Читать книгу Gnadenlos und eisenhart: Super Western Sammelband 4 Romane - Pete Hackett - Страница 16
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Jim Hollister erwachte mitten in der Nacht. Er öffnete die Augen, ohne sich zu bewegen. Sein Blick schweifte durch das Zimmer, das ein bleicher Mondstrahl schwach erhellte. Er blickte drüben zu dem dreibeinigen Schrank hin, dann zum Waschständer in der Ecke und schließlich zu der Spiegelscherbe darüber.
Nichts.
Langsam drehte er den Kopf. Neben dem Bett stand ein Stuhl, und dort lagen sein Waffengurt und die beiden schweren Colts. Seine Stiefel standen daneben und die Hose hing über der Lehne.
Was hatte ihn geweckt?
Er schaute aus dem Fenster. Seine Augen zogen sich noch enger zusammen und durchforschten das dichte Geäst. Es war ihm, als bewege sich ein dicker Ausleger. Doch es war draußen windstill. Wodurch wurde der Ast bewegt.
Und da sah er plötzlich auch einen langen dunklen Schatten, der sich flach ins Blätterwerk duckte.
Schlagartig wusste der Ranger Bescheid. Er schlug langsam die Decke zurück und ließ sich aus dem Bett gleiten. Da diese Seite des Zimmers in der Dunkelheit lag, konnte er unmöglich gesehen werden.
Auf der Erde kroch er langsam zum Fenster. Er hatte es noch nicht ganz erreicht, als ein blendender Mündungsblitz durch das Fenster zuckte, dem eine brüllende Detonation folgte. Ein Bleihagel aus einer mörderischen Schrotflinte knallte in das Zimmer. Jeder Gegenstand wurde von der gehackten Ladung erfasst und durchlöchert.
Zum Glück war der Ranger schon so weit unter dem Fenster, dass er nicht mehr im Schussfeld lag. Jetzt war er mit einem Sprung auf den Beinen. Er warf sich zum Stuhl hin, den der Hagel umgeworfen hatte, schnappte einen Colt und raste zurück.
Gerade sah er noch, wie die Gestalt vom untersten Ast sprang und über den Hof rannte. Im Lichtschein einer Lampe erkannte er Chet Syler. Zweifellos hielt ihn der Schießer für tot.
Jim trat zurück und zog sich an. Er schnallte gerade den Gurt um, als eilige Schritte über die Dielen im Gang hasteten. Sie verhielten vor seiner Tür, und dann rief eine atemlose Stimme: „Mister – Hallo, Mister!“
Jim ging zur Tür und schloss auf.
Draußen stand der Wirt mit wirren Haaren und stierte ihn verdattert an.
„Ich hörte einen Knall“, meinte Bakman verstört.
„Ich auch“, warf Jim lächelnd hin. „Kommen Sie herein und sehen Sie sich den Schaden an. Rechnen Sie alles zusammen und schreiben Sie eine Rechnung. Machen Sie schnell.“
„Jetzt? Mitten in der Nacht?“
„Natürlich, das ist doch der günstigste Zeitpunkt. Sie werden staunen, wie schnell ich Ihnen das Geld beschaffe.“
Der Salooner verstand kein Wort. Doch er besah sich alle Gegenstände und meinte dann: „Ich werde neue Möbel kaufen müssen. Der Schreiner in Haymond hat gepfefferte Preise.“
„Das macht nichts. Der Übeltäter wird es verkraften können.“
Burt Bakman ging mit dem Ranger in dessen Büro und schrieb eine Zahlenkolonne auf ein angeschmutztes Papier. Dann nahm er einen sauberen Bogen und machte eine übersichtliche Aufschlüsselung, auf die er alle beschädigten Gegenstände aufführte. Es kamen am Ende fünfhundert Dollar heraus.
Jim nahm den Zettel, faltete ihn sorgfältig zusammen und schob ihn in seine Brusttasche.
„Ich gehe jetzt das Geld holen“, sagte er. Dann ging er zur Tür, trat hinaus in den Flur und huschte durch die Hoftür.
Drei Minuten später stand er hinter dem Blue-Bell-Saloon. Das Haus lag wie tot in der Dunkelheit. Doch Jim ließ sich nicht täuschen. Lautlos schlich er an die Tür heran, drückte sie auf und verschwand im Flur. Durch die Ritzen einer großen Tür sah er schwachen Lichtschein dringen.
Er ging heran und beugte sich zum Schlüsselloch nieder. Er stand an der hinteren Tür des Gastraumes. Auf der Theke stand eine Lampe, die den schwachen Lichtschein spendete. Drei Personen saßen gleich neben der Theke an einem Tisch: Chet Syler, Debora Rink und der schurkische Wirt Meat Sprague.
