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6.

Im Raumvater

Die On-Piraten

Die Roboter hielten Perry Rhodan weiterhin mit ihren Traktorstrahlen fest.

Vier Onryonen gingen auf den Terraner zu und betrachteten ihn gelassen. Die Emots hatten ins Hellblaue gewechselt, als freuten sie sich.

»Zieht ihm den SERUN aus!«, befahl ein Onryone, der etwas bulliger gebaut war als die anderen.

Rhodan wusste, dass er keine Chance hatte, sich gegen die Übermacht von Onryonen und Robotern zu behaupten, leistete aber trotzdem erbitterten Widerstand, schüttelte sich und versuchte, sich von den Robotern wegzudrehen. Doch es war sinnlos, die Kugelroboter waren überall.

Schließlich wurde einer der Onryonen des Spiels überdrüssig und befahl den Einsatz eines Fesselfeldgenerators.

Nun konnte Rhodan sich überhaupt nicht mehr bewegen. Aber er tobte und schrie, was das Zeug hielt, bot eine gute Show und hoffte, Sholotow Affatenga würde sie nutzen.

Mithilfe ihrer Traktorstrahlen öffneten die Roboter den SERUN, ohne ihn zu beschädigen. Ein hagerer Onryone, der etwas älter als die anderen wirkte, trat zu dem Anzug, der von den Strahlen in der Luft gehalten wurde, und untersuchte ihn.

Dann sah er stirnrunzelnd zu dem Terraner. Sein Emot-Organ färbte sich grau.

Damit drückte der Humanoide Misstrauen oder Zweifel aus, wie Rhodan wusste. Die Onryonen hatten einst in der Milchstraße gelebt und waren beinahe einem Völkermord zum Opfer gefallen. Erst 1150 NGZ hatten sie sich im Gefolge des Atopischen Tribunals unbemerkt wieder in der Galaxis angesiedelt – und waren geblieben, nachdem das Tribunal längst Geschichte war.

Anfangs hatte Rhodan keine allzu guten Erfahrungen mit den Onryonen gemacht, allerdings hatte sich das Verhältnis längst normalisiert, und die Onryonen waren ein selbstverständlicher Teil galaktischen Alltags geworden.

Jedenfalls war das vor fünfhundert Jahren so gewesen.

Und nun?

Nun hatte ein Raumvater – wie die Onryonen ihre Raumschiffe bezeichneten – mithilfe dieses seltsamen Wurms die BJO BREISKOLL angegriffen!

Hatte sich das Verhältnis zwischen Menschen und Onryonen wieder verschlechtert? Lebten sie vielleicht sogar in einem offenen Konflikt miteinander? Oder handelte es sich bei der Kaperung der BJO um einen Einzelfall, den er isoliert betrachten musste? Er wusste zu wenig über die Zustände in der Milchstraße, um ein endgültiges Urteil fällen zu können. Zuerst musste er mehr erfahren.

Woher rührte das Misstrauen des Onryonen? Hatte er erkannt, dass es sich bei dem SERUN um ein Modell handelte, das von der Machart her mehrere Hundert Jahre alt war?

Während das Fesselfeld Rhodan noch im Griff hatte, trat der Onryone auf ihn zu. Fast spöttisch ließ er den Blick über ihn gleiten.

»Ich bin Occnar Saddoryc«, sagte er wie im beiläufigen Konversationston. »Mein Schiff ist die AUCBURN, ein onryonischer Raumvater!« Ein gewisser Stolz schwang unüberhörbar in seiner Stimme mit.

Rhodan tat so, als würde er sich langsam beruhigen. Sholotow Affatenga war hoffentlich die Flucht gelungen. Es überraschte ihn, dass die Detektoren im Hangar den Siganesen nicht entdeckt hatten. Offensichtlich ließ Occnar Saddoryc im Umgang mit seinen Gefangenen eine gewisse Überheblichkeit walten. Wer rechnete auch schon mit Siganesen, wenn man einen Terraner fing?

»Ein stolzes Schiff«, ging Rhodan auf das Spiel des Onryonen ein. »Und eine wirklich außergewöhnliche ... Kreatur.«

»Ja, nicht wahr?« Das Emot-Organ blieb grau; das Misstrauen des Onryonen hatte sich nicht gelegt. Rhodan fragte sich, ob Saddoryc ihn erkannt hatte, was natürlich gewisse Fragen aufwerfen würde. In den letzten fünfhundert Jahren war er in der Milchstraße nicht in Erscheinung getreten, doch dass man ihn außerhalb der Liga Freier Galaktiker völlig vergessen hatte, bezweifelte er.

