Читать книгу Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1) - Perry Rhodan - Страница 175

Оглавление

5.

Dort und anderswo

Atlans Ankündigung hing wie ein Versprechen im Raum. Gucky und Atlan würden sich diesen selbst ernannten Posbi-Diktator vornehmen. Marli wollte nicht in Stahmons Biomolplasthülle stecken.

Auch Prexxel wirkte beeindruckt von Atlans Ansage. Seine Farbe intensivierte sich, als würde er sich freuen, dass endlich jemand gegen Stahmon vorgehen wollte. »Vielleicht kann Gabriel euch helfen. Für ihn müsstet ihr und eure Ausrüstung wie ein Geschenk des Himmels sein, von dem er so gerne predigt.«

»Wer ist Gabriel?«, fragte Atlan.

Prexxel zuckte zusammen, drehte sich leicht auf den winzigen Füßen, doch er antwortete. »Die meisten denken, dass Gabriel ein Verrückter ist. Einer mit einem terranischen Engelskomplex. Aber ich glaube, dass er ... nun ...« Prexxel senkte die Stimme. »Dass er den Widerstand anführt.«

Atlan wirkte interessiert. »Dann will ich ihn in der Tat kennenlernen. Kannst du uns zu ihm bringen?«

Wieder zuckte Prexxel zusammen, als würde Atlan etwas Anstößiges von ihm verlangen. »Es ist gefährlich! Auf den Gängen wird Stahmon mich sehen. Sie sieht alles.«

»Ach ja?«, fragte Gucky. »Unsere SERUNS hat sie nicht gesehen. Du kannst den von Marli haben, solange wir unterwegs sind. Dann bist du für Stahmon unsichtbar.«

Marli wollte aufbrausen, doch sie presste rasch die Lippen zusammen und schwieg. Falls dieser Gabriel wirklich den Widerstand anführte, musste Atlan ihn treffen.

Prexxel ließ den Augententakel auf sie zuschnellen. »Der Anzug schützt mich?«

»So ist es«, versicherte Atlan. »Du kannst ihn gleich anziehen. Wir sollten uns beeilen. Je kürzer wir uns an Bord aufhalten, desto besser.«

Marli aktivierte die Ausstiegsfunktion. Der Helm glitt automatisch in den Kragen, der SERUN öffnete sich, sodass sie bequem aussteigen konnte. Obwohl sie sich sofort ungeschützt fühlte, war es eine Wohltat den Anzug ablegen zu können. »Was ist mit Kirt?«, fragte sie.

Prexxel drehte sich zu Kirts Versteck um. »Es geht ihm schon besser. Er wird bald herauskommen.« Der Matten-Willy begutachtete Marlis Anzug, veränderte seine Gestalt und stieg hinein. Dabei wirkte er wie eine Kopie Marlis, wenn auch das Gesicht nicht ausgeformt war und er noch immer ein Tentakelauge hatte.

Sobald Prexxel den Anzug trug, drängte Atlan zum Aufbruch.

Marli suchte nach einem Stuhl oder einer anderen Sitzgelegenheit, doch es gab keine. Sie ließ sich auf den Boden sinken.

Prexxel, Atlan und Gucky verließen den Raum. Ebenso Aurelia, die sich nicht gezeigt hatte.

Kaum dass sie weg waren, kam Kirt wieder hervor. Er rollte zu einem der Ausstellungsstücke, das an eine Metalldose erinnerte. Kirt ließ die Dose vermutlich mittels eines Funkimpulses nach unten schweben und legte sie sich auf die Achse.

»Kerzenwachs«, sagte er mit seiner warmen Stimme. Der Deckel der Dose öffnete automatisch. Im Inneren lag rotes Wachs. Es roch intensiv nach Kirsche.