„Er ist also bestimmt erledigt?“, hörte Jim den Wirt fragen.
„Ja“, sagte Chet Syler. „Ich hatte eine stramme Ladung gemixt, in der windschiefen Bude ist nichts übereinander geblieben.“
„Ich fürchte, er übertreibt maßlos“, sagte die Frau kalt. Ihre Augen blitzten bis zu Jim. Der Ranger hielt sie für sehr gefährlich, denn sie war kein dummes Ding, wie er es hier und da schon in einem Tingeltangel getroffen hatte, sondern eine scharf berechnende und kühl abschätzende Person, die bestimmt über Leichen ging, wie sie eben bewies.
„Ich habe ihn bestimmt erledigt“, zischte Syler kratzig. Beschwörend hob er die Hände. „So einem Hagel kann ein Mensch nicht entgehen.“
„Okay“, krähte der Verbrecherführer. Er schob einen kleinen Stoß Geldscheine über den Tisch. „Du hast gut gearbeitet, Chet. Well, ich bin mit dir zufrieden.“
Chet Syler griff gierig nach dem Gelde und raffte es zusammen.
Da stieß Jim die Tür auf und trat über die Schwelle. Wie erstarrt saßen die drei Verschwörer am Tisch. Debora Rink bewegte sich zuerst. Sie lehnte sich zurück und betrachtete ihre Fingernägel.
„Es scheint“, sagte sie lässig, als ginge sie die Sache nicht das mindeste an, „als würde Chet eine Brille brauchen, Meat. Er sieht nicht mehr gut. Es würde mich nicht wundern, wenn er sich in der Zimmernummer geirrt hätte.“
Meat Sprague sagte nichts. Anscheinend hatte er die spöttischen Worte seiner Komplizin gar nicht gehört.
Chet Syler lallte etwas Unzusammenhängendes. Seine Hände glitten langsam tiefer.
„Lass das Geld liegen“, sagte der Ranger scharf.
Syler ließ den Haufen los. In den Augen des Killers spiegelte sich seine Angst.
Da bewegte sich Meat Sprague.
„Was wollen Sie hier?“, dehnte er. „Der Saloon ist geschlossen.“
„Ich sah einen Gast durch die Hintertür gehen“, erwiderte Jim. „Ich folgte ihm. Ich konnte nicht glauben, Sprague, dass Syler zu Ihrem Inventar gehört.“
„Gehört er auch nicht“, warf Debora Rink sofort ein, womit sie all ihren Scharfsinn verriet. „Er ist rein zufällig hier. Er hat für Mister Sprague gearbeitet und wollte nur sein Geld holen.“
„Ja, ich weiß“, meinte Jim. „Es war eine sehr schmutzige Arbeit – und er hat sie außerdem schlecht gemacht.“
„Das geht Sie nichts an“, sagte die Frau von oben herab. „Uns hat er es gut genug gemacht. Er brachte einen Frachtwagen durch den Canyon.“
„Ach? Mir war es, als hätte ich ihn vor meinem Fenster in einem Baum hocken sehen. Hast du noch einen anderen Boss, Syler?“
Der Revolvermann hatte den Schreck langsam verdaut. Er blickte zu der Frau hin, dann zu Meat Sprague, aber beide beachteten ihn nicht. Da schien er sich zu einer Verzweiflungstat zu entschließen.
Blitzartig sprang er hoch, und seine Hände sausten zu den Colts. Chet Syler war ohne Zweifel ein schneller Revolverschwinger – er zog glatt und elegant.
Doch es war nur ein Schuss, der durch den Saloon dröhnte.
Chet Syler stand kreidebleich an den Tisch gelehnt, in halber Höhe hatte er seine Waffen, nun sanken sie zurück. Er neigte sich nach vorn und kippte um wie ein gefällter Baumstamm.
Jim schob seinen Colt ins Holster und ging an den Tisch heran. Debora Rink und ihr Kumpan saßen versteinert vor ihm. Der Ranger zählte das Geld. Es waren genau tausend Dollar.
„Sie bezahlen Ihre Arbeiter gut, Sprague“, sagte er. „Wenn ich mir mal einen anderen Job suche, werde ich bei Ihnen vorsprechen. Würden Sie mich nehmen?“
Meat Sprague stützte die Arme auf die Tischplatte. Langsam stieg ein verkrampftes Grinsen in seine Augen. Er strich durch sein Gesicht, wollte etwas sagen, aber da schoss ein blitzender Blick der Frau zu ihm hin.
