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Was, wenn die Mutter Gruppe-B-Streptokokken hat?

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In der Schwangerschaft hat Ihr Gynäkologe oder Ihre Hebamme wahrscheinlich einen Abstrich aus der Scheide genommen, um zu sehen, ob Sie Gruppe-B-Streptokokken (GBS), ein manchmal im Gastrointestinal- oder Harntrakt vorkommendes Bakterium, haben. Mit der durch Gruppe-A-Streptokokken hervorgerufenen Halsentzündung hat sie fast nur den Namen gemein. Bei zwischen 20 und 30 Prozent193 der Schwangeren wird das Bakterium nachgewiesen. Es ist also ziemlich häufig, dass Frauen positiv auf GBS getestet werden.

Manche Gynäkologen machen als Vorsichtsmaßnahme zusätzlich unter der Geburt einen GBS-Test, für den Fall, dass es seit dem letzten Test zu einer Besiedelung gekommen ist. Falls Sie zuvor schon ein Baby mit GBS hatten, die Geburt in der 37. Woche oder früher einsetzt oder Sie positiv auf Gruppe-B-Streptokokken getestet werden, empfiehlt der Arzt meist die intravenöse Gabe von Antibiotika unter der Geburt. Üblicherweise handelt es sich dabei um Penicillin, das alle vier Stunden gegeben wird, bis das Baby da ist. Das ist nicht nötig, wenn ein geplanter Kaiserschnitt ansteht.

Ich werde häufig gefragt: „Was soll ich machen? Soll ich die Antibiotika verweigern?“

Mein Rat ist, offen mit Ihrem Arzt zu sprechen und mit ihm gemeinsam die beste Behandlungsform zu überlegen.

Bei einer vaginalen Geburt oder wenn es zu einem Blasensprung (wobei das Fruchtwasser vor der Geburt durch die Vagina tröpfelt oder strömt) kam oder die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt infiziert ist (mit Chorioamnionitis194, wobei das Fruchtwasser faulig oder nicht klar ist und die infizierte Mutter meist Fieber über 38 °C hat), kann sich das Baby mit Gruppe-B-Streptokokken infizieren. Infektionen mit Gruppe-B-Streptokokken können fatal sein und zu Meningitis, Hirnschäden und einigen anderen Problemen, die fast jedes Organ betreffen, führen. Zwar sind sie glücklicherweise selten, aber diese Infektionen führten bei bis zu vier von tausend Lebendgeburten zu schweren Erkrankungen. Bei einer Mutter mit Gruppe-B-Streptokokken lag die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Baby infizierte, bei rund 1 Prozent. Die Behandlung von Müttern mit Antibiotika reduzierte die Infektionsrate um 80 Prozent.

Es ist besser, eine Übertragung von Gruppe-B-Streptokokken auf das Baby während der Geburt zu verhindern und der Mutter Antibiotika zu geben, als später ein krankes Kind zu behandeln. Schwierig ist, dass viele Eltern Antibiotika vermeiden möchten und daher das Risiko von 1:100, dass sich das Baby infiziert, eingehen. Zwar bin ich auch der Meinung, dass man Antibiotika wenn immer möglich vermeiden sollte, aber in dieser Situation sind die Risiken durch das Antibiotikum im Vergleich zu einer Infektion mit Gruppe-B-Streptokokken gering. Zeigt ein Baby Symptome einer Sepsis, darunter Fieber oder niedrige Körpertemperatur, schnelle Herzfrequenz, geringe Nahrungsaufnahme, kalte oder gefleckte Haut oder Schlappheit, muss ein Blutbild gemacht werden. Das Baby braucht Antibiotika und muss sehr genau überwacht werden, am besten auf der Neugeborenen-Intensivstation. Eine Sepsis entsteht, wenn die Zahl der Bakterien im Blut zunimmt. Häufig gehen sie auch ins Gehirn über. Unbehandelt kann sie tödlich verlaufen.

Leidet die Mutter eindeutig unter Chorioamnionitis, begleitet von fauligem Geruch des Fruchtwassers, sollte das Baby unbedingt intravenös mit Antibiotika behandelt werden, weil das Infektionsrisiko einfach zu hoch ist.

Doch bei einem strammen, offensichtlich gesunden, reif geborenen Baby, dessen Mutter positiv auf Gruppe-B-Streptokokken getestet wurde, fällt die Entscheidung schwerer. Ärzte sind schnell dabei, sowohl Mütter als auch Babys mit Antibiotika195 zu behandeln, wenn die Mutter unter der Geburt Fieber bekommt, auch wenn es nur leicht ist. Grund dafür ist eine vermutete Chorioamnionitis. Häufig hat der Gynäkologe bereits mit der intravenösen Antibiotikagabe bei der Mutter begonnen. Aber wenn keine erkennbaren gesundheitlichen Probleme vorliegen, gibt es keine Beweise, die für eine Antibiotikagabe beim Baby sprechen. Es ist sicherer, davon auszugehen, dass das Neugeborene gesund ist, und es in den kommenden Tagen und Wochen engmaschig auf Symptome zu kontrollieren.

Häufig lassen Kinderärzte eine Blutuntersuchung des Babys durchführen, ein sogenanntes komplettes Blutbild, und reagieren angesichts der Ergebnisse über. Bei dieser Untersuchung werden verschiedene Blutbestandteile gemessen, unter anderem die roten Blutkörperchen (die für den Transport von Sauerstoff verantwortlich sind), weißen Blutkörperchen (die Infektionen bekämpfen) und Blutplättchen (die für die Blutgerinnung wichtig sind). Manchmal zeigen die Testergebnisse eine Erhöhung der weißen Blutkörperchen mit vielen „Blasten“ (unreife weiße Blutkörperchen, die belegen, dass das Baby mehr infektionsbekämpfende Zellen bildet). Dass mehr weiße Blutkörperchen vorhanden sind, kann durch eine Infektion bedingt sein, wird aber häufig auch einfach nur durch den Geburtsstress ausgelöst. Das kann allerdings dazu führen, dass Kinderärzte fälschlicherweise eine Infektion diagnostizieren, obwohl gar keine vorliegt. Sie können höflich das komplette Blutbild ablehnen oder, falls Ihr Arzt darauf besteht, ihn bitten, den Test erst durchzuführen, wenn das Baby mindestens sechs Stunden alt ist. Sollte er auf einem Test direkt nach der Geburt bestehen, bitten Sie ihn um eine Wiederholung nach sechs Stunden, ehe Sie der Gabe von Antibiotika zustimmen.

Das Ziel ist, unnötige Antibiotika zu vermeiden, jedoch dann mit Antibiotika zu behandeln, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Infektion hoch ist.

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