Читать книгу 15 Western Koffer Sommer 2018 - Gegen das Gesetz und 14 andere Romane - Pete Hackett - Страница 20

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An diesem Nachmittag wartet sein Vater an der Mainstreet auf ihn.

„Hast du deine Studien beendet, Sohn?“, fragt er.

„Für heute, ja. Wartest du auf jemanden?“

„Genau. Was hast du dir denn für den Rest des Tages vorgenommen?“

Jake's Herz schlägt eine Idee schneller. Vielleicht erlaubt ihm sein Vater wieder, auf dem Pferd zu reiten.

„Ich werde wie immer nach Bessie sehen müssen.“

„Das wird bald aufhören“, murmelt Sam und starrt über Jake hinweg.

„Was sagst du da, Dad?“

„Hm, nichts. Hast du was dagegen, wenn ich mitreite?“

Erst jetzt sieht Jake das schwarze Pferd seines Vater an der Tränke. Neben dem schwarzen Pferd steht eine rötlich braune Mähre. Sie ist gestriegelt und glänzt wie ein neuer Dollar.

„Du kannst sie reiten — ich meine, wenn dir nach Reiten zumute ist, Sohn.“

Jake merkt, dass er nicht sprechen kann. Sam lächelt.

„Steig auf, Sohn! Wir reiten zusammen zur Weide.“

Er führt sein Pferd auf die Straße, und Jake folgt ihm.

Jim Lodlow, ein Mitschüler von Jake, steht vor Baxter's Store. Jake fühlt ein Bubbern in sich, und er hat den verrückten Drang zum Kichern. Nein, man muss nur einmal Jim Lodlow's hervorquellende Augen sehen! Aber Jake nickt nur, als wolle er andeuten, er sei das Reiten auf guten Pferden gewohnt. Die Tatsache, dass seine bloßen Füße die Steigbügel nicht ganz erreichen, kümmert ihn wenig.

Als sie die Weide erreichen, liegt etwas seltsam Abwesendes in Sam's Augen.

„Ich kann mich erinnern“, sagt er langsam, „an die Zeit, wo es in diesem Teil von Texas noch keinen verdammten Zoll Draht gegeben hat.“

Jake hat seinen Vater nicht für einen alten Mann gehalten, und er tut es auch jetzt nicht. Doch Sam Mahone kann sich noch an die Zeit erinnern, da Sam Baxter's Store der einzige in der ganzen Gegend war. Eine Wassermühle und eine Schmiede gab es noch, das war aber schon alles, bevor die großen Gesellschaften nach Shelby kamen und der Fortschritt begann.

Jake ist selbst überrascht, wie interessiert er dem lauscht, was sein Vater erzählt. Ein seltsames Gefühl beschleicht ihn, als er sich erinnert, dass er schon zwölf Jahre ist und praktisch nichts über seinen eigenen Vater weiß.

Er sagt: „Das muss schon lange her sein.“

„Yeah, ich schätze auch. Ich war ungefähr so alt, wie du jetzt bist, als meine Familie von Missouri nach Texas übersiedelte. Meine Mam träumte ihr ganzes Leben davon, ein Stück Land zu besitzen. Sie hat es aber nie bekommen.“

„Warum nicht?“

Sam Mahone dreht langsam den Kopf und blickt in nördlicher Richtung.

„Indianer“, brummt er. „Gemeine Weiße habe ihnen das Blut in den Adern kochen lassen, und aus Rache überfielen sie die Planwagen, die durch ihr Gebiet kamen.“

„Deine Mam wurde getötet?“

„Und ein Bruder. Mein Vater, mein jüngerer Bruder und ich sind schließlich allein nach Texas gekommen. Nicht, dass uns das zum Glück geworden wäre.“

„Warum nicht?“

Sam Mahone starrt seinen Sohn an!

„Lassen wir das! Das ist jetzt nicht so wichtig.“

Eine Stunde wird es noch dauern, ehe die Sonne untergeht, und sie halten erst am Crowders Creek ihre Pferde an.

Plötzlich wirft sich Sam aus dem Sattel und stakst auf den Fluss zu. Er blickt über das Wasser hinweg und sagt gepresst: „Ich würde nicht mal überrascht sein, wenn du mich nicht liebtest. Ich bin dir kein rechter Vater gewesen, das stimmt schon.“

Jake ist erstaunt, dass die Unterhaltung diese Wendung genommen hat. Wieder fühlt er sich unbehaglich.

„Ich ... ich habe nicht behauptet, dich nicht zu lieben.“

Sein Vater richtet sich ein wenig gerade auf.