„Er will dich auf den Arm nehmen“, raunte sie, „merkst du es nicht? Dieser Junge ist mit allen Wassern gewaschen.“
Sprague, der den Mund schon halb offen hatte, klappte ihn jetzt wieder zu. Fraglos war ihm die Frau über.
„Fahr zum Teufel!“, ächzte er. „Syler hat mir einen Frachtwagen durch den Canyon gebracht, und das ist mir eben eine Menge wert. Ich möchte wirklich wissen, warum er gegen Sie gezogen hat.“
„Das wissen Sie nur zu genau, Sprague.“
Jim langte die Rechnung aus der Tasche und legte sie auf den Tisch. Er zählte fünfhundert Dollar von Sylers Mordlohn ab und steckte sie in die Tasche.
„Sie haben Geld gespart, Sprague. Ich denke, Sie haben nichts dagegen, wenn ich Burt Bakman seinen Schaden davon bezahle. Im Übrigen wusste ich gar nicht, dass ich Ihnen so viel wert bin. Tausend Dollar – hmm, ganz schön.“ Jim grinste. Langsam ging er an den beiden vorbei auf die Vordertür zu. Nach drei Schritten blieb er stehen und ruckte herum. Er sah. wie Spragues Hand unter die Jacke tastete, jetzt aber in der Luft hängen blieb.
„Lassen Sie Ihr Knallinstrument stecken, Mister“, sagte er noch immer lächelnd. „Sie wollen doch Richter werden, nicht wahr? Wenn Sie es jetzt mit mir versuchen, würden Sie den Tag der Wahl sicher nicht mehr erleben.“ Der Ranger strich mit der Hand durch die Luft, und wie durch Zauberei hielt er plötzlich seinen rechten Colt wieder in der Faust. „Ich würde Sie nämlich abschießen, Meat Sprague – wie Sie es verdienen. Keine Angst, ich werde es nicht tun. Ich interessiere mich brennend dafür, was Sie als Richter dieser Stadt für eine Figur machen. Würden Sie einen Mann Ihrer Bergbande verurteilen, den ich Ihnen in die Finger spiele?“
Sprague lief jetzt grünlich an, gleich darauf rot. Er leckte sich über die Lippen.
„Ich würde Sie wegen Ruhestörung aus der Stadt jagen. Yeah, das wäre meine erste Amtshandlung.“
„Und Ihre letzte“, fügte Jim hinzu. Er wirbelte seinen Colt in die Luft, schob die Hüfte ein wenig vor, und zielsicher landete die Waffe im Holster. „Und Ihnen will ich auch einen Rat geben, Madam. Verlassen Sie möglichst schnell die Stadt. Ich habe die Angewohnheit, nicht gegen Frauen zu kämpfen. Wenn Sie mich jedoch zur Weißglut reizen, steht Ihnen ein bitterer Abschied bevor. So long.“
Hinter Jim klappte die Tür zur Straße zu.
Debora Rink fand schnell die Sprache wieder.
„Er ist gefährlicher, als ich dachte“, sagte sie leise. „Ich würde dir raten, es mit Horace zu versuchen. Wenn er es auch nicht schafft, musst du die ganze Meute auf ihn hetzen.“
Meat Sprague nickte.
„Ja, du hast recht. Wir haben ihn unterschätzt.“ Er bückte zu Chet Syler hinunter, der auf dem Gesicht im Gang lag. Der Revolvermann war tot, jeder Zweifel war ausgeschlossen. Der Barmann nahm das Geld mit einer eckigen Bewegung vom Tisch und schob es in die Tasche. Er studierte die Rechnung, aber die Worte verwischten vor seinen Augen. Er schob sie der Frau zu.
„Kannst du das lesen?“
„Klar! Es ist eine Rechnung über Inventar für ein Hotelzimmer. Wenn du noch drei Anschläge auf den Rangerhund startest, kannst du deinem letzten Konkurrenten in dieser Stadt einen neuen Saloon kaufen. Er wird sich die Hände reiben. Ihr seid schreckliche Narren!“ Sie stand auf und rauschte durch eine Seitentür.
Eine Weile starrte der Wirt noch vor sich hin, dann angelte er eine Whiskyflasche vom Schanktisch und setzte sie an die Lippen. Er trank sie ohne abzusetzen halb aus. Dann erhob er sich steif, stieß plötzlich einen Fluch aus und warf die Flasche gegen die Wund. In kleinen Bächen rann der Whisky zum Boden hin, wo die Scherben bereits lagen.
Meat Sprague schnappte den Toten und schleifte ihn hinten aus dem Saloon.