Читать книгу Gnadenlos und eisenhart: Super Western Sammelband 4 Romane - Pete Hackett - Страница 20
12
ОглавлениеJim Hollister hatte noch eine Stunde schlafen wollen, aber eine seltsame Unruhe hatte ihn gepackt. Er lief eine ganze Weile ruhelos im Zimmer auf und ab, stellte sich ans Fenster und blickte hinunter auf den Hof und lief dann weiter. Endlich hielt er es nicht mehr aus. Er schnallte seinen Gurt wieder um und ging hinunter in den Saloon.
Am Fenster stand Burt Bakman. Er drehte sich jetzt um.
„Können Sie auch nicht schlafen? Es ist ja auch schon halber Tag. Mir war es richtig unheimlich. Fast tut es mir leid, dass ich Ihnen so viel erzählt habe. Kommen Sie mal her.“
Der Ranger trat neben den Wirt und blickte auf die Straße hinaus. Die Dunkelheit kämpfte jetzt vergebens gegen das anbrechende Tageslicht. Es wurde heller und heller.
„Ich kam vor fünf Minuten hierher. Was denken Sie, was ich gesehen habe? Einen Kerl, der im Sheriff-Office verschwand, obwohl er dort bestimmt nichts zu suchen hat. Der Halunke heißt Buck Morton. Er ist so etwas wie Meat Spragues Speichellecker. Er kam noch nicht wieder zum Vorschein. Es ist mir schleierhaft, was das bedeuten soll.“
Jim stand und starrte auf das Haus des Sheriffs hinüber. Es wirkte auf ihn wie eine massive Drohung. Fünf Minuten stand er so, und nichts regte sich da drüben auf der anderen Straßenseite.
„Haben Sie eine Fahne?“, fragte er plötzlich.
„Eine Fahne?“
„Ja. So ein flatterndes Ding, das man aus dem Fenster hängen kann.“
„Ja, habe ich. Wir benutzen sie immer zum Unabhängigkeitstag.“
„Schön. Wenn dieser Buck Morton wieder herauskommen sollte, so hängen Sie die Fahne aus dem Dachfenster. Das wird jetzt niemandem auffallen. Ich schlage einen Bogen um die Stadt. Auf diese Art, weiß ich, ob er noch im Haus ist.“
Burt Bakman strahlte. „Klar, Mann. Darauf wäre ich kaum gekommen.“
Jim verschwand durch die Hintertür.
Im Hof war es noch immer sehr dunkel. Die dichten Äste der Baumriesen verwehrten dem Tageslicht das Eindringen.
Jim schlich an der Hauswand entlang, huschte zum nächsten Gebäude hinüber, kletterte über einen Zaun, kroch durch eine Hecke und sprang über einen Bach. Bald hatte er das Ende der Stadt erreicht.
Ein langer Buschgürtel erstreckte sich nach Norden. Er verlief zu beiden Seiten der Straße und bot dem Ranger genügend Deckung.
Zweihundert Meter hinter dem letzten Haus blieb Jim stehen. Er kroch in den Graben hinunter und blickte zurück. Hier konnte er die Straße ungefährdet überqueren.
Eine Viertelstunde später befand er sich hinter dem Sheriffhaus. Er pirschte am Zaun entlang, trat an die Hintertür und drückte die Klinke langsam nach unten. Lautlos schwang die Tür auf.
Jim betrat einen dunklen Flur. Hier war er noch nie gewesen. An der Wand entlang schob er sich weiter. Der Flur war nicht breiter als zwei Meter und höchstens sechs Meter lang. Ganz vorn blieb der Texas-Ranger stehen, legte das Ohr an die Wand und lauschte.
Kein Geräusch drang aus dem angrenzenden Raum. Jim war sicher, dass hinter der Tür das Office liegen musste. Er ließ sich nicht täuschen, denn im Hof hatte er gesehen, dass Burt Bakman die Flagge nicht gehisst hatte. Der Bandit musste also noch im Hause sein. Lag er im Office? Es war anzunehmen.