Marli trat näher. »Warum hebst du es auf?«

Kirts Lichter verblassten. »Zum Erinnern. Es ist so viel Verwirrung in mir, seit ...«

»Seit wann, Kirt? Was ist mit dir geschehen? Warum bist du so anders?«

Zum ersten Mal richtete Kirt sich wirklich auf sie aus. Die Art, wie er reglos dastand, kam Marli so zerbrochen vor wie eine Kristallvase, die jemand gegen eine Wand geschmettert hatte. Der Eindruck entstand vor allem durch seine niedergeschlagene Stimme. »Ich wollte die Sterne sehen ...«

»Was genau ist passiert?«

Die Lichter auf Kirts Körper nahmen ein fahles Rot an. »Da war die Expedition ... Ich bin weggegangen. Ich wollte jemanden suchen ...«

»Sebastion?«

»Ich weiß nicht.« Kirt wiegte die Metallkiste mit dem Kerzenwachs wie ein Baby auf der Achse. »Ich bin weggeflogen – und dann kam zuerst der Posizid und danach noch die Datensintflut über mich. Alles geriet durcheinander. Es war wie ein Sturm in meinem Kopf, der Gebäude wegreißt, nur Trümmer übrig lässt ...«

Das klang nach einem tragischen Unfall, der Kirts positronischen Anteil irreparabel beschädigt hatte. »Was weißt du noch sicher?«

»Das ist es eben ...« Die roten Lichter erloschen. »Nichts. Gar nichts. Da sind Millionen Daten, die einander widersprechen. Welche sind wahr, welche falsch? Es gibt keine Möglichkeit, das zu testen. Ich erwache jeden Tag in einer anderen Welt. Ohne Prexxel wäre ich längst wahnsinnig geworden. Er ist die einzige Konstante in meinem Leben.«

»Sammelst du deshalb so viele Sachen?«

»Ich muss. Will. Ja. Ich will sie festhalten. Mich eichen.«

»Ich wüsste gerne so viele Dinge. Wie es damals mit dem Weltenbrand weiterging, nachdem die Eiris ausgebracht worden war. Ob die Milchstraße lange leiden musste.«

Der Deckel der Dose schloss sich. Kirt ließ sie wieder an ihren Platz schweben. Er rollte zu einem Gebilde, das an einen Strohkranz erinnerte.

»Der Weltenbrand ... Ja, es gab Nachwirkungen. Da waren jede Menge Symptome. Sie fielen unterschiedlich aus. Mal länger, mal kürzer. Es war nicht überall gleich. Teilweise hat es Jahrhunderte gedauert.«

»Weißt du, wie es auf Edora war?«

»Ist das deine Heimatwelt?«

»Ja. Da wurde ich geboren.« Und da hatte ihre Lieblingsmannschaft gespielt. Dort waren Hanka, Trudi, Ellsan und Fador über die Spielfelder gerannt, immer dem Ball nach auf der Jagd nach den Pylonen. Dort hatte auch Tante Ems gewohnt, bei der Marli nach dem Tod ihrer Eltern und der Schwester aufgewachsen war.

»Leider nein. Auf zahlreichen Planeten sind die Bewohner in Bathopolen gegangen.«

»Bathopolen?«

»In neu gebaute Unterstädte. Dort hat man den Zeitraum überbrückt, bis der Weltenbrand gelöscht war. Allerdings habe ich auch die Info, dass viele ihre Planeten verlassen hätten. Es wird wohl von beidem etwas wahr sein. Viele gingen in Habitate, glaube ich. Projekt Exodus konnte fallen gelassen werden.«

»Und die Erde? Terra? Was weißt du darüber?«

»Terra ...« Kirt zog den Namen in die Länge. »Ja, was mag es damit auf sich haben?«

*

Prexxel führte uns durch die Station. Sie war verlassen, nur wenige Posbis kreuzten unseren Weg. Und wenn, waren sie einzeln unterwegs, als wäre Gruppenbildung bei Todesstrafe verboten.

Gucky hatte recht: Die Station fühlte sich an wie ein Friedhof.

Vorsichtshalber bewegten wir uns nur in öffentlichen Gängen ohne besonderen Sicherheitsstatus. Wir flogen an der Bahn einer Kugelkabine entlang, wobei ich Prexxel in Fernsteuerung nahm, auch wenn er sich deutlich geschickter anstellte als Willka vor zwei Tagen.

Nach wenigen Minuten erreichten wir eine Deckebene, die schal und abgestanden roch. Irgendwo tropfte es. Hin und wieder sammelten sich Ölpfützen. Die Wände wirkten grau und stumpf. Es gab kaum eine Beleuchtung.

