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Haymond, nur wenige Meilen von den Glass Mountains entfernt, war eine kleine, aber sehr turbulente Stadt. Zum Teil mochte es daran liegen, dass die Grenze nicht sehr weit war, zum Teil vielleicht auch an der Nähe der Berge. Grenze und Berge sind Dinge, die beruhigend auf die Gemüter der gesetzlosen Elemente wirken. Und in Haymond gab es viele Gesetzlose.

Yeah, das wusste Jim schon, als er gerade einen Tag in der Stadt gewesen war.

Die Stadt selbst bestand aus etwa fünfzig Häusern und Hütten, zwischen denen ein Gewirr großer und kleiner Straßen lag. In der Mitte zog sich die sandige Frontstreet durch den Ort, an der nicht weniger als fünf Saloons lagen.

Der Ranger kam gegen zehn Uhr vormittags in die Stadt. Er lenkte sein Pferd vor das Sheriff-Office und stieg steifbeinig aus dem Sattel.

Auf der anderen Seite befand sich der Blue-Bell-Saloon. Dort stand der demolierte Frachtwagen, der nur wenig vor Jim angekommen sein konnte. Der Kutscher stand unten auf der Straße in einer Fahrrinne und blickte zum Vorbau hin, wo ein klotziger Mann mit stechenden Augen arrogant zu ihm herunterschaute.

„Du bist ein Hasenfuß!“, sagte der Mann auf der Veranda gerade rau. „Wie kann man sich nur die Fässer so zersägen lassen?“

„Ich hatte ...“

„Red kein Blech, Mort!“, donnerte der Saloonbesitzer Meat Sprague, das war der Mann unter dem Vordach, herunter. „Wenn es sich wirklich um einen einzelnen Mann handelt, dann hättest du ihn abschießen können. Ich habe dich diesmal geschickt, weil ich dachte, du wärst kein Hasenfuß. Doch du bist nicht besser als die anderen.“

„Er hat so wahnsinnig gelacht, Boss. Ah, es ging mir wie Gletscherwasser durch die Glieder. Gewiss, ich wollte ihn abschießen – aber da krähte er von der anderen Seite. Ich wette, der Kerl ist gar nicht verrückt.“

„Was denn dann?“

Neben Meat Sprague lachte ein schmaler Mann und bog sich. Dieser Bursche war groß und gipsgesichtig. Er hatte zwei schwere Colts tief an seinen Oberschenkeln hängen, die den Gurt nach unten zogen wie Bleigewichte.

Der Mann blickte jetzt zu Sprague und sagte: „Ich habe schon tolle Dinge erlebt, Boss, aber das ein Whiskywagen zur Minna gemacht wird, ohne dass irgend einer etwas davon hat, das ist mir noch nicht untergekommen. Wirklich, das kann nur ein Wahnsinniger fertigbringen. Mort, wo steckt denn das Schreckgespenst? Bring ihn mir mal. Ich werde ihm zwei hübsche Löcher in seinen verrückten Kopf fabrizieren, dann wird es ihm verteufelt schnell vergehen, anderen Leuten das Geschäft zu verderben.“

Mort Stendal atmete hart aus. Scharf blickte er den Schießer an.

„Du bist ein Ass mit den Colts, Chet Syler, das stimmt schon. Fraglich ist es aber, ob du nicht auch das Laufen lernst, wenn du an den Irren gerätst. Geh doch mal hinaus und rufe ihn. In dunklen Nächten ist er sicher zu sprechen.“

Jim stand reglos neben seinem Pferd. Zwischen den beiden Fässern hindurch konnte er den Saloonwirt und daneben den Revolvermann sehen. Der Schießer trug ein grellrotes Halstuch, das in einem peinlich sauberen, weißen Hemd steckte. Darüber hatte er eine schwarze Jacke und eine ebensolche Hose. Jim fand, dass der Mann wie die leibhaftige Drohung herumlief.

Und daneben der Wirt Meat Sprague. Er war noch größer als Syler und dazu von bärenartiger Gestalt. Auch in seinen Augen glomm eine Drohung, und unter diesem Blick wurde Mort Stendal, der vorn stand, jetzt merklich kleiner.

„Und wie denkst du über den Schaden?“, fragte der Salooner eben mit scharfer Stimme.

