Читать книгу Gnadenlos und eisenhart: Super Western Sammelband 4 Romane - Pete Hackett - Страница 13

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Jim ging in den Stall des Sheriffhauses und holte seinen Rotfuchs, den Tobe Carnes dorthin gebracht hatte. Als er mit dem Pferd auf den Hof trat, kam der Sheriff gerade aus der Hintertür.

„Wollen Sie verreisen?“

„Ja, ich glaube, ich habe eine interessante Entdeckung gemacht. Sagen Sie, Sheriff, wer ist die Frau bei Sprague?“

„Debora Rink. Sie taugt nicht viel – genauer gesagt, gar nichts. Sie verdreht den Männern die Köpfe und zieht ihnen das Geld aus der Tasche. Wenn sie bei Sprague tanzt, kostet der Whisky einen blanken Dollar. Sie ist an dem Geschäft beteiligt. Sie kam kurz nach Sprague hierher. Ich glaube, er hat sie nachgeholt.“

„Auf diese Art kann man vielleicht wirklich reich werden, wie?“

Der Sheriff schüttelte den Kopf.

„Mit Debora Rink kaum. Sie fährt zweimal im Jahr nach Denver und bleibt dann immer drei bis vier Wochen. Der Richter hat sie einmal getroffen, kurz ehe er starb. Er erzählte mir, dass sie das Geld dort mit beiden Händen ausgibt.“

„Also hat Sprague doch noch ein anderes Geschäft. Well, Sheriff, ich habe schon einen bestimmten Verdacht. Hier in Haymond sind zwei Fälle zu klären. Ich bin fast der Meinung, dass der Wahnsinnige das kleinere Übel ist.“

Jim zog sich in den Sattel, tippte an die Krempe seines Hutes und ritt hinaus.

Der Sheriff lief bis zum Tor. Er schaute dem Reiter nach, schob seinen Stetson in die Stirn und kraulte sich den Hinterkopf.

„Aus diesen Rangern wird nicht einmal der Teufel schlau“, grunzte er. Dann wandte er sich um und ging in sein Haus zu rüde.

Jim passierte bald die Stadtgrenze. Er hielt sich ein wenig südlich und wartete am Rande der Berge hinter einer Buschgruppe.

Nach einer halben Stunde tauchte ein Reiter auf. Der Mann kam aus der Stadt und ritt nur wenige Meter an Jims Versteck vorbei.

Hollister ließ ihn ein Stück voraus, dann jumpte er in den Sattel und folgte. Es ging in einen Canyon hinein, der sehr schmal war und mehr und mehr in die Höhe strebte. Manchmal verlor Jim den Mann aus den Augen, weil er sich in einiger Entfernung halten musste, aber er sah ihn stets wieder auftauchen. Der Verfolgte war jener Bursche, der so eilig im Blue-Bell-Saloon aufgetaucht war und der sich wahrscheinlich dann mit Sprague unterhielt.

Nach ungefähr drei Meilen erreichte Jim ein Plateau. Steil fielen die zerklüfteten Wände in die Tiefe. Unten sah er ein Wildwasser dahinschießen. Das Rauschen drang nur gedämpft bis zur Höhe.

Und plötzlich gellte ein Schuss auf, der sich von Höhe zu Höhe fortsetzte. Eine Kugel zupfte über die Schulter des Rangers. Im nächsten Moment war Jim aus dem Sattel. Er stieß einen warnenden Lauf aus, und gleich verschwand der Rotfuchs hinter einer vorspringenden Kante. Jim hechtete mit einem Tigersatz hinter einen großen Stein. Er zog seinen rechten Colt und spannte ihn. Seitlich lugte er um den Brocken. Drüben, am Eingang eines Hohlweges sah er das schwache Blitzen eines Gewehrlaufes.

Und da zuckte eine Mündungsflamme auf, und eine Kugel sirrte heran. Sie zog einen weißen Strich über den Felsen und heulte zum azurblauen Himmel. Ein meckerndes Lachen, fast wie das Wiehern eines Pferdes, folgte.

Der Ranger schoss, aber da war der Lauf schon verschwunden. Er erschien tiefer, die Waffe knallte und verschwand wieder. Dieser Schuss ging weit über Jim hinweg.

Der Texas-Ranger blickte sich um. Er lag zwar gut gedeckt, aber denkbar ungünstig. Bis zur Felsnase waren es gut vier Meter, die er sicher nicht lebend überwinden konnte. Auch zurück kam er nicht. Nein, zur Biegung mochten es sogar zehn Meter sein, und der heimtückische Schütze konnte das Gelände sicher gut mit seiner Waffe bestreichen.

