Читать книгу Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1) - Perry Rhodan - Страница 157
Оглавление9.
BJO BREISKOLL
Das Kleeblatt
Der Oxtorner war schnell, unglaublich schnell. Und er ging mit rücksichtsloser Gewalt vor.
»Er schießt auf alles, was sich bewegt!«, murmelte Hope Tiranjaar.
Sie folgte der Spur der Zerstörung, die der Oxtorner hinterlassen hatte, versuchte, zu ihm aufzuschließen, ohne ihm zu nahe zu kommen. Er hätte kurzen Prozess mit ihr gemacht. Sie wollte nicht in die Reichweite des schweren Kombistrahlers geraten, mit dem er bewaffnet war.
»Und auf vieles, was sich nicht bewegt!«, kommentierte Donn Yaradua neben ihr verbissen. Der Metabolist folgte ihr in ein paar Metern Abstand. Er empfand gehörigen Respekt vor der oxtornischen Kampfmaschine. Oxtorner verkrafteten problemlos Temperaturen zwischen minus einhundert und plus einhundertzwanzig Grad Celsius und Stürme von eintausend Stundenkilometern, sonst wären sie auf ihrer Heimatwelt dem Untergang geweiht.
Die körperlichen Vorzüge eines Oxtorners gegenüber Normalterranern waren Hope hinlänglich bekannt. Doch sie wollte nicht daran denken und verdrängte sie. Ihr genügte die Allerweltskenntnis, dass oxtornische Muskeln und Knochen der Stabilität von Stahlplastik in nichts nachstanden und die Haut selbst dem Beschuss aus einem Handthermostrahler widerstand. Sie hatte Geschichten gehört, denen zufolge ein im Kampfsport ausgebildeter Oxtorner einmal einen Haluter angegriffen und diesen Irrsinn überlebt hatte. Bislang hatte sie sie immer ins Reich der Fabel verwiesen, aber nun, als sie zum ersten Mal einen Oxtorner als Gegner hatte, war sie sich nicht mehr sicher.
Andererseits: Ein Haluter war kein TARA-IX-INSIDE. Diese kegelstumpfförmigen Kampfmaschinen waren eigens für den Einsatz in geschlossenen Räumen entwickelt worden. Gegen den Wurm mochten sie nur wenig ausrichten können, weil er ihre Waffenenergien einfach vereinnahmte, bei einem Oxtorner sah das ganz anders aus.
Zwei Kampfroboter verfolgten den Oxtorner, die Biopositroniken von zwei weiteren hatten die Lage analysiert und flogen einen Abfangkurs.
Hope nickte zufrieden.
Es kam darauf an, den Oxtorner von seinem Ziel fernzuhalten. Hatte er es erst einmal erreicht, war er erneut im Vorteil. Dann konnte er die Eigenschaften der wurmähnlichen Kreatur nutzen, um seine Pläne zu verwirklichen.
Ein Holo zeigte den Oxtorner, wie er die Wand eines Ganges zerstrahlte und die glühenden Trümmerstücke einfach mit einem Faustschlag zertrümmerte. Natürlich wurde er von seinem Kampfanzug geschützt, aber in der Aktion lag dermaßen viel Kraft, dass der Sicherheitschefin schauderte. Dabei unterschied sich der Oxtorner vom Körperbau her kaum von einem athletischen Terraner. Doch er wog aufgrund der Kompaktkonstitution seines Körpers etwa das Sieben- bis Achtfache eines Terraners und verfügte trotz seiner relativ geringen Körpergröße über titanische Kräfte.
Zwei TARAS stiegen einen halben Meter höher, bis sie unmittelbar unter der Decke des Gangs schwebten. Dann eröffneten sie das Feuer, achteten aber sorgsam darauf, nicht auf den Wurm zu zielen. Ihr Feuer konzentrierte sich auf den Oxtorner.
Der warf sich mit einem lauten Schrei zur Seite. Er war zwar unglaublich schnell, aber mit der Reaktionsgeschwindigkeit eines hochgezüchteten Kampfroboters konnte kein organisches Wesen mithalten. Sein Individualschirm loderte auf, schien in Flammen zu stehen, und brach dann zusammen.
Jeder Terraner wäre von der überlichtschnellen Hyperstrahlung, die für kurze Zeit mit konstantem Richtungsvektor auf das Zielgebiet wirkte und jedes bekannte Material zertrümmerte, zu Staub zermalmt worden. Der Oxtorner steckte den hammerschlagähnlichen Streifschuss, denn mehr konnte er nicht abbekommen haben, jedoch weg.