„Well, du hättest ein Recht dazu, ich leugne das nicht. Sicher hast du dich gefragt, warum ich dich verließ, als du noch ein Baby warst. Ich werde es dir früh genug erzählen.“ — ,Erst muss ich dich testen.‘ Den letzten Satz hat Sam nur gedacht.

Immer noch blickt er über den Fluss hinweg, als habe er am anderen Ufer etwas Interessantes ausfindig gemacht.

„Erzähl mir was von dir!“, fordert er dann.

„Well“, beginnt Jake. „Im Rechnen bin ich verdammt gut, und Onkel Will sagt, ich könnte bald das Kontobuch seines Ladens führen, wenn ich so weitermache.“

„Aha. Worin bist du noch gut, Jake?“

„Handwerklich bin ich gut. Onkel Will hat mir allerhand beigebracht. Ich habe für Tante Sarah einen Eimer gemacht, von dem sie behauptet, ee wäre der beste, den sie je gesehen hätte, und Ofenrohre kann ich so gut wie jeder andere machen.“

Sam Mahone streicht dem Pferd über den Hals, aber er blickt seinen Sohn jetzt nicht mehr an.

„Dein Onkel hat dich das alles gelehrt?“

„Klar doch. Er war sehr gut zu mir, schätze ich.“

„So, dein Onkel hat dir das also alles beigebracht, wie?“

Jake mag seinem Vater nicht ins Gesicht sehen. Er lächelt nicht mehr. Er blickt finster drein, fast ärgerlich.

„Well“, fährt Sam fort, „dann will ich dir mal was zeigen, was er dich sicher nicht gelehrt hat. Siehst du den glitzernden Stein dort drüben am anderen Ufer an der Ecke der Baumwollplantage?“

Jake nickt verwirrt. Der Stein ist vielleicht so groß wie eine Kinderfaust. Sam's Hand zuckt fast schneller nieder, als das Auge wahrnehmen kann. Wie durch eine magische Kraft bewegt, springt der 45er aus dem Holster in seine Hand. Zweimal, rasch hintereinander, kracht der Revolver. Und völlig verdattert blickt Jake auf den Stein, der durch die Luft fliegt. Sam's graue Augen blitzen, als er sich zu seinem Sohn umwendet.

„So etwas hat dir dein Onkel Will wohl nicht beigebracht, wie?“

Das Schlucken fällt Jake schwer. Kein Laut dringt über seine Lippen. Er schüttelt den Kopf.

„Das hab ich mir gedacht“, sagt sein Vater nicht ohne Stolz. „Ein solches Schießen hast du in Shelby wohl noch nicht gesehen, wie?“

Wieder schüttelt Jake den Kopf.

„Well, dort, wo ich war, musste man so schießen können, oder man war des Todes.“ Sein Mund wirkt jetzt nicht mehr so grimmig, und etwas von dem Feuer verschwindet aus seinen Augen. Er lacht hart auf.

„Hab dir doch wohl keinen Schrecken eingejagt, oder?“

Endlich findet Jake seine Stimme wieder.

„Nein, zum Teufel, nicht im Geringsten!“

„Das ist fein. Es wäre mir 'ne unangenehme Vorstellung, dass ein Mahone durch ein kleines Geräusch einen Schrecken bekommt.“

Jake ist es, als könne er jetzt noch die Geräusche der beiden Schüsse hören, wie sie über die Baumwollplantage hinwegrollen.

„An einem der nächsten Tage“, fährt Sam fort, „werde ich dir zeigen, wie man's macht. Zeig mir mal deine Hände!“

Der Junge streckt seine Hände aus, und sein Vater pfeift leicht durch die Zähne.

„Gut und groß. Das ist fein. Man braucht eine große Hand, um abzudrücken und den Hammer zurückzuziehen.“

Er hält Jake den Revolver hin.

„Willst du's mal probieren?“

Jake blinzelt ungläubig.

„Meinst du, ich könnte schießen?“

„Klar“, lacht sein Vater. „Los, nimm sie!“

Voller Eifer greift Jake nach dem Revolver. Doch mit der Geschwindigkeit eines Blitzes zieht Sam Mahone am Abzugshahn, und das Blei faucht dem Jungen unmittelbar an der Nase vorbei.

Dann dringt ihm er Rauch aus der Mündung in die Nase. Er fühlt, wie ihm das Blut aus dem Gesicht weicht.

Sam Mahone sagt: „Die Mündung eines Revolvers ist kein netter Anblick, wie?“

Seine Stimme klingt todernst, als er den Revolver senkt.