»Das ist Gabriels Reich«, sagte Prexxel. »Sein Himmel. Hier könnt ihr euch zeigen. Stahmon hält sich aus diesem Abschnitt heraus. In diesem Gebiet ist sowieso alles kaputt. Sie hat es aufgegeben. Normale Posbis kommen nicht hierher.«

»Schöner Himmel!«, spottete Gucky. »Bist du sicher, dass dieser Gabriel nicht genauso wahnsinnig ist wie Stahmon?«

Prexxel bewegte ein Pseudopodienauge hinter dem Visier von links nach rechts, als fürchtete er, belauscht zu werden. »Er gilt als Spinner, so wie Kirt. Man nimmt ihn nicht ernst. Solange er nicht offen vorgeht, lässt Stahmon ihn in Ruhe. Sie weiß, dass sie schon sehr weit gegangen ist. Beinahe ein Drittel der Posbis an Bord haben kein Plasma mehr. Es geht Stahmon nicht darum, die Station zu entvölkern.«

»Eine Waffenruhe also«, schlussfolgerte ich. »Und womöglich eine sehr zerbrechliche. Verfügt Gabriel über erwähnenswerte Machtmittel?«

»Das weiß ich nicht«, sagte Prexxel. »Du müsstest ihn schon selbst fragen.«

»Also gut. Wir beide zeigen uns Gabriel. Ich will mit ihm reden.«

Ich schaltete meine Tarnfunktionen ab. »Bist du da, Gabriel? Kannst du mich hören?«

Aus den Wänden und der Decke dröhnte eine Stimme. »Könnte man so sagen, unsichtbare Fremde. Könnte man so sagen!« Die Stimme kicherte wie ein Kobold, der zu viele berauschende Pilze genascht hatte. »Ich warte schon seit zwei Minuten, dass ihr euch zeigt!«

»Ich bin Atlan da Gonozal! Ich will mit dir reden!«

Wieder kicherte es von allen Seiten. »Besuch. Wie herrlich! Und dann auch noch einer aus der Vergangenheit? Ein Mythos klopft bei mir an ... Und das soll ich glauben? Soll ich das?«

Gucky wollte den Deflektor ebenfalls ausschalten, doch ich hielt ihn zurück. »Noch nicht! Bleib du verborgen, falls er uns angreift. Gemeinsam mit Aurelia.«

»Verborgen ...«, murrte der Ilt im Helmfunk. »Damit du den ganzen Spaß allein hast, ja?«

Prexxel ließ den Helm in den Kragen gleiten. »Gabriel, du kennst mich!«

»Ganz genau!«, donnerte Gabriels Stimme. Sie wurde dabei dunkler und tiefer. »Ich kenne dich! Du bist feige, wie alle Matten-Willys! Wen hast du da angeschleppt? Einen Spitzel von Stahmon? Willst du mich reinlegen, Prexxel, du alabasterfarbener Feigling?«

Vor uns erschien das Holo eines hochgewachsenen, vage humanoiden Posbis. Auf seinem Rücken saßen zwei mächtige schwarze Flügel. Gabriel trug ein schwarzes Piratenkopftuch und eine Augenklappe über dem ovalen Schädel. Ich zweifelte daran, dass er an der Stelle überhaupt ein Auge hatte. Die metallene Struktur seines Schädels und seiner Rippen zeichneten sich unter dem Biomolplast ab.

Er war die sonderbarste Mischung aus Engel, Pirat und Posbi, die mir je begegnet war. Ob es an Bord von WHEELER überhaupt noch normale Posbis gab? Oder lag deren Plasma in Stasis? Hatte Stahmon ganz bewusst nur die Verrückten übrig gelassen?

»Oh, ja!«, rief Gabriel. »Stahmon ist nicht die Einzige, die Holoavatare haben kann! Schaut euch meinen an. Ist er nicht schön geraten?«

»Lass uns reden!«, verlangte ich erneut.

»Nein! Ich weiß, was ich mit euch zu tun habe, Stahmon-Spitzel!«

Zwei Metallplatten schossen rechts und links aus dem Gang hinter uns aufeinander zu, versperrten den Weg. Mehrere Klappen öffneten sich in der Wand, aus denen zwölf kopfgroße, gelbe Kampfroboter mit je vier Abstrahlmündungen schwebten. Sie eröffneten umgehend das Feuer auf mich.

