, sah aus wie einer, der billigen Anschluss suchte. Er saß da und quatschte dämliches Zeug, ohne ihr einen Drink zu bestellen. Sie konnte keinen verwertbaren Gewinn an ihm erkennen.
Der zweite Typ war so abstoßend, dass sie auch ihn mit der Ausrede loswerden musste, sie würde auf jemanden warten.
Der nächste war ganz erotisch anzusehen, aber bei ihm war sie sich unsicher, ob der für Sex überhaupt Geld ausgeben wollte oder musste. Es war trotzdem unglaublich, wie schnell eine attraktive Frau allein in einem solchen Umfeld Anschluss finden konnte!
Anna lächelte. Das würde sie in der Zukunft berücksichtigen – wenn sie wieder wählerisch sein konnte.
Das Glas wurde leer und leerer. Wieder dieser Komparativ! Sie musste lächeln. Der Barkeeper betrachtete sie diskret und fragte sie gnädigerweise nicht, ob sie ein zweites Glas bestellen wollte. Er hatte viel gesehen, viele Menschen erlebt. Anna war sicher, er durchschaute ihre Absicht, konnte vielleicht sogar bis in ihr Portemonnaie gucken. Dankbar lächelte sie ihn an. Wenn sie an diesem Abend keiner für Geld wollte, würde sie wenigstens ihm ihre Telefonnummer zuschieben ...
Von Zeit zu Zeit sah sie sich mutig um. Blicke gab es genug, aber davon konnte sie sich nichts kaufen. Sie wurde nervös, sah auf ihre Armbanduhr. Seit fast neunzig Minuten saß sie jetzt schon hier und immer noch ohne den lohnenden Anschluss.
Und dann, endlich, stellte sich jemand neben sie, der so aussah, wie das, was sie brauchte: Ein gelangweilter Geschäftsmann, der wahrscheinlich einen langweiligen Tag in langweiligen Besprechungen verbracht hatte und vermutlich eine langweilige Ehe führte. Alles an ihm sah und roch nach Geld: Der maßgeschneiderte Anzug, die Schuhe, das Hemd, die Krawatte. Beruhigend alles!