Erinnerte sich der Onryone an ihn? Dann würde er sich zweifellos fragen, wieso er nun plötzlich wieder auf der Bühne aufgetaucht war.

»Das ist mein liebster Deccar.« Saddoryc ging zu dem wurmähnlichen Geschöpf und hämmerte mit der Faust auf dessen Haut. Die Kreatur mochte den Schlag als zärtliche Liebkosung empfinden. Geduldig schwebte sie im Hangar, drehte langsam den Kopf von einer Seite zur anderen, musste aber nicht im Zaum gehalten werden, was ihren Fressdrang betraf. »Darf ich dir ihren Reiter vorstellen? Das ist Klingsor Too. Er hat großen Anteil daran, dass unsere Begegnung möglich wurde.«

Ein Mann trat hinter der Wurmkreatur hervor. Es war ein Terraner, vielleicht sechzig Jahre alt, mit vollem, blondem Haupthaar, blondem Bart und grünen Augen. Unsicher lächelte er dem Onryonen zu.

Den Begriff Reiter musste Rhodan wohl relativ weit fassen. Der Terraner hatte schließlich nicht auf dem Deccar gesessen. Wenn überhaupt, hatte er sich in dem Geschöpf befunden. Aber Rhodans Verdacht, dass der Wurm gesteuert wurde, hatte sich damit bestätigt.

Klingsor Too betrachtete Rhodan mit derselben unverhohlenen Neugier wie der Onryone. In Rhodan keimte der Verdacht, dass die Besatzung des Raumvaters über seine Identität genau informiert war.

»Du bist also gewissermaßen der Steuermann des Deccars?«, wandte sich Rhodan direkt an Too.

Der Mann ging nicht auf ihn ein. Er wirkte irgendwie abweisend, machte einen neugierigen, nicht unbedingt boshaften Eindruck. Dafür sprach auch, dass Too die Menschen an Bord der BJO BREISKOLL geschont hatte, wann immer es möglich gewesen war. Er schien den Onryonen jedoch treu ergeben zu sein.

Rhodan zuckte mit den Achseln und wandte sich wieder Saddoryc zu. Der Onryone schien wesentlich gesprächsbereiter als der Deccar-Reiter zu sein.

»Warum habt ihr die BJO BREISKOLL überfallen?«, fragte er.

Das Emot-Organ des Onryonen färbte sich blassrot, zeigte eine leicht metallische Tönung. »Wir sind On-Piraten«, antwortete er, als sei damit alles gesagt.

Rhodan sah ihn fragend an. Diese Antwort war zwar verständlich – als On-Raum bezeichneten die Onryonen den Linearraum –, und was Piraten waren, wusste er auch. Aber seinerzeit hatte es einen solchen Berufszweig nicht gegeben.

»Freibeuter? Piraten? Oder Korsaren?«, versuchte er, weitere Informationen zu bekommen. Ihm schien, dass der Zugriff auf die BJO gezielt erfolgt war. War es möglich, dass die Onryonen es ganz gezielt auf ihn abgesehen hatten? Dass sie ihn gesucht hatten? Vielleicht sogar im Auftrag? Kooperierten sie mit den Cairanern?

»Ja«, sagte Saddoryc. »So in etwa.«

»Und nun habt ihr mich«, stellte Rhodan fest.

»Und nun haben wir dich.« Das Emot-Organ nahm eine altgoldene Färbung an, die von einer spöttischen Grundeinstellung zeugte. Der Kommandant des Raumvaters schien das Spiel zu genießen.

Occnar Saddoryc mochte redselig sein, aber er war nicht dumm. Er fiel auf keine Falle herein. Rhodan gestand sich ein, dass seine Versuche etwas primitiv waren, aber besser konnte er gerade nicht improvisieren.

Der Onryone war ein ebenbürtiger Gegner. Beide versuchten einander auszuhorchen und gleichzeitig so wenig wie möglich an relevanten Informationen preiszugeben. Wobei Saddoryc im Vorteil war: Rhodan war sein Gefangener.

»Was habt ihr mit mir vor?«, fragte Rhodan geradeheraus, um die Sache zu beschleunigen und Saddoryc den Spaß zu nehmen.

Der Onryone sah ihn ausgiebig an. »Das wird sich ergeben. Zunächst werden wir dich festsetzen. Ausbruchsicher, versteht sich. Danach werden wir dich befragen, und wenn wir damit fertig sind, werden wir ganz bestimmt eine nutzbringende Verwendung für dich finden.«

Saddoryc hatte zwar mit keinem Wort von Auftraggebern gesprochen, aber das musste nichts bedeuten. Er gab bei aller Redseligkeit nur sehr wenige Informationen preis. Aber falls er wirklich im Auftrag der Cairaner handelte, musste Rhodan unter allen Umständen verhindern, dass er an sie ausgeliefert wurde.