Ich zog den Strahler, schoss zurück. Auch Aurelia griff aus der Unsichtbarkeit heraus an. Strahlenstöße blitzten aus ihren Fingern.

Prexxel schrie und rannte auf seinen kleinen Füßen davon. Er kam nicht weit. Eine der gelben Maschinen fing ihn ab und drängte ihn in eine Ecke. Immerhin schoss sie nicht auf ihn. Wir dagegen standen im Kreuzfeuer. Der Schutzschirm schluckte die Energien, leitete sie ins höherdimensionale Kontinuum ab. Das Blitzlichtgewitter verriet Aurelias und Guckys Standort.

»Darf ich mich jetzt zeigen?«, fragte Gucky trocken.

»Ich bitte darum!«

Augenblicklich wandelte sich die Situation. Zwei Roboter flogen auf einer wilden Bahn aufeinander zu, wobei sie gegen weitere der Flugmaschinen stießen und sie in Schussbahnen drängten.

Ich zerlegte zwei Maschinen mit dem Strahler, ohne mir sonderlich Mühe zu geben, den Schüssen auszuweichen. Der Schutzschirm hielt dem Ansturm problemlos stand.

Innerhalb von zwei Minuten war der Angriff vorbei. Gucky hatte die meisten Roboter mit seiner telekinetischen Gabe gegeneinandergeschlagen oder sie durch die Veränderung ihrer Flugbahn ins Feuer manövriert. Mindestens fünf Maschinen waren zerstört, sechs weitere zogen sich zurück.

Gabriels Holo kicherte nicht mehr. Es schob die Augenklappe zur Seite, unter der tatsächlich ein zweites Auge saß, ebenso schwarz und schlicht gehalten wie das erste. »Tja, nun ist wohl Zeit für Plan B.«

Es klickte und klackte in den Wänden. Zahlreiche Waffenläufe bohrten sich ins Freie. Ich erkannte Desintegratoren, Thermostrahler und Projektilwaffen.

Wir standen mitten in einer Falle.

*

Terra.

Die Erde, die ein Mythos sein sollte.

Marli irritierte Kirts Frage, was es damit auf sich haben könnte. »Du weißt es nicht?«

Kirt drehte die Achse ein Stück »Nein. Ich habe keine Erinnerung. Ich weiß nicht mal, ob ich der bin, von dem du glaubst, dass ich es bin.«

»Du meinst, du weißt nicht, ob du Kirt bist?«

»Es gibt nichts, was ich mit Gewissheit sagen kann.«

Sie schwiegen einen Moment. Marli versuchte sich vorzustellen, was damals in der Milchstraße vor sich gegangen war. Sie hätte sich gewünscht, dass die Eiris sofort geholfen hätte – doch letztlich konnte sie wohl froh sein, dass es nicht schlimmer gekommen war. Die Milchstraße existierte noch – das biologische Leben hatte die Krise überstanden.

»Kirt ... Ich will dir wirklich keine Angst machen, aber wir brauchen einen Lotsen. Gibt es denn einen?«

»Ja. Oder nein. Ich weiß nicht.« Kirt ließ den Strohkranz aus der Halterung schweben. Das goldene Flechtrad lag auf einem winzigen Prallfeld, das Kirt steuerte. »Ich denke, Stahmon könnte einem von uns die Daten schon geben.«

Die Antwort machte Marli Hoffnung. Atlan und Gucky würden einen Weg finden, die Daten von Stahmon zu erfahren. Am besten jagten sie Stahmon gleich ganz davon oder setzten ihn gefangen.

Ihr kam ein anderer Gedanke. »Wenn der Unfall deine Positronik derart beschädigt hat – wäre es möglich, deinen Plasmaanteil in einen anderen Körper zu versetzen?«

Der Posbi ließ den Strohkranz fallen. Er stürzte ein Stück, fing sich dann wieder. »Nein! Ich meine: Ja. Vielleicht. Es wäre vielleicht möglich, aber ich will nicht.«

»Das verstehe ich«, beschwichtigte Marli. »Gibt es etwas, das wahrscheinlich ist? Von dessen Wahrheitsgehalt du ausgehst?«

»Atlan und Gucky existieren. Das festigt mich.«

»Sonst ist da nichts? Etwas, das auf WHEELER als gesichert gilt?«

Kirt ließ den Strohkranz zurück nach oben schweben. »Zwei Dinge sind sehr wahrscheinlich. Dabei geht es um die Ladhonischen Scharen und um die Ermordung von Hekéner Sharoun.«

»Sharoun wurde ermordet?«, entfuhr er Marli.

