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Am nächsten Morgen ritten drei Reiter in die Stadt. Zunächst beachtete sie niemand. Da die Reiter aus Osten kamen, also nicht vom Pass her, waren sie an diesem Morgen sowieso im Gefolge eines großen Wagentrecks, der sich auf dem Weg zum Pass befand. Immer mehr Menschen trailten in Richtung Oregon, und der Sommer war die einzige Zeit, da die Pässe befahrbar waren.

Kingsman langweilte sich um diese Zeit im Marshal Office, und Johnston war dabei, seine unzähligen Schnittwunden mit einer Salbe zu beschmieren, die er nach einem indianischen Rezept angefertigt hatte und für einzigartig hielt.

Das war der Augenblick, da Kingsman die Tür öffnete und die drei Reiter sah. Er hatte keinen der drei je zuvor gesehen. Und doch stand ihre Beschreibung schlagartig vor seinen Augen. Er fragte sich, wie er bei Red River Joe glauben konnte, der könnte Brazos-Jim gewesen sein. Jetzt, wo er den Reiter dort auf dem mächtigen Rapphengst sah, da wusste er, wie Brazos-Jim in Wirklichkeit aussah. Das dort war er!

Auch auf den zweiten Mann passte die Beschreibung Stewart Cobbles so einzigartig, dass Kingsman sich fast einbildete, die beiden schon seit Jahren zu kennen.

Brazos-Jim war groß, größer als Red River Joe, hatte breite Schultern und wirkte eigentlich eher wie ein Rancher, der es zu etwas gebracht hatte. Seine Kleidung sah ordentlich aus, seine Waffen und der Gürtel verrieten – ebenso wie das Pferd – gewisse Wohlhabenheit. Auch stimmte das Alter. Brazos-Jim war Mitte der Vierzig, hatte eisgraue Haare und eine in langen Jahren des Lebens im Freien zerfurchte lederne Gesichtshaut.

Stewart Cobble wirkte völlig anders. Er war nicht nur ein Bandit, er sah auch so aus. Da er auf einem Auge blind war – man hatte es ihm vor Jahren durch einen Steinwurf verletzt –, schien er zu schielen. Das blinde Auge hatte eine weiße Pupille. Im Gegensatz zu Brazos-Jim war Cobble unrasiert, trug schmutzige Kleidung und wirkte, bis auf seinen wohl gepflegten Revolver, verkommen.

Der dritte Mann, das musste also der sein, für den Red River Joe von Johnston gehalten worden war. Dieser dritte Mann sah Red River Joe tatsächlich – bis aufs Gesicht – ähnlich. Dieselbe Gestalt, normale Cowboykleidung, Chaparals, die von den beiden anderen nicht getragen wurden, und ein braunes Pferd. Wer der Mann war, wussten die Behörden noch nicht.

Die drei Reiter sehen und reagieren, war bei Kingsman eins. Mit einem Satz, den niemand diesem nicht mehr jungen Deputy zugetraut hätte, sprang Kingsman ins Office zurück, flog förmlich zum Gewehrständer und riss eine Winchester heraus. Während er das tat, keuchte er: „Brazos-Jim und zwei seiner Burschen!“

Kingsman sprang wieder zur Tür, Johnston fuhr wie von der Tarantel gestochen hoch. Sein verpflasterter und gesalbter Oberkörper schwang herum. Dann sprang auch Johnston zum Gewehrständer, ohne die Schmerzen zu beachten, die durch seinen zermarterten Leib zuckten.

Kingsman stand in der Tür, und gerade waren die drei Reiter in gleicher Höhe, ohne überhaupt auf das Office zu blicken.

„Stopp!“, schrie Kingsman, riss das Gewehr an die Schulter und zielte.

Brazos-Jim parierte seinen Hengst. Cobble tat dasselbe etwas härter mit seinem Fuchswallach, und das Tier sank gleich auf die Hinterhand. Der dritte Mann reagierte überhaupt nicht, sondern ritt einfach weiter.

Da drückte Kingsman ab. Sein Schuss traf das Pferd. Der Braune brach wie vom Blitz gefällt zusammen. Sein Reiter stürzte ganz unglücklich in eine Wagenfurche, schrie schrill auf und blieb mit verrenktem Körper liegen.

Was jetzt kam, ging so schnell, dass Kingsman kaum alles verfolgen konnte.

Brazos-Jim hing plötzlich wie ein Comanche neben seinem Pferd, schoss unter dem Bauch des sich aufbäumenden Rappen hinweg auf die Tür des Office. Kingsman sprang zurück, während Johnston durch die Scheiben des Office auf Brazos-Jim schoss, ihn aber verfehlte, da der Rappe einen Satz nach vorn machte.

