Читать книгу 15 Western Koffer Sommer 2018 - Gegen das Gesetz und 14 andere Romane - Pete Hackett - Страница 12

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Zwei Wochen verstreichen, in denen Sam und Nancy sehr glücklich miteinander leben. Nichts stört ihren Frieden, wenn man davon absieht, dass der Frau eines Morgens bei der Wäsche am Fluss ein Hemd davonschwimmt.

Ein wenig ärgerlich berichtet sie dem Manne von dem „Unglück“. Schließlich lachen sie beide über den Vorfall, so wie sie in dieser Zeit über alles mögliche lachen.

Sam kann nicht ahnen, dass er noch oft an dieses davongeschwommene Hemd denken muss.

Der Verlust des Pferdes braucht die beiden nicht zu bedrücken. Zwanzig Schritt von der Blockhütte weg steht auf einer anderen Lichtung ein kompaktes Stallgebäude. Sam errichtete es mit Nany's Hilfe vor einem Jahr. Ebenso den kleinen Corral gleich daneben, in dem vier prächtige, zugerittene Wildpferde umhertraben.

Es ist am fünfzehnten Tag nach seiner Rückkehr.

Sam striegelt gerade eines der Tiere im Corral, als Nancy atemlos angelaufen kommt. Das Baby hält sie an die Brust gepresst.

„Männer kommen den Fluss herauf, Sam!“, keucht sie. „Sicher eine Posse. Sie müssen deine Spur gefunden haben.“

Sam Mahone steht wie vom Donner gerührt. Er sieht das Tuch, das Nancy notdürftig um das Baby gewickelt hat. Sie hat in der Not kurz entschlossen gehandelt und an das Wichtigste gedacht — wie an die beiden Patronenschachteln, die sie krampfhaft mit einer Hand gegen das Baby gepresst hält.

Brave, tapfere Nancy! Es gibt so vieles, was Sam in diesem Augenblick tun möchte. Seine Seele ist plötzlich wund. Doch dann handelt auch er kurz entschlossen. Er nimmt seinem Mädchen die Munition ab, schiebt sie in seine Tasche und rennt zum Stall.

„Zu spät, Sam!“, ruft Nancy mit zittriger Stimm. „Du schaffst es nicht mit dem Satteln, wir können ...“

Sam hört nicht auf sie. Er denkt, dass die Verfolger noch nicht so nahe sein können. Und eine Flucht zu Fuß hält er ganz und gar für unsinnig.

Vielleicht hätte er jetzt auf Nancy hören sollen. Es hätte ihm vielleicht erhalten, was ihm auf dieser Welt am liebsten war ...

Er springt aus dem Stall, beide Sättel in den Händen.

„Mach das Gatter auf, Nancy!“, ruft er gepresst. „Geld hast du nicht mitgebracht?“

„Es war keine Zeit, Sam. Wenn — wenn wir nur unser nacktes Leben retten können. Bitte, mach schnell, Sam! Sie müssen jeden Moment hier sein“, stammelt das Mädchen fieberhaft.

„Sie werden uns nicht kriegen — niemals!“, sagt der Mann mit ungeheurer Verachtung und wirft einer Stute den Sattel über. In dem Augenblick stößt Nancy einen erstickten Laut aus.

Aus der Richtung der Blockhütte tönt dumpfes Hufgetrappel. Im Unterholz raschelt und knackt es. Sam's Gesicht ist eine verzerrte Maske. Er erkannte, dass Nancy recht hatte.

„Lauf voraus, Liebes!“, ruft er hitzig. „Lauf, lauf! Ich komme nach!“

Die ersten Reiter kommen bereits in Sicht, als Nancy zu laufen beginnt. Sam sieht die Waffen der Verfolger in der späten Nachmittagssonne aufblitzen. Er reißt den eigenen Colt heraus und feuert mehrere Warnschüsse ab.

Die Reiter gleiten aus den Sätteln und suchen Deckung hinter den Bäumen. Gleichzeitig erwidern sie das Feuer. Sam spürt, den Luftdruck der Geschosse hässlich nahe an seinen Ohren, während er unter der Corralstange hindurch robbt, liegenbleibt und in fiebriger Hast die Trommel des Colts auflädt.

Plötzlich ist ihm, als hätte er hinter sich einen schwachen Aufschrei gehört.

Wo ist Nancy?

Er ruckt den Kopf herum — und erstarrt. Nancy ist nicht weit hinter ihm. Sie ist halb von einem Baumstamm verdeckt. Aber Sam sieht sie taumeln, mit dem Baby in den Armen. Sie versucht sich mit einer Hand am Baumstamm abzustützen.

Nancy ist getroffen!