„Den Schaden?“

„Na klar! Es waren fünfhundert Liter Whisky. So eine Ladung reicht Monate. Bildest du dir ein, dass ich mein Geld auf der Straße finde? He, bist du so ein dummer Kerl?“

„Aber was kann ich denn dafür?“, brauste nun auch Mort Stendal auf. „Sollte ich etwa meinen Hut vor die Kugeln halten?“

„Der feige Kerl macht noch Witze“, röhrte Chet Syler. „Mort, reiß dich ein wenig zusammen, sonst hast du das letzte Mal nach Luft geschnappt. Wir haben uns doch verstanden?“

Mort Stendal musterte den Schießer ruhig.

„Ich bin hier Frachtfahrer“, sagte er hoheitsvoll. „Frachtfahrer – verstehst du? Keine Zielscheibe für Revolverschwinger!“

Chet Sylers Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Er stieg betont lässig die Stufen herunter und ging auf den Kutscher zu. Dicht vor ihm blieb er stehen.

„Sag das noch mal, Brother!“

Mort bewegte sich keinen Zoll.

„Na los, singe schon, du Hasenfuß!“, schnaubte Syler kalt.

„Du hast mich schon richtig verstanden. Ich gehe einem ehrlichen Handwerk nach.“

Der Revolvermann lachte läppisch. „Ich nicht, wie? Sag mal, was du von mir denkst. Los, spuck es aus!“

Mort Stendal trat einen Schritt zurück. Er blickte nach rechts und links, wo die Bürger unter den Vorbauten standen und ihn neugierig, aber ein wenig besorgt entgegenschauten. Das war kein Wunder, denn Chet Syler eilte ein gefährlicher Ruf voraus. Dass der Revolvermann in Meat Spragues Diensten stand, machte ihn nicht besser. Nein, auch Sprague galt als skrupellos und gefährlich, aber um das festzustellen, brauchte man ihn nur anzusehen.

Und da sagte der klotzige Wirt: „Chet, gib ihm ein paar vor die Hörner. – Und dann scherst du dich zum Teufel, Stendal. Well, wir sind geschiedene Leute. Verziehe dich aber nicht zu weit, denn du bekommst von mir noch eine saftige Rechnung.“

Meat Sprague machte auf dem Absatz kehrt und ging in seinen Saloon. Hinter ihm klappte die halbhohe Schwingtür zu.

„Du hast es gehört“, sagte der Schießer. Er trat einen Schritt zurück und legte die Hand auf den Kolben. „Ich werde es mit dem Knaller besorgen, Stendal. Keine Angst, ich bringe dich nicht um. Nein, ich gebe dir nur einen Denkzettel, damit du weißt, wie man mit anständigen Gents spricht.“

Syler wollte ziehen, aber dazu kam er nicht.

Mit einem wütenden Schrei sprang der Kutscher vor und hieb dem Revolvermann seine tellergroße Faust ins Gesicht. Chet Syler taumelte drei Schritte zurück, trat dann in eine Furche auf der Fahrbahn und kippte über die Absätze. Er lag jetzt hinter dem Wagen, und Jim Hollister konnte ihn genau sehen.

Hasserfüllt vorzog sich das Gesicht des Schießers. Heimtückisch blitzten seine kalten Augen. Im Liegen griff er blitzschnell nach der Hüfte, riss seinen Colt heraus und legte an.

Da brüllte ein Schuss auf. Sylers Waffe flog durch die Luft und klatschte gegen die Hauswand. Der Schießer selbst zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb.

Jim Hollister stand ruhig. Er blies den Rauch aus der Mündung seiner Waffe und schob sie ins Holster.

„Steh auf, Coltmann!“, befahl der Ranger. „Marschiere hinter deinem Boss her. Wenn du nochmals auf einen harmlosen Bürger anlegst, bringe ich dich ins Jail.“

Chet Syler stand schwer auf und drehte sich halb herum. Er starrte den Texas-Ranger wie einen Geist an.

