Читать книгу Sternstunde der Mörder - Pavel Kohout - Страница 33

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Er fand in der Speisekammer ein Dutzend kleiner Schmalztöpfchen, anscheinend ließ sie die einzelnen monatlichen Speckzuteilungen aus, und einen Topf Linsensuppe, erstaunlicherweise mit einem großen Stück Rauchfleisch, die er sich auf dem Kanonenofen wärmte, es genügte, ihn durchzuschüren. Sogar eine Flasche Holunderwein entdeckte er. Er ließ sich den für einen anderen vorbereiteten Festschmaus mit Gusto schmecken. Am Ofen lag ein Vorrat Holzscheite, in der kleinen Küche wurde es im Nu fast heiß. Seine Beute im Wachspapier legte er vorsichtig zu den zusammengerollten Riemen in dem dünn gewordenen Stoffkoffer und legte ihn lieber in dem kühlen Korridor ab.

Der bleiche Körper auf dem Eßtisch begann wieder warm zu werden. Er berührte die Haut an der Schulter. Sie war rauh und trocken. Tote schwitzen nicht! stellte er überrascht fest. Dafür war sein Hemd nach dem Essen ganz schön feucht, und der Wein brachte seine Wangen zum Glühen. Doch ins Schlafzimmer, wo es bestimmt angenehmer sein mußte, ging er trotzdem nicht. Zum erstenmal hatte er die Möglichkeit, sich gründlich und in Ruhe anzusehen, was er getan hat.

Mein werk!

Er war zufrieden, daß ihm heute endlich einfiel, wie er es anfangen soll. Er hat sich wie ein Idiot benommen und Wahnsinniges riskiert, als er die ersten beiden zunächst zu Tode erschrekken ließ. Die von Brünn hat sich in ein Tier verwandelt, das um sein Leben kämpfte, mit Ach und Krach und dazu Glück hat er sie bezwungen. Bei der zweiten war es offenbar seine Rettung, daß sie ihn Anerkannte und sich ihm ergab, eine andere hätte ihm in ihrem Selbsterhaltungstrieb ganz schön zusetzen können. Das wurde ihm klar, als er daheim alles noch einmal durchging, und er hat deshalb beschlossen, das nächste Mal zuerst Das vertrauen zu gewinnen.

Der heutige Tag gab ihm recht. Er hat sie so gut betäubt, daß er ohne Eile Das nötige vorbereiten konnte. Sie kam erst auf dem Tisch zu sich, entblößt, zugepflastert und angeschnallt, zur rechten Zeit, um zusehen zu können, was mit ihr geschieht. Er wählte das gleiche Verfahren und war zufrieden, daß er damit viel weniger Arbeit hatte als kürzlich am Moldaukai. Zu hören war nur ein Wimmern, und das Rucken des Körpers hinderte ihn nicht, alle Schnitte so auszuführen, wie es ihm vorgezeichnet war. Sie hielt überraschend lange durch, wie ihm schien, bis zu dem Augenblick, da er ihr Es herausschnitt.

Jetzt zog er die Handschuhe noch einmal aus und berührte die Bestrafte an weiteren Stellen, um dann mit demselben Finger an sich selbst zu prüfen, ob das ein anderes Gefühl ist. Das schien ihm nicht so. Um so mehr überraschten ihn ihre Haare. Er hatte sie dabei gepackt, da sie lang waren; als sie im Schrank versank, glitten sie ihm durch die Hände, auch während er an ihr arbeitete, waren es immer noch Haare. Als er sie jetzt anfaßte, gingen sie nicht auseinander, sie erinnerten ihn an das Werg, mit dem er öliges Werkzeug zu putzen pflegte. So machte er eine neue Entdeckung: Haare sterben zuerst.

Dann sah er sich aus der Nähe die Finger an, von denen er noch aus dem Ungarnfeldzug wußte:

Nägel und bart leben am längsten.

Hat er doch damals bei der Beerdigung eines blutjungen Rekruten geholfen, der noch seinen ersten Bart bekam, ehe aus der Etappe der entschwundene Sargdeckel nachgeliefert wurde. Er hob jetzt den fast abgetrennten Kopf an und nickte befriedigt: Über der Oberlippe sprossen deutlich Schnurrbarthaare.

Dann sagte er sich plötzlich, genug für heute und an der Zeit, sich auf den Rückweg zu machen. Er zog die Handschuhe wieder an, die er nur ablegte, als er sie berührte, prüfte sorgfältig, ob er auch keine andere verräterische Spur hinterließ, schlüpfte in den Lodenmantel und stopfte schließlich in einer plötzlichen Entscheidung den Ofen mit Scheiten voll, bis er nicht mehr zuging. Mochte dieses Verdorbene wesen tüchtig Verderben, bis sich ihr Amant einstellt!

Sein Ohr vernahm durch die Tür nur die Stille des Treppenhauses, leer war auch die kurze Straße, als er vorsichtig aus dem Haus lugte. Er ging sie hinunter, ohne einem Menschen zu begegnen. Dennoch ließ ihn der beunruhigende Gedanke nicht los, er habe etwas vernachlässigt. Erst am Smíchover Bahnhof kam er drauf: der Hausmeister! Er hatte sich doch heute vor der Abfahrt den Hausmeister vornehmen wollen. Aber es war ziemlich spät, und die Nachtzüge wurden jetzt oft gestrichen. Im übrigen kann der Kerl ihn nicht erkennen, solange er ihn nicht vor sich sieht! Die Hauptsache ist deshalb das Alibi, nicht der Schatten eines Verdachts darf auf ihn fallen.

Im verdunkelten Abteil las er in der Zeitung von versenkten britischen Bruttoregistertonnen, von abgeschossenen amerikanischen Flugzeugen und vernichteten bolschewistischen Panzern, doch er vergaß es gleich. Er malte sich aus, was man morgen Über ihn schreiben wird.

Sternstunde der Mörder

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