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8.

AUCBURN

Die Medostation

Perry Rhodan musste nicht lange warten, jedenfalls nicht so lange, dass er ohne die Instrumente des SERUNS das Zeitgefühl verloren hätte. Er schätzte, dass keine zwei Stunden vergangen waren, als mehrere Onryonen vor der Zelle erschienen.

Sie unterhielten sich kurz mit den Wächtern, von denen einer sich aus Rhodans Blickfeld zurückzog. Unmittelbar darauf erlosch der Energieschirm, der die Zelle sicherte.

Sie mussten nichts sagen. Gegenwehr war sinnlos; die Onryonen hätten ein Fesselfeld um ihn legen und ihn einfach mitschleppen können. Es war ihm lieber, auf eigenen Füßen zu gehen.

»Wohin bringt ihr mich?«, fragte er.

Der Anführer des Kommandos betrachtete ihn. Sein Emot-Organ leuchtete in gleichmütigem Dunkelrot. »In die Medoabteilung. Wir müssen dich eingehend untersuchen.«

Aus dem Augenwinkel sah Rhodan, dass sich einer der kugelförmigen Roboter geräuschlos in Bewegung setzte und ihnen folgte. Auch der Jarrashalla schlurfte hinter ihnen her, als würde er ganz genau verstehen, was man von ihm erwartete.

Wie war das gleich noch? Er sonderte ein schnell wirkendes, lähmendes Nervengift ab? »Und euer Jarrashalla?«, fragte Rhodan.

Die Farbe des Emots wechselte zu einem belustigten metallischen Blassrot. »Vielleicht wird er dich beißen. Natürlich nur unter ärztlicher Aufsicht.«

»Warum?«

Der Onryone antwortete nicht. Aber Rhodan konnte es sich denken.

Die Onryonen wollten seine Identität bestätigen. Wenn er der war, für den sie ihn hielten, sollte er wegen seines Zellaktivators den Biss unbeschadet überstehen. Eine einfachere Möglichkeit gab es nicht.

Diesmal legten die Onryonen ein Optikfeld um ihn. Rhodans Sicht war auf ein paar Meter beschränkt, dann wurde alles undeutlich, verschwamm so stark, dass er die Umgebung nur noch verwaschen ausmachen konnte. Er vermutete, dass er nun durch sensible Bereiche der AUCBURN geführt wurde, über die er keine Kenntnisse erlangen sollte.

Kurz darauf betraten sie die Medostation. Sie basierte auf der Technologie der Onryonen und unterschied sich beträchtlich von den Gegenstücken auf terranischen Raumschiffen. Am auffälligsten war, dass es keine einzelnen Medobetten gab, sondern eine große Liegewiese, die von mehreren Patienten genutzt werden konnte.

Kein Wunder, dachte Rhodan. Onryonen bildeten bereits im Kindesalter Schlafrudel, denen sie dann ein Leben lang angehörten. Dabei übernahm ein Mitglied des Schlafrudels stets die Rolle des so genannten Pyzhurgs, der Wache stand und darauf achtete, dass die anderen ungestört schlafen konnten. Das war in der Medostation zwar überflüssig, weil sie rund um die Uhr besetzt war, aber darum ging es nicht.

Der diensthabende Mediker trug eine streng geschnittene dunkelrote Uniform und kam dienstbeflissen auf Rhodan zu, als die Wächter ihn in die Krankenstation führten. Dann schaute er zu dem Jarrashalla.

»Ich habe alles vorbereitet. Wir können den Versuch sofort durchführen.«

Der onryonische Befehlshaber ließ den Blick über Rhodan gleiten. »Legt ihn vorsichtshalber in ein Fesselfeld! Er wird sich nicht kampflos in sein Schicksal ergeben, sondern Widerstand leisten.«

Rhodan spannte die Muskeln an, wollte springen, den Onryonen, der ihm am nächsten stand, zur Seite stoßen und nach dessen Waffe greifen, doch es war längst zu spät. Von einem Augenblick zum anderen konnte er keinen Finger mehr krümmen.

Der Jarrashalla schlurfte heran und reckte den Kopf vor. Rhodan roch fauligen Atem; das fledermausähnliche Tier schien seine Tagesration Fleisch noch nicht vollständig verdaut zu haben, und ein winziger Teil davon hatte sich zwischen den langen, scharfen Zähnen festgesetzt. Als das Geschöpf das Maul öffnete, wurde der Gestank unerträglich.