„Bleib nur schön liegen, du Spürhund!“, rief da der Mann, als ahne er die Gedanken des Rangers. „Ich habe dich schon lange bemerkt. Well, du wolltest mir nachschleichen wie eine Katze. Doch du bist keine Katze. No, du trampelst wie ein Elefant. Ich werde dir unser Lager nicht zeigen.“

„Schade“, sagte Jim. „Es hätte mich wirklich interessiert, wie ihr da wohnt. Nun, vielleicht finde ich später noch eine Gelegenheit, euch zu besuchen.“

„Die wirst du nicht finden – denn du lebst nicht mehr lange. Ich werde dich nämlich abschießen, Hombre!“ Und wieder lachte der Kerl.

Jim blickte suchend nach rechts und links, aber er fand keine Deckung, hinter die er sich mit einem tollen Satz hätte werfen können. Es sprach alles dafür, dass der heiße Wunsch des Verbrechers in Erfüllung gehen konnte.

Doch der Ranger war weit davon entfernt zu verzweifeln. Auch dass jetzt wieder Kugeln um seinen Kopf pfiffen, konnte ihn nicht irritieren. Für den Moment war er hier sicher, und wie der Halunke ihn umbringen wollte, war ihm wirklich schleierhaft.

Zehn Minuten hielt der einseitige Kampf an. Dann entschloss sich Jim blitzschnell. Er zog auch seinen zweiten Colt, ging in die Hocke und schoss einmal links um den Stein und einmal rechts, dann wieder links und weder rechts.

Der Bandit war gezwungen, in Deckung zu bleiben.

Da schnellte Jim hoch und rannte auf die Kante zu. Eine Kugel flog ihm entgegen und strich über seine Rippen. Dann warf sich der Verbrecher herum und floh.

Jim hielt an der Kante und blickte in den Hohlweg hinein. Der Bandit schoss sofort wieder. Er stand jetzt drei Meter weiter hinten an einer Biegung.

Noch weiter konnte der Ranger nicht vordringen. Er blickte an der Wand hoch. Die Felsen türmten sich hier kaum fünf Meter auf. Sie waren mit Schroffen und Graten übersät und sicher leicht zu erklimmen. Jim versuchte es und stand bald oben. Er richtete sich auf und sprang über eine Scharte. Da bellte es wieder auf.

Diesmal kam die Kugel haarscharf. Der Ranger roch förmlich den heißen Atem des Geschosses. Frei wie er stand, legte er beide Waffen an und schickte einen Kugelregen hinter eine Zacke, wo sich der Bursche verborgen halten musste.

Dann sprang er zum nächsten Grat hinüber.

Da klang plötzlich Hufschlag auf. Jim blickte hinunter. Der Bandit hatte sich auf seinen Mustang geworfen und floh. Der Ranger hätte ihn jetzt abschießen können, aber dazu fühlte er sich außerstande. In der nächsten Sekunde fegte der Bandit schon um eine Ecke und war verschwunden. Nur das Trommeln der Hufe hallte noch an die Ohren des Texas-Rangers.

Fünf kostbare Minuten vergingen, ehe Jim sein Pferd erreichte. Er sprang im Anlauf in den Sattel und jagte hinter dem Fliehenden her.

Bald teilte sich der Hohlweg in zwei Arme. Jim hielt an. Der Hufschlag war erstorben. Er überlegte eine Weile, dann entschied er sich für die rechte Seite. Steil stieg der Wildpfad an. Etwa fünfhundert Meter kam Jim hinauf, dann war der Weg plötzlich zu Ende. Eine steile und glatte Felswand türmte sich vor dem Ranger in die Höhe.

Hier war der Bandit also nicht entlang.

Jim Hollister drehte sein Pferd und wollte zurück. Ein hohl klingendes Hohngelächter schallte an seine Ohren.

Wie der Blitz war er aus dem Sattel und hinter einer Kante verschwunden. Er wirbelte herum und blickte zur Höhe hinauf. Mit wehender Mähne stand der Wahnsinnige dort oben, und sein irres Gelächter erfüllte die Schlucht

Der Ranger trat wieder in den Hohlweg und blickte zu der spindeldürren Gestalt. Wahrhaftig, der Mann war aus Fleisch und Blut, doch er sah aus wie ein Gespenst. Und wieder war er so nahe und zugleich ungreifbar, wie in der letzten Nacht.

„Suchst du immer noch nach mir? Hihi! Du wirst mich nie finden. Ich kann mich in Luft auflösen, und wenn ich will, auch zu Stein erstarren.“

„Wer bist du?“, fragte Jim zurück. „Steig herunter von deinem Thron, ich tue dir nichts.“

Der Mann oben tippte mit einem Knochenfinger an seine hohe Stirn, die tiefe Furchen durchzog.

„Ich bin verrückt, aber nicht so sehr, dass ich nicht wüsste, was du willst. Du wirst mich nie bekommen. Außerdem kenne ich dich nicht. Was machst du hier? Wer bist du?“

„Das hatte ich dich gefragt.“

„Mich?“ Der Irre verdrehte die Augen und fast sah es aus, als wolle er umfallen. Doch er blieb stehen, schüttelte sich wie im Fieber und stand dann minutenlang starr.