Überall waren Passanten auf den Gehsteigen. Unter anderem Diana Derrick, die junge Lehrerin, die seit Kurzem hier die Kinder unterrichtete. Sie trug einen Einkaufskorb in der Hand und stand wie erstarrt direkt vor dem Materialstore. Sie schien nicht eine Sekunde lang auf die Idee zu kommen, dass sie in höchster Gefahr schwebte. Ein Sprung durch die offene Ladentür hätte sie retten können. Aber ihr erging es offenbar wie dem Kaninchen, das vor einer Klapperschlange hockt. Sie stand wie angenagelt.

Und in diesem Augenblick hatte Cobble sie schon erspäht und handelte. Er trieb mit brutaler Wucht seinem Fuchswallach die Sporen in die Weichen, und der Fuchs schoss förmlich auf den Gehsteig zu. Da war Cobble schon neben Miss Derrick, beugte sich aus dem Sattel und hatte, ehe überhaupt jemand nur die Hand rührte, das Mädchen vor sich im Sattel.

Diana kreischte. Ihr blondes Haar flatterte. Das Gesicht war tiefrot vor Empörung und Angst. Sie schlug um sich, biss Cobble in die Hand, doch er presste sie fest an sich und schrie: „Ich bringe sie um, wenn noch ein Schuss fällt!“

Brazos-Jim tauchte wieder neben dem Pferd auf, setzte sich aufrecht in den Sattel und wendete sein Pferd.

„Er bringt sie um! Denkt daran!“, rief er und hielt neben dem gestürzten Partner an, saß ab, hob den ächzenden Mann auf und schob ihn in den Sattel. Dann löste er den Zügel eines am Hitchrack des Materialstores angebundenen Falben, setzte sich darauf und nahm seinen Rappen am Hanfstrick.

Cobble presste seinen Revolver in Diana Derricks Rücken. Das dreiundzwanzigjährige Mädchen hatte so etwas noch nie erlebt, nicht einmal davon gehört. Jetzt zitterte sie am ganzen Leib vor Entsetzen.

Die Menschen, die zusahen, rührten sich nicht. Wie gebannt starrten sie auf die Szene, und niemand wagte, nur nach der Waffe zu greifen. Die Männer fluchten, bissen sich die Lippen wund, aber keiner wollte das Leben des Mädchens aufs Spiel setzen. Auch Johnston und Kingsman nicht.

Ungehindert jagten Brazos-Jim, Cobble und jener verletzte dritte Bandit mit der Geisel aus der Stadt. Diana Derrick schrie vor Angst, und doch konnte ihr niemand helfen, der sie nicht gleichzeitig damit umbringen wollte.

Johnston, noch vom Kampf mit Red River Joe angeschlagen, stürzte auf die Straße und brüllte: „Ein Aufgebot! Wer mitkommt, auf die Pferde!“

Kingsman rannte schon japsend nach seinem Pferd, aber dann musste er doch langsamer gehen, denn sein Rheuma plagte ihn seit dem Morgen wieder, und da lähmte ihn fast der Schmerz im rechten Bein bis zur Hüfte. Er humpelte und zog sich dann mühsam den Sattel vom Bock.

Als Kingsman endlich sein Pferd fertig hatte und aufsaß, raste das Aufgebot schon aus der Stadt. Allen voran Johnston, der sich einen Deut daran störte, was die Männer hinter ihm über seine geschwollenen Augen und das zerschnittene Gesicht dachten.

Kingsman fluchte, weil er jetzt schon abgehängt worden war. Und er wusste, dass er mit seinem rheumatischen Bein auch keinen schnellen Ritt über eine längere Strecke durchhalten würde.

Als er der Posse folgte, holte ihn ein Reiter auf einem Schecken ein. Kingsman blickte zur Seite und erkannte Jack Derrick, Dianas Bruder. Der Junge schien außer Rand und Band zu sein. Im Blick des sommersprossigen Vierzehnjährigen stand nackte Verzweiflung. Er sah Kingsman an und schrie: „Ich muss sie finden. Ich muss sie retten!“

„Kehr um, Junge, kehr um!“, riet Kingsman väterlich, aber der Junge war schon vorbei.

Kingsman trieb fluchend sein Pferd an, um den Jungen einzuholen. Er musste den Jungen zur Umkehr bringen. Kinder hatten bei einer Banditenverfolgung nichts zu suchen, sagte er sich. Aber er kannte Jack Derrick nicht.

Dakota Western Großband 7 Romane Dezember 2019 - Wildwest Sammelband 7018

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