Sie biss sich auf die Unterlippe, dachte an Atlans Mahnung, nicht auszuplaudern, aus welcher Zeit sie stammte. Überhaupt hatte Atlan sie während der Wartezeit in der Lagerhalle angehalten, so wenige Informationen wie möglich preiszugeben, wenn sie mit Kirt sprach. Sie sollte Daten sammeln, nicht verteilen.

Zum Glück schien Kirt ihren Ausbruch nicht als Anlass zum Nachdenken zu nehmen. Er rollte unter seinen Schätzen entlang, richtete das Auge mal auf diesen, mal auf jenen Gegenstand aus. »Ja. Dieses Ereignis war wohl so einschneidend, dass sich das Datum erhalten hat. Das Attentat fand am 16. November 1572 NGZ statt.«

Marli fröstelte. »Ich nehme an, der Vorfall hat zu weiterer Destabilisierung geführt?«

»Das stimmt. Die Lage war prekär. Seitdem hat sich Station 43284 stärker aktiv isoliert und zurückgezogen. Stahmon hat das vorangetrieben, doch erst ab 1650 NGZ wurde es wirklich schlimm.«

»Was ist passiert?«

»Die Ladhonischen Scharen tauchten auf. Es ging in der Eastside los. Sie attackierten unsere Schiffe.«

»Fragmentraumer? Posbischiffe?«

»Ja. Jedenfalls ist das sehr wahrscheinlich. Wie ich schon sagte: Alle meine Daten sind korrumpiert. Doch diese Vorfälle sind am gesichertsten.«

Auch ANANSI hatte bereits Daten über die Ladhonen gesammelt, und Col Tschubai hatte die Besatzung zusätzlich informiert. Für Marli waren die Ladhonischen Scharen wie die Wikinger dieser Zeit.

»Wie genau sind die Scharen vorgegangen? Ist es richtig, dass sie Planeten erobert haben, um sie kurzfristig oder länger zu halten, Reiche zu bilden, sie wieder aufzugeben?«

»Das ist wahrscheinlich. Sie waren und sind eine Bedrohung für viele Sternenreiche und Planeten. Auch wir wurden angegriffen. Dann war plötzlich Stahmon da, hat uns beschützt. Wir konnten den Angriff abwehren und das Ladhonenschiff zerstören. Anschließend sind wir in die Tiefe der Sonnenatmosphäre abgetaucht.«

»Was meinst du damit, Stahmon wäre plötzlich da gewesen? Du sagtest doch, Stahmon hatte schon vorher die Zügel in der Hand.«

»Nicht so wie ab diesem Tag. Stahmon ist nicht immer präsent gewesen. Aber ab da war er präsent. Als es zu einer weiteren Attacke kam, hat er uns gerettet. Ein terranisches Schiff flog uns an – Ladhonen hatten es gekapert. Man dachte zuerst, es wären Galaktiker gewesen. Stahmon ergriff die Initiative und täuschte die Vernichtung der Station vor. Seitdem misstrauen wir allem, was sich uns annähert.«

»Deshalb auch uns.« Marli dachte über diese Informationen nach. Stimmten sie wirklich? Posbis waren sehr treu, wenn man ihnen half. Falls Stahmon in irgendeiner Form mitverantwortlich für Kirts Zustand war, wäre es ein Leichtes gewesen, ausgerechnet diese Daten als sicher erscheinen zu lassen, damit Kirt Stahmon Treue schuldete. Einerseits klang Kirts Geschichte logisch – andererseits war sie eben nichts weiter als das: eine Geschichte!

Marli begann zu ahnen, wie sehr Kirt und andere betroffene Posbis unter dem Posizid litten. Die Ungewissheit konnte einen verrückt machen.

