Читать книгу Überlegt impfen - Paul Thomas - Страница 40
Keine Panik bei Neugeborenengelbsucht
ОглавлениеBei der Geburt haben Babys fast zweimal so viele rote Blutkörperchen wie ein paar Monate später. Diese zusätzlichen roten Blutkörperchen benötigten sie im Mutterleib für den Transport von Sauerstoff aus der Nabelschnur, weil sie noch nicht selbst atmen konnten. Atmen ist weitaus effektiver und sobald wir den ersten Atemzug gemacht haben, benötigen wir viel weniger rote Blutkörperchen. In der ersten oder zweiten Lebenswoche zersetzen sich die roten Blutkörperchen. Dabei wird ein gelber Farbstoff namens Bilirubin freigesetzt, der zur Neugeborenengelbsucht führt, einer Verfärbung von Haut und Augen. In den ersten Lebenswochen haben fast alle Kinder Gelbsucht.
Mit jedem Lebenstag steigt der Bilirubinspiegel und erreicht ungefähr am vierten oder fünften Tag seinen Gipfel; es kommt selten vor, dass ein Baby zu dem Zeitpunkt nicht etwas gelb im Gesicht ist. Wenn der Bilirubinwert ungefähr eine oder zwei Wochen lang extrem hoch bleibt192 – über 20 – kann ein Teil des Bilirubins ins Gehirn gelangen und dort zu einem dauerhaften Schaden, dem Kernikterus, führen.
Während meiner Facharztausbildung sah ich einen Fall von Kernikterus bei einem frühgeborenen Jungen. Seine Haut war beunruhigend gelb und er hatte fast ständig Krämpfe, die sein Gehirn schädigten. Das Bild dieses kleinen Jungen macht mich noch immer traurig. Der letzte mir bekannte Fall von Kernikterus im Gebiet von Portland war vor rund zehn Jahren, als ein reif geborener Säugling nach Hause entlassen wurde und nicht zur Nachuntersuchung erschien. Im Alter von drei Wochen landete das Baby mit Krampfanfällen in der Notaufnahme. Die gute Nachricht ist, dass diese Krankheit durch richtige Kontrolle vollkommen vermieden werden kann.
Bei stärker pigmentierten Babys ist der hohe Bilirubingehalt schwerer zu erkennen, aber eindeutig kann man es daran erkennen, wenn das Weiße im Auge des Babys gelb verfärbt ist. Die meisten Kinderärzte raten zu einem Test des Bilirubingehalts, ehe das Baby das Krankenhaus verlässt.
Bei einem zu hohen Bilirubingehalt erhält das Baby Phototherapie. Ihr Arzt verschreibt eine spezielle Lichtdecke, die Sie unter und um Ihr Baby legen. In Erdteilen, in denen häufig die Sonne scheint und es keine Phototherapie gibt, sollten Sie Ihr Baby nahe ans Fenster legen, damit seine Haut so viel wie möglich indirektem Licht ausgesetzt wird. Vermeiden Sie zu starkes, direktes Sonnenlicht, damit es keine Verbrennungen auf der empfindlichen Haut des Babys gibt. Die meisten Babys vertragen fünfzehn oder zwanzig Minuten direktes Sonnenlicht und unbegrenzt indirektes Licht. Wenn das Licht auf die Haut trifft, stimuliert es die Zersetzung von Bilirubin, sodass es ausgeschieden wird. Auch durch zusätzliches Stillen sinkt der Bilirubinspiegel. Wenn Ihre Milch noch nicht eingeschossen ist, können Sie auf Spendermilch zurückgreifen und Ihr Baby nach dem Stillen von einem Teelöffel oder aus einer Pipette trinken lassen. Viele Stillexperten raten den Frauen von Fläschchen ab, weil dadurch das Stillen gestört werden kann. Aber wenn Ihr Baby lethargisch und dehydriert ist, braucht es Flüssigkeit, egal wie.