„Lebst du auch noch?“, fragte er schleppend. „Wir sahen uns doch neulich schon hier in der Stadt. Hollister, ich habe dich in schlechter Erinnerung Du weißt doch, die Sache in Santa Fe.“

„Ganz richtig. Wo ich dir nicht beweisen konnte, dass du auch mit den Brüdern gemeinsame Sache machtest, die den Zug ausraubten. Lass dich besser nicht bei einer Unregelmäßigkeit erwischen, sonst wird jene Geschichte noch genauer beleuchtet. Und nun tanze ab!“

Chet Syler lachte kratzig. Er schien seinen Schreck überwunden zu haben. „Hau hier ja nicht auf die Pauke, Hollister. Überhaupt, was willst du hier?“

„Vielleicht nur ein wenig auf dich aufpassen. Aber ich sagte, du sollst gehen.“

Tatsächlich drehte sich der Revolverschwinger auf dem Absatz herum und ging die Stufen hinauf. Oben jedoch blieb er stehen und klopfte seinen Anzug ab. Dann drehte er sich zu Mort Stendal hin, der noch immer am Wagen stand, auf den die ausgelaufenen Fässer montiert waren.

„Darüber sprechen wir noch miteinander, Stendal. Glaube ja nicht, dass dir der Sternträger viel helfen kann.“

Er drehte sich um und verschwand im Saloon. Hinter ihm schwang die Tür zu.

Mort Stendal blickte den Texas-Ran er mürrisch an. Dann spuckte er in den Sand, knurrte gereizt und wandte sich ab. Langsam schritt er die Straße hinunter.

Jim blickte zur Seite. Neben ihm stand Tobe Carnes, der Sheriff von Haymond. Carnes war fünfzig Jahre alt, mittelgroß und für sein Alter recht gut erhalten. Er hatte ein rundes Gesicht, das glänzte, so rosig wie ein Spanferkel.

„Chet Syler ist gefährlich“, sagte Carnes. „Ich will Sie nicht warnen, aber ein Rat ist bei mir kostenlos.“

„Verstehe. Doch ich hatte die Ehre schon. Er ist nicht besser als andere Killer. Was macht er hier in der Stadt?“

Carnes hob die Schultern und ließ sie mit einem Ruck wieder fallen.

„Das weiß der Teufel!“, donnerte er. „Offiziell ist er Meat Spragues Leibwächter. Doch ich habe so den Verdacht, als würde er für Sprague auch noch andere Geschäfte erledigen. Der Wirt ist nicht astrein – das ist allerdings nur eine Vermutung. Ich erzähle Ihnen das ganz privat, Sie verstehen doch, nicht wahr, Hollister?“

„Yeah, ganz genau. Und wozu braucht Sprague einen Leibwächter? Ist er in Gefahr?“

Carnes zuckte wieder die Schultern. Verächtlich bogen sich seine Mundwinkel nach unten.

„Keine Ahnung. Auf jeden Fall ist er der reichste Mann in dieser Stadt. Natürlich hat er Feinde – welcher reiche Mann hat die nicht. Doch die meisten hat er sich selbst gemacht Er ist unbeherrscht und arrogant. Jetzt hat er sich um den Richterstuhl beworben. Er duldet keinen Menschen auf seiner Höhe. So ein Mann kann schon einen Aufpasser gebrauchen. Immerhin ist Haymond nicht gerade eine ruhige Stadt. Nein, wirklich nicht.“

Tobe Carnes machte eine Pause. Er blickte Jim abschätzend an, dann fuhr er fort: „Vor zwei Jahren kam ein Mann in die Stadt, der oben den Trailmann Saloon erwarb und den Store daneben. Douglas Riot hieß der Fremde. Er hatte Geschäftssinn – yeah, das hatte er. Riot arbeitete mit seinem Sohn, der damals vierzehn war, im Saloon, während seine Frau den Store hatte. Riot machte schon nach sein kurzer Zeit einen Umsatz, der Sprague bleich werden ließ. Da kamen eines nachts Reiter in die Stadt und brannten sein Haus an. Wissen Sie, was übrig blieb? Ein großer Haufen verkohltes Holz – doch so groß war der Haufen eigentlich gar nicht. Ich verfolgte die Bande mit einem Aufgebot. Wir konnten ein paar erschießen, aber lebend bekamen wir keinen.“

„Und was machte Riot?“, fragte Jim.

„Als ich wieder in der Stadt ankam, war er fort. Er hatte behauptet, dass Meat Sprague ihm die Bande auf den Hals geschickt habe. Yeah, Donnerwetter, das hat er wirklich behauptet. Fragen Sie die Männer, sie können sich noch heute erinnern. Sprague sammelte seine Knechte und jagte Riot mit seiner Familie aus der Stadt. Nichts als ein jämmerlicher Wagen war den Leuten geblieben. Davor hatten sie ein altes, ausgemergeltes Pferd. Und dazu war es Winter.“

„Hat denn niemand diesem Riot geholfen, Carnes?“, erkundigte sich Jim.

