Читать книгу 15 Western Koffer Sommer 2018 - Gegen das Gesetz und 14 andere Romane - Pete Hackett - Страница 14
Оглавление6
Zwei Jahre später.
Jake schlendert zu Harkey's Weide hinunter, wo Will Slaughter's Kuh grast. Allmorgendlich, auch im Winter, muss er Bessie auf die Weide bringen, und allabendlich holt er sie zum Melken wieder nach Hause. Man kann Tante Sarah nicht davon abbringen, sich wegen der frischen Milch und Butter eine Kuh zu halten.
Weiter unten auf dem Weg taucht ein anderer „Cowboy“' auf, um seine Familien Kuh zu holen. In Shelby, denkt Jake voller Bitterkeit, lebt man eigentlich weder städtisch noch wie auf einer Ranch. Es ist etwas zwischen beiden und fast so, als lebe man nirgendwo.
An dem Zaun legt der Junge die Hände an den Mund brüllt: „Hooo, Bessie!“
Er hofft, die dumme Kuh wird vernünftig genug sein, heranzukommen, ohne dass er sie erst zu holen braucht.
Mehrere Kühe stehen in der Nähe des Tors, Bessie aber nicht. Das blöde Ding steckt vielleicht gar bis zu den Knien im Morast — und er muss es noch herauszerren!
Jake brüllt nochmals, und nach einer Weile sieht er die braunweiß gefleckte Bessie um den Teich herumtrotten. Ich habe Glück, denkt er, aber Stolz fühlt er nicht in sich.
Todd Wintworth, der in Jake's Alter steht, treibt seine Kuh durch das Tor. Jake schlüpft hinein und wartet auf Bessie. Todd tritt heran, während er sein Seil durch die Luft schwenkt, als wäre es ein Lasso.
„Du hast Bessie ganz schön am Schnürchen“, meint er. „Ich musste Blackie erst suchen. Das verfluchte Biest hat nicht genug Verstand, um zu wissen, wann es was zu fressen gibt.“
Die beiden Jungen setzen sich auf den Boden und kauen Grashalme. Unter ihnen erstreckt sich die Town. Die Weide liegt auf einem Abhang im Osten, so dass sie jetzt auf Shelby's Teerpappdächer und staubige Straßen hinunterschauen können. Die Häuser sind kaum mehr als Holzhütten. Viele sind nicht einmal gestrichen. Jedes Haus hat einen Gemüsegarten, und zu vielen gehört ein Kuh- oder Hühnerstall.
By gosh, denkt Jake, das sieht mehr nach einer Geisterstadt aus als nach einem Ort, in dem fünfzig oder sechzig Familien wohnen.
Er blickt zur Sonne, die im Westen hinter der Prärie verschwindet. Sie ist ein roter Ball, der aussieht wie eine riesige Schafslaus, die sich überfressen hat. Jake betrachtet die Muster des Holzrauchs, der aus den dünnen Schornsteinen hervorquillt, und er fragt sich, was Tante Sarah an diesem Abend wohl zum Essen bereitet.
Plötzlich springt Todd Wintworth auf und wirft einen Stein nach seiner Kuh.
„He, Blackie! Los, auf den Weg zurück!“ Verärgert zuckt er die Schultern und blickt Jake an. „Ich gehe jetzt wohl am besten, sonst muss ich das blöde Vieh noch durch die ganze Gegend verfolgen.“ Langsam stampft er den Hang hinunter.
Nach zwanzig Schritten hält er plötzlich inne und ruft: „Beinahe hätte ich es vergessen. Weißt du, dass die Slaughter‘s Besuch haben?“
Jake blinzelt. „Besuch?“
„Klar doch. An euren Kuhstall war ein schwarzes Pferd gebunden, als ich vorbeikam. Der Kerl hat seine Sattelrolle mit ins Haus genommen.“
„Davon weiß ich nichts“, erwidert Jake. „Bin von der Schule nicht erst nach Hause gegangen.“
Todd ruft etwas, was Jake nicht versteht, dann rennt er durch das hohe Unkraut, um Blackie auf den Weg zurückzubringen.