„Nancy!“, brüllt Sam gequält. „Nancy, Liebes!“

Er rollt wirbelnd über den Boden und schießt gleichzeitig den Revolver auf die Verfolger leer. „Ihr verdammten Hunde!“, heult er mit überkippender Stimme. „Ihr habt ein Mädchen angeschossen!“

Sam springt hoch, den Tod verachtend. Er rennt im Zickzack auf Nancy zu. Er will zu ihr, alles andere zählt nicht. Das gegnerische Feuer schweigt. Die Verfolger ahnen wohl, was geschehen ist. Kein braver Mann schießt gern eine Frau an.

Nancy hat die Zähne fest in die Unterlippe gebissen, als Sam sie erreicht. Haltlos sinkt sie zusammen, kaum dass er ihr das Baby abgenommen hat.

„Nancy!“, keucht der Outlaw.

Sie liegt im Moos. Er fällt auf die Knie und stützt ihr mit einer Hand den Kopf. Die Kugel steckt in ihrem Rücken. Kleine, rosige Schaumbläschen erscheinen auf ihren Lippen. Ihr Blick ist glanzlos.

„Liebes, du darfst — darfst nicht ...“, würgt der Mann mit zuckenden Lippen.

Nancy versucht zu lächeln. Doch das Lächeln erstarrt auf halbem Wege.

„Jake, Sam — behüt ihn gut!“, haucht sie und stirbt.

Der Wind flüstert sanft in den Wipfeln der Bäume. Vögel zwitschern. Das Baby beginnt zu schreien. Sam hält es mit dem linken Arm. Mit dem anderen Arm hat er Nancy umfasst, während er seine Lippen auf den kalten Mund der Toten presst. Und der Körper des Mannes bebt.

Sekunden vertröpfeln.

Das Baby hört auf zu schreien.

Als Sam den Kopf hebt, sind seine Augen wie aus Stein. Er sieht sechs Männer mit angeschlagenen Colts auf sich zukommen, und er rührt sich nicht. Auf der Weste jedes Mannes blinkt ein Stern. Zehn Yards vor Sam Mahone bleiben sie stehen. Ein älterer, schmächtiger Mann mit einem gewaltigen Sichelbart ruft mit rauer Stimme, die jedoch dem Ernst der Situation angemessen ist: „Ich bin Sheriff Mars Conney vom Uvalde County, und das sind meine Deputies. Wir müssen Sie festnehmen, weil Sie in dem dringenden Verdacht stehen, die Bank in Rock Springs beraubt zu haben. Wenn Sie eine unpassende Bewegung machen, müssen wir schießen.“

Schritt um Schritt kommen sie näher.

Der kleine Jake schreit wieder. Sam's Gehirn ist wie ausgehöhlt. Er lässt den Kopf der Toten sanft ins Moos zurückgleiten und drückt das Baby fest an seine Brust — einen Teil von Nancy, der noch lebt. Langsam steht er auf, mit starrem Blick. Er lässt es zu, dass sie ihm den Revolver wegnehmen. Doch als ihm einer das Baby abnehmen will, wehrt er stumm ab.

Es sind alles junge Burschen, die sich als Deputies verschwören ließen. Bedrückt stehen sie mit ihren großen Revolvern da. Sie werden niemals vergessen, dass sie das junge, blühende Leben eines tapferen Mädchens auslöschten. Manch einer schluckt und wagt nicht, Sam anzusehen.

Der schmächtige Sheriff räuspert sich und tritt an die Tote heran.

„Keiner rührt mein Mädchen an!“ Die Stimme ist leise, aber es liegt ein Ton darin, der die Sternträger zusammenzucken lässt. Der Outlaw hat nicht einmal den Kopf gedreht.

„Well“, schnauft der Sheriff, „wollen Sie sie hier vielleicht liegenlassen?“

Der Outlaw stellt tonlos eine Gegenfrage: „Wie haben Sie mich gefunden?“

Der Sheriff streicht sich über den Sichelbart.

„War gar nicht so einfach“, knurrt er. „Aber ich habe einen komischen Ehrgeiz. Wenn ich mich schon mal an die Fährte eines Mannes geheftet habe, will ich ihn auch kriegen, und wenn ich mich totreiten müsste. Dauerte zwei Wochen, ehe wir in die Nahe des Shoshone Creek kamen. Hast uns verdammt an der Nase rumgeführt, Mann. Schließlich kam uns der Zufall zu Hilfe. Fanden ein frisch gewaschenes Hemd am Flussufer, das sich in einer Astgabel verfangen hatte. Das brachte mich auf die Idee. — Beim Satan, was wird nun mit der toten Frau?“

Sam starrt geradeaus.

„Ich werde sie begraben — hinter unserer Hütte. Halten Sie das Baby, Sheriff! Es ist ein Junge, er hat das Blut von Nancy und Sam Mahone. Mein Mädchen hat eine Schwester in Shelby, Texas. Sie heißt Sarah Siaughter. Der Junge soll dahin gebracht werden. Sein Name ist Jake ...“

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