Er fragte sich, wie es Tenga ergangen war und welche Optionen der Siganese gerade durchspielte.

Der Kommandant machte eine Handbewegung, und drei seiner Leute nahmen Rhodan in die Mitte. Einer versetzte ihm einen Stoß gegen die Schulter.

»Geh voran«, sagte Saddoryc und trat hinter ihn.

Der Terraner kannte die Raumväter der Onryonen. Sie hatten vor fünfhundert Jahren oft in besonderen Geschwadern operiert, den Raumrudeln. Das musste sich nicht unbedingt geändert haben.

War die AUCBURN Teil eines solchen Rudels? Oder operierte sie allein, auf eigene Faust?

Rhodan konnte sich einigermaßen orientieren. Die Onryonen bugsierten ihn durch Gänge, die möglichst weit von den bedeutenden Schiffsteilen entfernt lagen. Dennoch fielen ihm auf dem Weg einige Abweichungen zu jenen Raumvätern auf, die er kannte.

Am bemerkenswertesten war ein erstaunlich großes Biotop, durch das er geführt wurde. Dort lebten zahlreiche Deccars, in einer Art Reservat, das eventuell ihrer natürlichen Umgebung nachempfunden war.

Oder doch nicht? Der riesige Wurm, der in die BJO BREISKOLL eingedrungen war, hatte Metall und Kunststoff gefressen, diese künstlichen Substanzen in Gase umgewandelt, die er dann aufgenommen hatte. Verfügte er über einen Konvertermagen, ähnlich wie ein Haluter? In dem Biotop hingegen wucherten Grünpflanzen in unterschiedlichster Zusammensetzung, von dichten Sträuchern über kleine Bäume bis hin zu hohen Gräsern, die auf Hängen und Ebenen wuchsen. Rhodan sah zwei Deccar-Würmer gemächlich über die Vegetation treiben und gelegentlich an Sträuchern weiden.

Auch Anuupischwärme sah er, die von den Onryonen als Lichtquellen benutzt wurden. Anuupis schwebten mithilfe eines Gases, das sie durch Photosynthese und mittels aus der Luft aufgenommener Mikroben erzeugten, und verbreiteten ein angenehmes, schwaches Licht.

Er bemerkte aber auch ihm bisher unbekannte Tierarten, die meisten davon recht klein, wie sie hinter Büschen hervorlugten oder durch das violette Laubwerk niedriger Bäume huschten.

Rhodan vermutete, dass es sich bei diesem Reservat oder Biotop um eine Art Labor handelte, in denen die Deccars permanent untersucht wurden. Wahrscheinlich lebten sie dauerhaft an Bord und hatten sich auf ein Leben im On-Raum eingerichtet – oder waren dafür technisch oder genetisch optimiert worden. Als Linearraumspezialisten war den Onryonen beides durchaus zuzutrauen.

Schließlich erreichten Rhodan und seine Bewacher einen Zellentrakt. Saddorycs misstrauischer Blick war das Letzte, was Rhodan bemerkte, ehe sich vor ihm ein Energieschirm aufbaute.

Wieder saß er fest.

*

Occnar Saddoryc vertraute den technischen Qualitäten der Zelle nicht, jedenfalls nicht vollständig. Zur Sicherheit postierte er drei Wächter vor dem Hochsicherheitsraum, zwei Onryonen und einen der kugelförmigen Roboter.

Rhodan konnte die Überlegungen des Piratenkapitäns nachvollziehen. Seine Zelle war zwar ausbruchsicher, doch sollte es zu einem so gut wie undenkbaren vollständigen Energieausfall an Bord kommen und der Prallschirm zusammenbrechen, wären noch immer Besatzungsmitglieder vor Ort, die eine Flucht verhindern konnten.

Er beäugte die beiden Onryonen neugierig: Einer hatte ein Lebewesen im Schlepptau, wohl ein Tier, das mit kybernetischen Elementen aufgerüstet war. An den Unterarmen und den Oberschenkeln bemerkte Rhodan die typischen kleinen Platinen und Schalttafeln. Das Tier ähnelte einer riesenhaften, fast zwei Meter großen weißen Fledermaus, und wirkte durchaus bedrohlich.

Der Onryone drehte den Kopf zu Rhodan. »Versuch es gar nicht erst«, sagte er. »Die Zelle ist ausbruchsicher. Doch selbst, wenn dir eine Flucht gelingen sollte, kämest du an dem Jarrashalla nicht vorbei.«

Wie zur Bestätigung schwang die riesige Fledermaus die Flügel und erhob sich mühelos in die Luft.