Wer immer dieser Besucher auch sein mag, Jake hofft im Augenblick nur, dass Tante Sarah ein ordentliches Abendessen bereitet hat, denn er ist hungrig wie ein Wolf.
Jetzt hat Bessie das Tor erreicht, das Jake öffnet und hinter dem Tier wieder schließt.
Jake vergisst den Besucher, den Todd Wintworth erwähnt hat. Er gibt sich Erinnerungen hin an die wilden Nächte, wie sie in Shelby herrschten, bevor die Cowboys es vorzogen, die Town zu meiden. Jake erinnert sich sehr wohl an die Stadt, obgleich er damals noch ein Kind war — vor acht oder neun Jahren. Jetzt ist er dreizehn und in diesem Land praktisch schon ein Mann.
Damals wurde das Klavier in Bert Sur Yat Saloon die ganze Nacht hindurch gehämmert, so dass man es vom einen Ende der Town bis zum anderen hören konnte. Kaum eine Nacht gab es, in der nicht geschossen wurde. Mehr als einmal wurde der alte Abe Roebuck, der Zimmermann und städtische Arbeiter, mitten in der Nacht aus dem Bett geholt, um einen Tannenholzsarg zusammenzuschlagen.
Aber Jake hat sich nie gefürchtet. Seine abenteuerliche, junge Seele fühlt sich diesen Männern verbunden, auch wenn er ein Stadtkind ist und kein Pferd zum Reiten und keinen Colt zum Schießen hat. Damals konnte er auf die Street rennen und den wilden Burschen zuwinken, und er fürchtete sich nicht im Geringsten, von den aufgescheuchten Pferden zu Tode getrampelt zu werden, wovor ihn seine Tante Sarah oft gewarnt hatte. Yeah, damals gab es noch Aufregung, und Jake glaubt, er wird es den Siedlern nie verzeihen können, dass sie Ordnung schufen.
Nie mehr werden die schreienden Cowboys durch Shelby stürmen und Leben in die Bude bringen. Die Großen wie Cross Four, Big Hat und The Snake — sie alle haben gesagt, sie wollten verflucht sein, wenn sie je eine Nacht unter einem Dach mit diesen Siedlern zubringen würden.
Von da ab haben sie sich nach Yellow Fork verzogen. Dieses Nest ist zwar nicht so nett wie Shelby, aber seine Bewohner verstehen mit Cowboys umzugehen.
Auf diese Weise ist Shelby zu einer Siedlerstadt geworden. Nur selten noch sieht man einen Mann, der auf der Mainstreet einen Revolver trägt, und dann ist er sicher ein Reisender.
Jake spuckt aus. Jetzt gibt es hier keine Boys mehr mit bunten Halstüchern, handgearbeiteten Stiefeln und sonstigem Putz. Man sieht nur noch Overalls und dicksohlige Stiefel. Und wenn die Männer überhaupt hoch Waffen tragen, so sind es sicher Flinten — und tiefer kann nach Jake's Ansicht ein Mensch überhaupt nicht mehr sinken.
Er stapft den Abhang hinunter, wobei er bei jedem Schritt roten Staub aufwirbelt.
Wenn ich erwachsen bin, denkt er, werde ich mir ein Paar handgearbeitete Stiefel mit Stickereien an den Seiten anschaffen. Nicht, dass er nicht schon erwachsen wäre — er hat nur kein Geld.
Lange, lange denkt er über diese Stiefel nach, als er hinter Bessie einherstapft. Er riecht den Rauch aus den Schornsteinen und wird hungriger noch als zuvor.
Er hofft, Tante Sarah wird gebratene Hühnchen, Soße und Biskuits auftischen, wie sie es immer tut, wenn wichtiger Besuch da ist.