Hope fluchte leise. Ein, zwei Sekunden hatten den TARAS gefehlt, dann hätten sie ihr Ziel perfekt getroffen. So aber kroch der Oxtorner weiter zu dem überlebenden Wurm, der sofort anhielt und auf ihn zu warten schien.
Die TARAS stellten das Feuer ein, um das fremdartige Wesen nicht zusätzlich zu stärken.
Fassungslos beobachtete Hope, wie der Oxtorner sämtliche Kräfte bündelte und an der Seite der Kreatur hinaufkletterte.
Ein Riss entstand in der dicken Haut des Geschöpfs. Mit weit aufgerissenen Augen sah Hope, wie der Oxtorner hindurchglitt. Augenblicklich schloss sich die Falte wieder.
»OXFORD?«
»Das scheint ein weiteres Organ zu sein, das die kleinen Würmer bilden. In ihm scheint substanzielles und festmaterielles Gut verwahrt und transportiert werden zu können. Solch eine Kammer hat ja auch Perry Rhodan aufgenommen.«
Die Kreatur setzte sich unverzüglich wieder in Bewegung. Aber nun schien sie ein klar definiertes Ziel zu haben und nicht mehr lediglich Chaos verbreiten zu wollen.
Sie hielt auf das Lineartriebwerk zu.
Die TARAS hatten versagt.
*
»Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, den Wurm aufzuhalten!«, meldete sich die Bordpositronik.
»Und wie?«, fragte Hope.
»Die bisher vorhandenen und die in den letzten Minuten neu gewonnenen Daten geben nun ein eindeutiges Bild. Ich habe einen entsprechenden Plan entwickelt. Achte auf die Holos!«
Mit einer Handbewegung rief die Sicherheitschefin sie auf.
Das erste zeigte die vorrückende Kreatur. Plötzlich stoppte sie; vor ihr hatte sich ein blauer Energieschirm aufgebaut.
Ein Paratron!, dachte Hope. Er leitete jegliche auftreffende Energie über einen Kontinuum-Strukturriss in den Hyperraum ab. Er war die beste Hoffnung, die sie hatten. Die Sicherheitschefin hoffte lediglich, dass die bereits angerichteten Schäden an Bord die Energieversorgung nicht beeinträchtigten.
Das wurmähnliche Geschöpf schwebte langsam weiter. Der Schirm veränderte sukzessive seine Farbe, bis er in einem intensiven Rot leuchtete.
Doch er hielt stand, auch wenn die Kreatur versuchte, ihm Energie abzuzapfen.
Schließlich gab sie die sinnlosen Bemühungen auf und desintegrierte durch den Boden des Decks. Mit einem gewaltigen Peitschen ihres Hinterteils setzte sie sich wieder in Bewegung.
»Paratronschirme kann die Kreatur also tatsächlich nicht durchdringen ...«, murmelte Hope wie zu sich selbst.
»Trotzdem können wir die Kreatur damit nicht innerhalb der BJO einfach isolieren«, holte die Bordpositronik sie auf den Boden der Tatsachen zurück.
»Wir müssten eine komplette Feldkugel um sie errichten, da sie sich sonst durch Wände oder den Boden oder die Decke desintegriert ... Was schlägst du vor, OXFORD?«
»Das ist nicht ganz einfach. Die meisten Bereiche der BJO BREISKOLL sind dafür nicht geeignet. Am ehesten bietet sich ein Zellentrakt an.«
Hope dachte kurz nach. Der Sicherheitsbereich der BJO war in Form eines Kleeblatts angelegt. Jede der vier Abteilungen enthielt jeweils vier Arrestzellen. »Dann soll es so sein. Aber wie kriegen wir das Viech dorthin?«
»Wir müssen versuchen, die Kreatur dorthin zu treiben. Das kann uns nur mithilfe portabler Paratronschirme gelingen. Es ist zwar mühsam, aber wir haben keine andere Wahl.«
»Ist die BJO imstande, die für die Paratronschirme nötige Energie zu erzeugen?«
»Es ist denkbar knapp, aber durchaus möglich.«
»Wir versuchen es und lenken die Kreatur in Richtung des größten Zellentrakts. Lass dort sämtliche Zwischenwände entfernen, um Platz zu schaffen.«
»Ich erteile die Anweisung.« OXFORD hielt kurz inne. »Ich melde mich wieder.«
Hope Tiranjaar atmete tief ein. Sie befahl ihren Leuten den Rückzug. Der Versuch, die Kreatur mit Waffengewalt zu stoppen, war zum Scheitern verurteilt und würde lediglich hohe Verluste mit sich bringen.