Jim bückte sich zum Schlüsselloch, aber bei dem fahlen Licht konnte er nichts unterscheiden. Er richtete sich wieder auf und legte die Hand auf die Klinke. Es hatte für ihn keinen Sinn, hier ewig zu warten. Er musste handeln – schnell handeln!
So stieß er die Tür mit einem Ruck auf und sprang in das Office hinein. Schattenhaft sah er eine bucklige Gestalt an der Vordertür stehen, die jetzt wie eine Raubkatze hochschnellte, ein Gewehr hochriss und schoss.
Ein greller Mündungsblitz leckte dem Texas-Ranger entgegen. Instinktiv ließ er sich nach rechts fallen. Die Kugel ratschte in die Wand.
Ein heiserer Fluch des Verbrechers folgte der rollenden Detonation. Dann krachte noch ein Schuss, und wieder knallte das Geschoss in die Wand. Jim erkannte, dass der Mann ihn um jeden Preis umbringen wollte. Er schoss nicht sonderlich gut, doch daran mochte die Überraschung schuld sein.
Da hatte der Ranger selbst seinen Colt in der Hand. Auch er konnte nicht genau zielen, daran war das ungewisse Licht schuld. Trotzdem gelang es ihm, dem Buckligen in die Hand zu treffen.
Schreiend ließ der Kerl die Waffe fallen.
„Du elender Bandit!“, heulte er. Dann zuckte seine Hand zum Gürtel.
Jim sah das Blitzen von blankem Stahl. Sofort war ihm klar, dass es sich hier nur um ein Messer handeln konnte. Er schoss in rasender Folge drei Kugeln ab.
Buck Morton kam nicht mehr dazu, sein Messer zu schleudern. Haltlos rutschte er an der Wand in sich zusammen.
Jim kam hoch, den Revolver noch immer angeschlagen in der Faust. Vorsichtig ging er auf den Killer zu und drehte ihn auf den Rücken.
Buck Morton war tot.
Der Texas-Ranger richtete sich auf. Er zündete die Lampe auf dem Tisch an und blickte sich um. Er war ganz allein. Auf dem Schreibtisch lag der lange Jailschlüssel, sonst war nichts verändert.
Wo steckte der Sheriff?
Der Ranger hastete ins Jail. Reglos lag der Gefangene auf seiner Pritsche. Die Tür stand offen. Jim wusste, noch ehe er an den Mann herangetreten war, dass dieser nie wieder sprechen würde. Er untersuchte ihn flüchtig. Buck Morton hatte ihn umgebracht. Er ging zurück, blickte zum Fenster hinaus, aber die Straße lag ruhig. Selbst drüben bei Meat Sprague, wo man die Schüsse zweifellos gehört haben musste, rührte sich nichts.
Er trat zurück und untersuchte das ganze Haus. Tobe Carnes fand er nicht. Es deutete auch nichts darauf hin, dass er gewaltsam entführt worden war.
Wieder im Office angekommen, setzte sich der Texas-Ranger hinter den Schreibtisch und überlegte. Bald kam er zu der einzig logischen Erklärung. Tobe Carnes musste zu Sprague hinübergegangen sein. Yeah, anders konnte es sich nicht verhalten. Sicher hatte er den verbrecherischen Wirt zur Rede stellen wollen. Dort war er dann überwältigt worden. Daraufhin hatte man Buck Morton im Sheriffhaus einquartiert.
Als er mit seinen Überlegungen soweit gekommen war, stand er mit einem Ruck auf, lud seinen Colt nach und trat auf die Straße.
Gerade fiel der erste Sonnenstrahl lang über die Dächer.
Schnell überquerte der Ranger die Straße, sprang auf der anderen Seite die Stufen mit einem Satz hoch und trat die Schwingtür mit dem Fuß auf.
Meat Sprague lehnte an der Küchentür. In seinen Augen flackerte deutlich die Angst. Neben ihm stand Debora Rink. Beide sahen aus, als hätte das Knallen der Schüsse sie aus den Betten geworfen. Jedoch schien die Frau die besseren Nerven zu besitzen.