Ganz plötzlich löste sich der Krampf. Der Anfall war vorbei.

„Was wolltest du?“, fragte er sachlich.

„Ich will wissen, wer du bist.“

„Ach ja, richtig. Hihi! Ich bin der Teufel der Glass Mountains! Ein schlimmer Teufel. Ich war schon einmal in der Hölle, aber sie hat mich wieder ausgespien. Ich war ihr noch nicht schmutzig genug. Steig wieder zur Erde zurück und verübe ein paar Schandtaten!, sagte der Hexenmeister am Fegefeuer zu mir. Dann will ich dich aufnehmen. Ja, er schickte mich zurück. Hihi – und jetzt mache ich die Aufnahmeprüfung. Ich überfalle simple Bürger und sprenge Frachtwagen in die Luft. Ich mache die Gegend unsicher, das hat mir der Satan persönlich aufgetragen. Hast du es gestern gesehen? Der kostbare Whisky floss in Strömen den Canyon hinunter. Ein Schnapsbach – haha!“

Er hielt inne, klopfte an den Lauf seines Winchester-Gewehres, das er in der Hand hielt und stieß ein paar entzückte Laute aus.

„Die Mary hilft mir dabei“, setzte er dann hinzu. Fraglos meinte er damit sein Gewehr.

Jim zog blitzschnell seinen Colt und richtete ihn auf den Mann auf der Höhe.

„Steig herunter“, befahl er kalt, „sonst schieße ich dich ab.“

Läppisch winkte der Wahnsinnige ab.

„Fangen lasse ich mich nicht. Doch schießen kannst du ruhig. Deine Kugeln werden in meinen Körper eindringen und ihn ohne viel Umstände wieder verlassen. Ich werde nicht umfallen und du wirst auch kein Blut sehen. Ich bin ein Geist! Einen Geist kann man nicht erschießen. Doch sei vorsichtig, denn ich würde es als furchtbare Beleidigung auffassen, wenn du mir Löcher in die Weste fabrizierst. Ich hielt vorhin mit dem Satan Zwiesprache. Er riet mir, dich am Leben zu lassen. Wenn du aber meine Weste verunzierst, werde ich seinen Rat vergessen.“

Jim ließ seinen Colt langsam sinken. Er hatte den Wahnsinnigen nicht töten wollen. Nein, er wollte ihm nur drohen, wollte ihn bewegen, herabzusteigen. Doch nun sah er, dass seine Methode nicht die richtige war. Natürlich war der Kerl nicht gegen Kugeln gefeit – eben das war ja der Wahnsinn. Der Mann hielt sich nur für immun. Würde ihn ein heißes Projektil treffen, dann würde er wohl Umfallen wie jeder andere Mann auch.

Natürlich war durch einen schnellen Schuss alles zu klären. Die Überfälle würden aufhören, und der Fall wäre damit erledigt. Aber Jim wollte den Mann lebend haben. Es war auch kein Mensch umgebracht worden, und außerdem war der Bursche – das sah Jim nun klar und deutlich – wirklich nicht bei Sinnen. Einen Unzurechnungsfähigen durfte er aber nicht töten – es sei denn, in Notwehr. Und die lag hier nicht vor, wenn nicht ein schlimmer Anfall kam, der den Irren um den winzigen Rest seines Verstandes brachte.

Ja, ein wenig Verstand besaß er auf jeden Fall noch. Nur wenn er sich so verkrampfte und zu schütteln begann, schien er ganz weggetreten zu sein

Jim versenkte seinen Colt ins Holster.

„Los, komm herunter“, sagte lahm. „Stell dir vor, du wärst in der Hölle und würdest mit der Großmutter des Teufels am Kaffeetisch sitzen.“

„Hihi! Du musst dir etwas anders ausdenken, um mich aus dem Busch zu locken. Außerdem kommt hinter dir ein großer Bär. Pass auf, gleich wird er seine Tatze auf deine Schulter legen.“

Der Irre verdrehte dermaßen die Augen, dass Jim auf dem Absatz herumfuhr.

Aber es war nichts. Tot und verlassen lag die abfallende Schlucht vor ihm.

Er wandte sich wieder um und starrte zur Höhe, der Wahnsinnige war verschwunden.

Über die Berge wehte noch einmal sein schauriges Hohngelächter, dann wurde es still.

Jim musterte die kahlen Höhen. Sie waren nicht sonderlich hoch, denn die Wände waren glatt und steil, er konnte sie nicht erklimmen. Bis er einen Aufstieg finden würde, war der Verrückte bestimmt verschwunden.

Schleppend ging er zu seinem Pferd und zog sich in den Sattel. Er fühlte plötzlich, dass er sehr müde war. Und nun fiel ihm auch ein, dass er seit drei Tagen keinen Schlaf mehr gefunden hatte.

Doch er riss sich zusammen und schlug den Weg nach Haymond ein.

Gnadenlos und eisenhart: Super Western Sammelband 4 Romane

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