Perry Rhodan versuchte vergeblich, den Kopf zur Seite zu drehen. Das Fesselfeld hatte ihn voll im Griff. Er musste die Augen verdrehen und nach oben schauen, wo die die Zähne der Fledermaus sich ihm näherten; sie war größer als er. Schneidezähne schien sie nicht zu haben, dafür waren die vier Eckzähne umso größer. Schleimiger Speichel umgab sie wie ein dünner Schmierfilm.

Er glaubte, die punktförmigen Öffnungen in ihren Spitzen zu sehen, durch die sie ihr Nervengift absonderte.

Der Jarrashalla beugte sich vor.

Rhodan versuchte, ruhig zu bleiben. Direkte Lebensgefahr bestand für ihn nicht. Sein Zellaktivator würde in der Tat mit dem Nervengift fertigwerden. Aber damit waren trotzdem höchstwahrscheinlich Schmerzen und Unannehmlichkeiten verbunden, die er gerne vermieden hätte. Außerdem konnte es nur in seinem Sinn sein, wenn seine wahre Identität noch im Verborgenen blieb.

Abgesehen davon war es widerlich, auf solche Art und Weise missbraucht zu werden.

Die fledermausähnliche Kreatur beugte sich vor und riss das Maul noch weiter auf. Alle schauten gespannt zu ihr, der Mediker, die Wachen, Rhodan ... und sahen, wie sie plötzlich ein lautes Kreischen ausstieß und zurücksprang. Von einer ihrer dünnen Flughäute stieg ein schwarzer, nach verbranntem Fleisch stinkender Rauchfaden empor. Ein kleiner Punkt zeichnete sich darin ab.

Von dem Roboter, der in der Mitte der Medostation schwebte, ging plötzlich ein leises Summen aus. Er beschleunigte, flog gegen eine Wand und explodierte. Einer der Wächter schrie überrascht auf, als er plötzlich wie von einer unsichtbaren Faust ergriffen und gegen die nächste Wand geschleudert wurde. Ein anderer griff sich an den Hals, doch bevor seine tastenden Finger etwas Ungewöhnliches fanden, verdrehte er die Augen und brach zusammen.

Tenga!, dachte Rhodan. Das musste das Werk des Siganesen sein!

Dann brach das Chaos aus. Eine medizinische Konsole zerplatzte, ihre Einzelteile stürzten auf einen Untersuchungstisch. Überall in der Medoabteilung stoben Funken. Der Jarrashalla griff kreischend nach einem weiteren Wächter, der mit weit aufgerissenen Augen rückwärts stolperte, gegen den Mediker prallte und ihn zu Boden riss.

Eine Explosion dröhnte auf, und Rhodan spürte, wie das Fesselfeld sich auflöste. Plötzlich konnte er sich wieder bewegen. Er stieß einen Wächter zur Seite, griff in dessen Holster und zog den onryonischen Kombistrahler heraus.

Mehrere kurze, knackende Geräusche erklangen, gefolgt von Schreien. Der Siganese hatte weitere Schüsse aus dem Betäubungsnadler abgegeben. Dann erlosch das Licht in der Medostation.

»Jetzt weißt du, warum man mich auch Maximaldestruktor nennt!«, hörte Rhodan die triumphierende Stimme Tengas dicht an seinem Ohr. »Kämpf dir den Weg frei! Ich sorge für weitere Ablenkung!«

Rhodan nickte verbissen. Tenga hatte getan, was er konnte, nun hing es von ihm ab. Natürlich hatte der Siganese keinen offenen Angriff gewagt.

Weder seine Bewaffnung noch sein Individualschirm könnten in einer direkten Auseinandersetzung bestehen, doch mit Manipulationen an der vorhandenen Technik und dem Einsatz von Traktorstrahlen konnte er einiges bewirken. Im Schutz seines Deflektorschirms hatte er für ausreichend Verwirrung gesorgt, um Rhodan die Flucht zu ermöglichen.