„Nein. Wer sollte auch? Sprague muss sehr beleidigt gewesen sein. Als ich hier ankam, standen seine Männer noch immer mit Schrotflinten auf der Straße. Riot war schon acht Stunden fort. Am nächsten Tag ließ die Geschichte mir keine Ruhe mehr, denn wie ich wusste, war der Big Canyon verschneit. Well, ich ritt mit fünf Männern los, und unterwegs überraschte uns ein Schneesturm, der uns in eine Höhle zwang. Zwölf Stunden saßen wir fest. Riots Wagen fanden wir zwei Tage später. Wir waren dreimal an ihm vorbei. Er steckte im Schnee. Das Pferd war ausgeschirrt und weggeführt worden. Riot schien den Wagen aufgegeben zu haben. Wir verloren bald die Spur und fanden sie nie wieder. Yeah, so war das damals. – Und deswegen sind verschiedene Leute noch heute schlecht auf Sprague zu sprechen – ich einbegriffen. Wenige Monate danach kam dann der erste Revolvermann. Der Bursche hatte hier nicht viel Arbeit und verschwand bald wieder. Syler ist noch nicht lange da.“

„Und auf wessen Befehl hörte die Bande?“

„Keine Ahnung. Sie führten uns damals in die Irre. Nach meiner Schätzung hatte Riots Meinung viel für sich. Meat Sprague war der einzige Mann weit und breit, der an seinem Ruin verdienen konnte. Die Banditen hatten wild, aber sicher nicht planlos, alles vernichtet. Es ist denkbar, dass Sprague dieses Unternehmen finanzierte.“

Jim blickte den Sheriff nachdenklich an.

„Was geschah dann mit dem Haus? Ich kann keine Trümmer mehr in der Stadt sehen.“

„Sprague baute es wieder auf. Außerdem gehören ihm noch zwei andere Saloons. Burt Bakman, dem die Büffelhaut gehört, ist außer Sprague der einzige Geschäftsmann in der Stadt. Logischerweise hat er viele Kunden. In letzter Zeit fabrizieren Syler und Cohler aber laufend Streitigkeiten in seinem Laden. Sie wollen ihm natürlich die Kunden vertreiben. Leider kam ich bis jetzt immer zu spät, um eingreifen zu können.“

„Wer ist Cohler?“

„Larry Cohler ist eine Art Saloonrowdy. Er wird auch Bulle genannt. Ein schlimmer Schläger. Er steht ebenfalls in Spragues Diensten.“

„Das sind interessante Dinge“, sagte Jim. „Übrigens, ich habe den Wahnsinnigen gesehen. Er stand mir fast zum Greifen nahe gegenüber. Leider war ein tiefer Abgrund zwischen uns. Der Kerl scheint wirklich keinen Verstand zu haben. Doch ich habe den Verdacht, dass er mit einer gewissen Logik vorgeht. Er hat also bestimmt lichte Momente.“

Tobe Carnes blickte den Ranger starr an.

„Und damit rücken Sie erst jetzt heraus? Hölle, den Kerl gibt es also wirklich?“

„Ja, es gibt ihn. Es ist ein einzelner Mann, der in dunkler Nacht eine höllisch glatte Kugel schießt. Fast bin ich überzeugt, dass er auch Mort Stendal hätte treffen können – wenn das in seiner Absicht gelegen haben würde.“

„Was wollen Sie damit sagen?“

„Dass er es auf die Whiskyfässer abgesehen hatte – die er auch traf. Und jetzt habe ich Hunger. Ich werde mir bei Mister Bakman ein kräftiges Frühstück kommen lassen. Bis später, Sheriff.“

Jim ging schräg über die Straße und betrat drüben den Vorbau. Tobe Carnes stand noch immer wie an den Boden geklebt und starrte der hohen Gestalt des Rangers nach.

„Donnerwetter!“, fluchte er plötzlich. „Da suche ich hier ein paar Wochen lang und glaube nur halb an das wirre Gerede – und dieser Texas-Ranger kommt daher, versteckt sich ein paar Tage und sieht den Kerl. Kein Zweifel, es muss also wirklich einen Irren in den Glass Mountains geben.“

Gnadenlos und eisenhart: Super Western Sammelband 4 Romane

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