»Das musste Stahmon tun«, sagte Kirt. »Er schießt auf jeden, der sich nähert und uns entdeckt. Zum Glück geschieht das sehr selten. Man hält uns für zerstört.«

»Warum seid ihr auch den Galaktikern gegenüber so misstrauisch? Die Ladhonen haben ein Schiff gekapert – in Ordnung. Aber dafür konnten die Terraner nichts, oder?«

»Die, die sich Terraner nennen«, korrigierte Kirt. Er schien nicht an Terra zu glauben. Das schmerzte Marli.

»Kirt, Terra hat im Solsystem existiert! Es ist kein Mythos! Damals hast du das gewusst!«

Sämtliche Lichter auf Kirts Achse erloschen. »Tut mir leid«, murmelte er. »Nicht böse sein.«

»Ich bin nicht böse. Ich will dir helfen. Wenn du mir vertraust, kann ich dir Dinge sagen, die wahr sind. Dann kannst du falsche Daten löschen.«

Die Lichter glommen auf. »Wirklich? Das wäre großartig!« Er hielt inne, dachte nach. »Ich weiß auch nicht, warum Stahmon derart paranoid ist. Er sagt uns immer wieder, dass die Galaktiker nur Gefahren auf die Posbis ziehen. Wie damals mit den Thoogondu. Die Hundertsonnenwelt wurde angegriffen. Stahmon will nicht mehr mit den Galaktikern verbündet sein. Er glaubt nur an uns.«

»An das wahre Leben?« Marli schauderte.

»Ja. An das wahre Leben. Obwohl er gerade das zerstört, wenn er Plasma entnimmt. Aber er meint, das wäre nötig, damit wir sicher sind. Ein Opfer für Ruhe und Frieden.«

»Habt ihr nie versucht, Hilfe von außen zu rufen? Gegen Stahmon?«

»Nein. Wen auch?« Kirt hielt unter einer Sanduhr. »Es gibt wenig Kontakt, und es kommen wenige. Das liegt nicht nur daran, dass wir uns totstellen, sondern auch an der Hyperkorrosion. Sie führt dazu, dass die Raumfahrt stark eingeschränkt wurde.«

Auch davon hatte Marli bereits gehört. Die Hyperkorrosion sorgte dafür, dass Raumfahrt allgemein nicht mehr sonderlich beliebt war. Sie verminderte die Lebensdauer hyperphysikalischer Geräte. »Ist die Hyperkorrosion eine Folge des Weltenbrands?«, hakte sie nach.

»Ja. Nein. Vielleicht.«

Marli sank in sich zusammen. Am liebsten hätte sie sich hinter einer Wand in einem geheimen Raum versteckt, wie Kirt vor wenigen Minuten. Was von diesem Gespräch entsprach wirklich der Wahrheit?

Zwischenspiel

Vergangenheit

Ich wusste und spürte, dass es so weit war. Wenn ich etwas sagen wollte, blieb mir wenig Zeit. Entweder brach ich mein Schweigen, oder ich ignorierte Vater-Mutters nahen Tod. »Du stirbst, Vater-Mutter. Soll ich Hilfe holen?«

»Nein! Niemand kann mir mehr helfen. Mein Plasma ist krank.«

»Wenn dein Plasma krank ist, ist dann nicht auch meines krank?«

»Du bist anders als ich. Die Zain-Konstrukte haben dich speziell angelegt. Du warst immer mehr als andere deiner Art.«

»Ich soll dich sterben lassen?«

»Ja.«

»Was soll ich tun, wenn du fort bist?«

»Tu das, was ich tun würde. Was ich dich gelehrt habe, und was du seit jeher tust.«

»Die Station beschützen.«

»Genau. Schütze die Station.«

»Was ist mit den Posbis an Bord? Mit den vielen, die vielleicht nicht verstehen werden, was genau ich bin?«

»Respektiere sie, doch denk daran, wie deine Prämisse lautet.«

»Das werde ich.« Ich hatte bereits angefangen, sie an die Wände der Station schreiben zu lassen, damit sie mir immer präsent war, im Innen und im Außen. »Was soll ich machen, wenn sie mich nicht respektieren?«

»Dann sorgst du dafür, dass sie es tun.«

»Sind sie meine Gefangenen?«

»Nein. Sie sind wie Kinder. Kinder müssen beschützt werden.«

Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1)

Подняться наверх