Die onryonische Waffe stellte kein Problem dar. Nach zwei Sekunden hatte er herausgefunden, wie er sie bedienen konnte. Er feuerte einen ungezielten Schuss ab, sorgsam darauf bedacht, niemanden ernsthaft zu verletzen. Im Licht der Energieemission stürmte er zur Tür der Medostation. Er tastete nach dem Öffnungsmechanismus. Zischend glitt das Schott auf.

Rhodan spürte einen ganz schwachen Luftzug an seinem Kopf, als er hindurchstürmte. Tenga war bei ihm.

Er sah sich um. Der Gang, der vor ihm lag, war ihm bekannt, durch ihn hatte er die Medostation erreicht.

Wohin sollte er sich wenden? Die eine Richtung war so gut wie die andere. Ihm war zwar die Flucht gelungen, doch seine Situation hatte sich kaum gebessert. Tenga und er waren allein in einem onryonischen Raumvater, und er verfügte weder über weitere Waffen noch eine Ausrüstung. Es war nur eine Frage der Zeit, bis man ihn wieder ergreifen würde.

*

»Ich habe ein Versteck vorbereitet!« Der Siganese hatte den Deflektorschirm ausgeschaltet und war wieder sichtbar. »Komm mit!«

Rhodan folgte ihm wortlos durch einen Gang nach dem anderen. Er rannte, bis die Luft in seinen Lungen brannte, während Tenga mithilfe des Antigravs und SERUN-Projektors gewagte Kurven flog.

Schließlich hielt der Siganese vor einer Tür an. Sie fiel in keiner Hinsicht auf, wirkte wie jede andere in dem Gang. Er schwebte vor ihr und nahm über seinen SERUN-Funk Manipulationen an dem Öffnungsmechanismus vor.

Das Schott glitt auf. Rhodan torkelte erschöpft in den Raum.

Er sah sich um. Wie so oft hatte er Zuflucht in einem kleinen Lagerraum gefunden, in dem sich meterhohe Container bis an die Decke stapelten. Was sie enthielten, konnte er nicht einmal ahnen.

»Hier können wir nicht lange bleiben«, keuchte er. »Der Raum liegt viel zu nah bei der Medostation, und ich weiß nicht, wie gut die interne Schiffsüberwachung der Onryonen ist. Vielleicht konnten sie unseren Weg nachvollziehen ...«

»Wäre möglich«, gestand Tenga ein. »Aber ich habe nicht vor, mich hier zu verstecken. Du sollst nur wieder zu Atem kommen. Dann müssen wir die Initiative ergreifen.«

Rhodan musterte den Siganesen. Dessen lindgrünes Gesicht wirkte angespannt. »Hast du etwas Konkretes im Sinn?«

»Während du dich in deiner Zelle ausgeruht hast, habe ich einiges in Erfahrung gebracht. Unter anderem habe ich einen Blick auf das Triebwerk werfen können. Wenn man so klein wie ich und außerdem noch unsichtbar ist, kann man sich leicht einschleichen. Eine anständige Größe hat eben seine Vorteile.«

Der Terraner wusste, wie sehr Tenga von sich eingenommen war, und überging dessen Eigenlob. »Was hast du herausgefunden?«

»Die Linearraumtriebwerke sind ... ungewöhnlich. Ich habe ein paar Gespräche belauschen können. Anscheinend ermöglichen sie einen quasi unbegrenzten Aufenthalt im Linearraum.«

Rhodan runzelte die Stirn. In den fünfhundert übersprungenen Jahren schienen die Onryonen einige bedeutende technische Entwicklungen gemacht zu haben. Damit hatte er rechnen müssen; alles andere wäre unwahrscheinlich gewesen.

»Mach es nicht so spannend.«

»Die Onryonen bezeichnen diese Triebwerke als On-Permanenzgeneratoren oder kurz Permanenter.«

Ein treffender Name, dachte Rhodan, wenn sie einen dauerhaften Verbleib im Halbraum ermöglichen.

»Mithilfe dieser Permanenter konnten die Onryonen sich dem Weltenbrand entziehen«, fuhr der Siganese fort. »Wie viele Onryonen sich noch im Bereich der Milchstraße befinden, konnte ich nicht herausfinden. Eine galaktische Großmacht stellen sie aber wohl nicht dar.«

Das waren auf lange Sicht wertvolle Informationen, die dazu beitrugen, Licht in die aktuellen Verhältnisse in der Milchstraße zu bringen, doch kurzfristig halfen sie ihm nicht weiter.