Der Jarrashalla war also flugfähig.

»Ein interessantes Tier«, sagte Rhodan. »Lass mich raten: Es orientiert sich über einen Ultraschallsinn?«

»Du kennst die Jarrashalla?«, fragte der Onryone anerkennend. »Das tun nicht viele.«

»Ich weiß nicht viel über sie«, gab Rhodan zu.

»Dann werde ich dein Wissen erweitern«, sagte der Wächter leutselig. »Jarrashalla nutzen Echolot, Infrarotsicht und Geruchssinn zur Orientierung, sie sind dämmerungsaktiv, und mit der Spitze ihrer verhornten Zunge injizieren sie ein schnell wirkendes Nervengift.«

»Tödlich?«

»So viel Glück hast du nicht. Es ist ein Lähmgift. Solltest du also wegen deiner aussichtslosen Lage Selbstmord in Betracht ziehen, musst du dir etwas anderes einfallen lassen.«

»Danke für die Informationen«, sagte Rhodan. »Sieht wirklich so aus, als hättet ihr an alles gedacht.«

»Das will ich meinen. Ergib dich also in dein Schicksal!«, fuhr der Wächter fort. »Wenn du vernünftig bist, sparen beiden Seiten Energie. Nur deshalb habe ich dich so bereitwillig informiert.«

Rhodan warf dem Onryonen einen verwunderten Blick zu. »Und du ziehst nicht in Erwägung, dass ich deine Informationen nutze, um eine Sicherheitslücke zu finden?«

»Tu, was du nicht lassen kannst, aber beschwer dich nachher nicht bei mir, ich hätte dich nicht gewarnt.« Damit drehte der Onryone sich wieder um.

Rhodan seufzte. Also schön ...

Die Gefängniszelle war völlig leer. Rhodan ging in der hinteren Ecke, von der aus er den Vorraum im Blick hatte, in die Hocke und rutschte langsam die Wand hinab. Obwohl er hellwach und bis zum Zerreißen angespannt war, schloss er die Augen und gab vor, langsam in einen Dämmerschlaf zu fallen.

Seine Wächter nahmen ihn offenbar nicht mehr zur Kenntnis. Während der Roboter bewegungslos an Ort und Stelle schwebte und die kybernetische Riesenfledermaus hin und her watschelte und gelegentlich mit den Flügeln schlug, unterhielten sich die Onryonen ungeniert, als wäre er gar nicht vorhanden.

Drückten sie mit dieser vermeintlichen Missachtung ihre Geringschätzung für den unwürdigen Gefangenen aus? Oder wollten sie Rhodan verspotten? Das Gespräch drehte sich um onryonische Standardthemen: gemeinsame Toilettengänge, die neuesten Faenna-Holos, die Onryonen beim – igitt! – Essen zeigten, und um ihre Schlafrudel.

Doch plötzlich merkte Rhodan auf. »Glaubst du wirklich«, fragte der eine Wächter den anderen, »dass der Kommandant mit einer Belohnung rechnen kann, wie sie nur die Cairaner geben können?«

»Wenn sich unsere Beute wirklich als so wertvoll herausstellt, wie der Kommandant hofft ... ja, dann bekommt er vielleicht eine ViTraf ...«

»Meinst du das ernst? Es könnte eine Transfusion von Vitalenergie für ihn rausspringen?«

Vitalenergie-Transfusion ... Rhodan schauderte. Offenbar entzogen die die Cairaner nicht nur Lebenskraft, sondern setzten sie überdies als eine Art Währung ein, als Belohnung. Oder versprachen es wenigstens glaubwürdig genug.

»Wer weiß«, setzte der erste Onryone den Gedanken versonnen fort, »vielleicht lässt er diesen Preis ja allen Besatzungsmitgliedern zuteil werden ... wenn auch in verschiedenen Dosierungen ...«

So umständlich und zögernd er diesen Gedanken formulierte, so viel Hoffnung schwang darin mit. Die Aussicht auf Vitalenergie schien eine erhebliche Motivation für die Wächter darzustellen.

Als einer von ihnen wieder zu Rhodan herübersah, schien er ihn mit ganz anderen Augen zu betrachten. Nicht spöttisch oder verächtlich, sondern geradezu ehrfürchtig, als hätten sie endlich begriffen, wie wertvoll er noch für sie sein könnte.

Rhodan war allerdings ganz anderer Ansicht. Er hoffte inbrünstig, dass der Deal platzen und die Onryonen niemals dazu kommen würden, ihn an die Cairaner zu überstellen. Denn dann sanken seine Chancen, mit heiler Haut aus dieser Zwangslage herauszukommen, ins Bodenlose.

Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1)

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