„Well, das ist das Erste, was ein Mann lernen muss, Jake, wenn er am Leben bleiben will. Pass auf, dass du nie wieder in eine solche Lage kommst.“

„Ich ... ich will daran denken.“

„Natürlich wirst du das!“ Sam Mahone lächelt eisig. „Willst du's noch mal versuchen?“

Jake blickt seinen Vater an, als habe er ihn nie zuvor gesehen. Der Junge fürchtet ihn nicht, aber er weiß doch, dass etwas Gefährliches in den grauen Augen des Älteren liegt.

„Meinst du es ernst?“, fragt Jake.

„Klar. Und diesmal gibt es keine Tricks.“

Jake springt aus dem Sattel und nimmt den schweren Revolver. Das Ding aus blankem Stahl und poliertem Walnussholz scheint fast zu leben, und er hat nicht geahnt, dass man ein Machtgefühl bekommt, wenn man einen Colt in der Hand hält. Er hat auch nicht geahnt, dass ein 45er Colt so schwer ist. Sein Arm zittert, als er die Waffe hebt.

„Worauf soll ich schießen?“

Sam lacht.

„Das hat nichts zu sagen. Du würdest es doch nicht treffen. Du sollst nur einmal sehen, wie man sich fühlt, wenn man eine Waffe abfeuert.“

Jake wählt einen Baumstamm am anderen Ufer. Mit beiden Händen muss er den Hammer zurückziehen. Dann hebt er die Waffe, zielt und drückt ab.

Er ist nicht auf den gewaltigen Rückschlag vorbereitet gewesen. Fast hätte er die Waffe fallengelassen. Den Ruck der Explosion fühlt er bis zur Schulter hinauf. Er hat keine Ahnung, wohin das Geschoss gesaust ist. Der Baumstamm bleibt jedenfalls unberührt.

„Los, noch mal!“, zischt Sam ein wenig gereizt.

Diesmal ist Jake auf den Rückschlag vorbereitet. Er drückt seine bloßen Füße fest auf den Boden, hebt langsam den Arm und zielt. Aber auch jetzt scheint er nichts am anderen Ufer getroffen zu haben. Nicht einmal Staub wirbelt irgendwo auf.

„Versuch’s wieder!“, faucht sein Vater. „Ziehe nicht mit dem Finger am Abzugshahn — umschließe den Griff ruhig mit der Hand!“

Jake befolgt den Rat, und diesmal wirbelt in der Nähe des Baumstamms Staub auf.

„Nicht schlecht!“, bemerkt Sam, indem er den Revolver nimmt. Er lässt die leeren Hülsen aus der Trommel herausfallen, um sie mit fünf Patronen zu füllen, die er sich aus dem Gurt holt. Dann steckt er die Waffe in den Holster zurück.

„Kann ich es nicht noch einmal versuchen?“, fragt Jake eifrig. „Ich wette, das nächste Mal treffe ich!“

„Für heute genügt es. Denke darüber nach, was ich dir sagte! Das wird dir nützlicher sein, als einen Waggon Munition zu verballern.“

Jake bemerkt, dass sein Vater lächelt. Er scheint in prächtiger Stimmung zu sein.

„Yeah“, sagt er, als er sich in den Sattel schwingt. „Als Klempner ist Will ja vielleicht ganz in Ordnung, aber ich schätze, er könnte dich das Schießen nicht so gut lehren wie dein Vater.“

„Ah“, macht Jake abfällig. „Onkel Will besitzt ja nicht mal eine Waffe.“

Sam Mahone lacht. Und man kann hören, dass er nicht oft lacht. Freundlich blickt er auf seinen Sohn hinunter. Sam lächelt noch immer, als sie das Tor der Weide erreichen.

„Es scheint mir, dass die Mähre dich mag, Sohn“, meint er. „Was würdest du sagen, wenn ich sie dir eine Weile überließe?“

Jake weiß, dass ihm die Augen aus dem Kopf treten.

„Meinst du das im Ernst?“

„Klar, verdammt! Wir werden uns sicher gut vertragen. Du wirst der beste Reiter und der beste Revolverschütze in dem Teil von Texas sein, wenn dein Vater mit dir fertig ist. Und ich werde dir auch noch andere Dinge beibringen. Dinge, von denen dein Onkel nie was gehört hat.“

Jake ist überwältigt vor Freude. Ein feines Pferd wird er haben! Einen richtigen Colt zum Schießen! Wer kann es wissen, vielleicht wird sein Vater ihm auch noch ein Paar dünnsohlige Stiefel kaufen? Es scheint, als komme alles Gute auf der Welt auf einmal zu ihm.

Fast zerren sie Bessie nach Hause. Tante Sarah wird Spektakel machen, wenn sie es erfährt, aber Jake kümmert es nicht.

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