»Aber das war noch nicht alles«, sagte Tenga. »Dieser Permanenter erzeugt auch die Vakuole im Linearraum, in der sich die BJO BREISKOLL zurzeit befindet.«

»Warum haben die Onryonen diese Vakuole nicht längst aufgelöst?«

»Weil sie befürchten, dass die BJO BREISKOLL ihnen folgen könnte. Deshalb versuchen sie, die BJO unter Kontrolle zu halten. Aber damit nicht genug ...«

»Ja?« Rhodan sah den Siganesen streng an.

»Deshalb haben sie auch zwei weitere Riesenwürmer das Schiff angreifen lassen. Sie nennen diese Viecher übrigens Deccars.«

Rhodan pfiff leise durch die Zähne. Die Besatzung hatte schon gewaltige Probleme gehabt, mit dem Vorstoß der ersten Kreatur fertigzuwerden. Wie würde sie sich gegen zwei weitere schlagen?

»Du musst dir das Triebwerk unbedingt mal ansehen«, schlug Tenga vor. »Vielleicht können wir zur BJO BREISKOLL zurückkehren, wenn wir es zerstören.«

Rhodan war sofort klar, worauf der Siganese hinauswollte. »Du meinst, wenn wir diesen Permanenter lahmlegen, könnte die BJO BREISKOLL die AUCBURN angreifen?«

»Genau. Damit würden wir ihr den großen Vorteil nehmen, den diese Piraten gegenüber der BJO haben.«

Rhodan dachte kurz nach, dann schüttelte er den Kopf. »Wir können nicht absehen, was passiert, sobald die Vakuole unkontrolliert zusammenbricht. Die Schiffe könnten weit voneinander entfernt aus dem Linearraum fallen. Und selbst wenn nicht ... Wir wissen nicht, wie hoch entwickelt die onryonische Technik dieser Tage ist. Wir haben keine Ahnung von den Waffen eines modernen Raumvaters. Ein direktes Gefecht könnte zu einem Gemetzel führen ... einem Gemetzel an der Besatzung der BJO. Nein, ich darf die BJO BREISKOLL nicht in Gefahr bringen.«

Manchmal fragte Rhodan sich, ob er auf andere Menschen mitunter zögerlich und lahm wirkte. Aber er war kein jugendlicher Heißsporn von 55 Jahren mehr. Wenn er im Lauf seines langen Lebens eines gelernt hatte, dann, dass es stets besser war, zuerst das Gehirn einzuschalten, als im Überschwang der Gefühle draufloszupoltern. Selbst Bully hatte das gelernt und beherzigte es sogar manchmal.

»Aber du hast in einer Hinsicht selbstverständlich recht«, fuhr er fort. »Wir müssen die Initiative ergreifen, sonst können wir gleich abwarten, bis die Onryonen kommen.«

»Was schwebt dir vor?«, fragte der Siganese.

»Diese Deccars sind interessant«, überlegte Rhodan laut. »Vielleicht können wir einen als Transportmittel benutzen?«

»Du willst zum Wurmreiter werden?«

»Viele Optionen haben wir nicht gerade, oder? Wir müssen einen Deccar-Reiter in die Gewalt bekommen. Der, mit dem ich kurz gesprochen habe, ist vielleicht für unsere Zwecke geeignet. Wie hieß er noch gleich? Klingsor Too ...«

»Er ist für den Tod von mehreren unserer Leute verantwortlich.«

»Ich weiß.« Tenga hatte recht mit seinem Einwand, und zu vielen anderen Gelegenheiten wäre er ausschlaggebend gewesen. Aber was für eine Wahl hatten sie? »Trotzdem. Wir sollten mit ihm reden ...«

Tenga musterte ihn zweifelnd.

Rhodan grinste leicht. »Aber ein Scheinangriff auf den Permanenter könnte hinreichend Verwirrung stiften, um den echten Plan verdeckt ausüben zu können.«

»Der Maximaldestruktor ist bereit.« Der Siganese richtete sich zu voller Größe auf. »Einen Vorteil haben wir übrigens noch.«

»Und welchen?«

»Seit Stunden versuche ich, mich in die interne Bordkommunikation einzufädeln. Und die Chancen stehen mittlerweile recht gut, dass es bald klappt.«

Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1)

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