Nun war die Stunde der Techniker gekommen.
Das Licht flackerte, ganz kurz nur, aber deutlich wahrnehmbar. Die Schäden durch den Wurm forderten ihren Tribut.
Sekunden später baute sich ein weiterer Paratronschirm vor der Kreatur auf. Sie zögerte kurz und fraß sich dann buchstäblich durch den Boden des Decks. Aber sie verlor das Ziel nicht aus den Augen. Der Wurm kroch ein paar Meter weiter, dann orientierte er sich neu.
Hope fragte sich, wie er wieder in die Höhe steigen wollte. Sie musste nicht lange warten, dann hob sich sein vorderer Teil mit dem Maul. Problemlos erreichte er die Decke des Gangs und desintegrierte sie.
»Evakuiert die Bereiche, durch die der Wurm vordringen wird!«, befahl Hope. »Und setzt Reparaturroboter in Marsch! Sie sollen die Schäden, die die Kreatur verursacht, so schnell und gut wie möglich ausbessern!«
Die Sicherheitschefin hatte diese Anweisung geben müssen. Die Schäden an der BJO waren beträchtlich.
Über den direkten Konflikt mit dem wurmähnlichen Wesen durften sie aber nicht vergessen, dass dieses Geschöpf nur Teil eines viel umfangreicheren Plans sein dürfte. Die BJO BREISKOLL wurde angegriffen. Eine unbekannte Macht hielt das Schiff im Halbraum, verhinderte, dass es in den Normalraum zurückkehren konnte. Und nun sollten die Lineartriebwerke zerstört werden. Damit wäre das Schiff endgültig überlichtfluguntauglich und würde auf ewig an dieser Stelle der Milchstraße festsitzen, eine leichte Beute für andere Raumschiffe.
Diese Entwicklung mussten sie auf jeden Fall verhindern. Die BJO musste manövrierfähig bleiben.
Ein weiterer Paratronschirm baute sich vor der Kreatur auf.
Ein Holo bildete sich vor ihr. Es zeigte Farye Sepheroa. Rhodans Enkelin schaute verkniffen drein. »Schlechte Nachrichten, Hope. OXFORD hat Alarm geschlagen. Die Bordpositronik hat festgestellt, dass die in die Enge getriebene Kreatur offenbar die Energie der auf sie abgeschossenen Energiewaffen aufgenommen hat und sie nun zusammenzieht.«
»Was genau soll das heißen?«, fragte Hope.
»Einzelne Bereiche der Kreatur werden heißer. Außerdem fluktuiert in diesen Bereichen das fünfdimensionale Desintegrationsfeld. Die Kreatur droht zu einer lebenden Bombe zu werden.«
»Das hat uns gerade noch gefehlt ...«, flüsterte Hope leise.
Farye nickte ernst. »OXFORD fürchtet, dass sie ganze Bereiche der BJO BREISKOLL verheeren könnte.«
»Wir müssen sie schnellstens aufhalten ...«
»... und aus der BJO entfernen«, ergänzte Farye.
»Zumindest sollte es uns gelingen, den Zellentrakt, der ohnehin als Ziel dient, durch einen rundum geschlossenen Paratronschirm zu isolieren. Kann das die Sprengwirkung aufhalten?«
»Aller Wahrscheinlichkeit nach, meint OXFORD. Dann wäre sie auf das Innere des isolierten Bereichs beschränkt.«
Das Holo brach abrupt zusammen.
Hope Tiranjaar sah Donn Yaradua an. »Es tut mir leid, aber du musst noch einmal ran. Wir starten einem letzten Angriff.«
Yaradua schüttelte den Kopf. »Das ist doch eine Verzweiflungstat!«
»Haben wir eine Wahl? Ich sorge dafür, dass die Kreatur weiter in Richtung Zellentrakt getrieben wird, und du versuchst, mittels deiner Gabe noch einmal Zugriff zu bekommen!«
Das vierblättrige Kleeblatt, nach dem der Sicherheitsbereich der BJO BREISKOLL angelegt worden war, hatte einmal als Glücksbringer gegolten. Hope befürchtete jedoch, dass diese Zeit längst vorbei und vergessen war.
Genau wie die Erde, dachte sie fatalistisch.