„Was wollen Sie denn schon wieder?“, fragte sie aufsässig. „Um acht Uhr wird erst geöffnet.“
„Sie wissen ganz genau, was ich will. Wem gehört der Saloon eigentlich? Ihnen, Sprague? Oder Ihnen, Miss Rink? Und wer hat den Buckligen drüben postiert, damit er mich abschießen soll?“
„Sie fragen zu viel auf einmal“, sagte der Wirt. Er schien etwas aufzuatmen. Anscheinend hatte er etwas anderes erwartet
„Gibt es in dieser Stadt überhaupt Bucklige?“, fragte die Frau gedehnt. „Das ist ja schauderhaft He, Meat, hast du schon mal ‘ nen Kerl mit einem Ast gesehen? Ich nicht.“
„Ich auch nicht.“
Jim lächelte schwach.
„Früher oder später bricht Ihr Lügengebäude doch zusammen, Sprague. Ich weiß, dass diese Frau klüger ist als Sie, aber das wird Ihnen auf die Dauer nichts nützen.“
Er blickte sich suchend um. Neben der Theke lag ein dicker Knüppel. Jim hob ihn schnell auf und hielt ihn hoch. Er sah, wie sich Debora Rinks Augen für eine Sekunde schreckhaft weiteten.
„Habt ihr den Sheriff damit niedergeschlagen?“, fragte er leise.
Hilflos sah der Wirt seine Komplizin an. Jim wusste sofort, dass seine Vermutung richtig war. Mit einem Satz war er über der Theke. Er riss seinen Colt aus dem Holster und bohrte ihn Sprague dicht über der Gürtelschnalle in den Leib.
„Wenn ich den Sheriff in diesem Haus finde, sind Sie geliefert. Los, ich will alle Räume sehen.“
Eine volle Stunde durchsuchte der Ranger das Haus. Er dirigierte den Wirt in den Stall und in den Schuppen hinter dem Saloon, aber er fand nichts.
Schließlich standen sie wieder im Saloon.
Jim blickte aus dem Fenster. Es war die Zeit, zu der die Stadt zum Leben erwachte. Neben ihm stand Meat Sprague, und obwohl der Ranger rein gar nichts gefunden hatte, spiegelte sich in den Augen des Wirtes noch immer die nackte Angst.
„Wo haben Sie Tobe Carnes hingebracht, Sprague?“, fragte der Ranger, ohne den Wirt anzusehen. „In Ihr Berglager?“
„Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen, Hollister. Ich habe den Sheriff hier ewig nicht gesehen. Nicht wahr, Debora?“
„Lassen Sie diese Frau aus dem Spiel, Sprague“, sagte Jim kalt. „Ihr würde ich noch weniger glauben als Ihnen. Also – wo ist er?“
Debora Rink gähnte.
„Ich finde Sie furchtbar langweilig, Mister“, warf sie ein. „Ich kann wirklich nicht verstehen, wieso es noch Menschen gibt, die auf die Texas-Ranger schwören.“
„Das werden Sie auch nie begreifen, Miss Rink. Haben Sie eigentlich noch einen anderen Namen?“
Er sah, wie sie auffallend bleich wurde. Der Hieb halte gesessen.
In dieser Minute hielt draußen ein Reiter. Er stieg ab, schlang die Zügel um den Holm und kam in den Saloon. Meat Sprague atmete hörbar auf.
Jim wusste sofort, wer dieser Bursche war.
Bliff Horace, ein gesuchter Schwerverbrecher.
Der Bandit blieb im Türrahmen stehen, spuckte sich in die Hände und grinste sadistisch.
„Oh, Hollister – welche Ehre!“
„Wurdest du wegen mir herbeordert?“, fragte der Ranger. „Du hattest dich in jüngster Zeit gut verkrochen. Wer hat dich denn versteckt? Sprague?“
Bliff Horace kam einen Schritt näher, dann blieb er erneut stehen
„Das geht dich einen feuchten Kehricht an, verstanden. Boss, was ist dir der Sternträger wert?“
„Zweitausend Bucks“, sagte die Frau anstelle des Wirtes.
Jim drehte sich zu ihr hin.
„Wenn Sie die Maske schon fallen lassen, Sie Bestie, dann nennen Sie doch gleich Ihren richtigen Namen mit. Wir können hier alles auf einmal erledigen. Also, wie heißen Sie?“
„Sie sind verrückt! Ich habe keine Maske, die ich fallen lassen könnte. Sie sind mir unangenehm, und das ist mir eben zweitausend Dollar wert. Bliff, streng dich an.“
„Wird geschehen“, gurgelte der Schießer und rollte mit den Augen. Er sah aus, wie ein wandelnder Fleischberg. Sein massiger Kopf saß tief zwischen den Schultern, als habe er gar keinen Hals. Bliff Horace war ein gefährlicher Gegner, das wusste Jim sehr genau. Horace hatte vor knapp zwei Jahren die Bank in Hackberry ausgeraubt, und dabei waren zwei Angestellte auf der Strecke geblieben. Die folgende Jagd auf den Verbrecher musste diesen bewogen haben, unterzutauchen. Der Steckbrief lautete auf tot oder lebendig. Die Ergreifersumme betrug nicht weniger als fünftausend Dollar.
Und dieser Verbrecher stand nun hier in Meat Spragues Diensten. Es war für Jim ein deutliches Zeichen, dass Sprague im Begriff stand, etwas Außerordentliches in Haymond steigen zu lassen. Der Richterstuhl sollte sicher der Ausgangspunkt dazu werden.
Horace drehte sich jetzt knapp zu Sprague hin.
„Well, Boss“, knurrte er. „Du hast gehört, was deine Königin ausspucken will. Hollister ist ein scharfer Gegner. Lege noch zweitausend Böcke zu, dann springt er über die Klinge.“
Meat Sprague nickte schwach.
Da wandte sich Bliff Horace an den Ranger. Er wollte etwas sagen, aber in dieser Sekunde warf sich dieser auf den Killer und brachte Horace geschickt zu Fall.
Mit einem Stöhnen brach der Bandit zusammen.
„Ich will euch den Spaß durchaus nicht verderben“, wandte sich der Ranger an den erstarrten Wirt. „Doch Horace ist ein gesuchter Schwerverbrecher. Außerdem wird er die Freundlichkeit besitzen, mich in die Berge zu führen. Sprague, Sie sind verhaftet!“
Jim hielt plötzlich seinen silbernen Stern von Texas in der Hand.
Kalkweiß schaute der Salooner darauf. Es hatte ihm die Sprache verschlagen.
Jim ließ den Ranger-Stern verschwinden. Er nahm einen Lederriemen aus der Tasche und bückte sich zu Bliff Horace nieder.
Doch das war sein größter Fehler.
Die Erkenntnis, durchschaut zu sein, brach bei Meat Sprague den Bann, und damit hatte Jim nicht gerechnet. Hinter seinem Rücken fasste der verbrecherische Wirt nach dem Knüppel, der immer noch auf der Theke lag. Er schwang ihn hoch und knallte damit auf Jims Kopf.
Ohne einen Laut fiel der Ranger zur Seite.
„Es wurde Zeit, dass du dich besinnst“, sagte die Frau hämisch. „Es hätte nicht viel gefehlt, und du wärst vor seiner Kanone ins Jail spaziert. Binde ihn gut. Bliff soll ihn ins Lager bringen. Dort machen wir Gerichtssitzung.“
„Gerichtssitzung?“
„Na klar! Auf diese Art bekommst du Übung in solchen Dingen. Außerdem weiß später niemand, was mit dem Ranger passiert ist. Man bringt sich leicht ein ganzes Rudel auf den Hals. Du verstehst mich doch?“
„Ja, schon.“