Читать книгу Gnadenlos und eisenhart: Super Western Sammelband 4 Romane - Pete Hackett - Страница 7

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Eine dunkle Nacht hatte sich über den Glass Mountains ausgebreitet. Beutegierige Raubvögel kreischten, und Schakale heulten ihre schaurigen Melodien in die Finsternis des wild zerklüfteten Berglandes.

Doch plötzlich wurde es still. Mit schnellem Flügelschlag zogen die Vögel davon, und die Schakale ließen einen letzten, langanhaltenden Heulton hören, dann flohen sie aus dem Big Canyon und verschwanden über Berggrate und Geröllhalden.

Eine Weile hielt diese Stille an, dann war leiser Hufschlag zu hören und das dumpfe Holpern von Rädern, die über den harten Schluchtboden rollten. Eine Peitsche schnitt knallend durch die Nacht und ein ermunternder Zuruf trieb die Pferde zu größerer Eile an Um eine Kante schoss ein großer Frachtwagen, auf den anstelle eines Wagenkastens zwei stattliche Fässer montiert waren. Dieser Wagen fegte jetzt in eine Erweiterung des Weges. Funken stoben von den Hufen auf. Wieder ein heiserer Zuruf des Fahrers – und plötzlich ein pfeifender Schuss, dessen Echo sich vielfach an den steilen Felswänden brach.

Mort Stendal, der Fahrer, saß einen Moment wie erstarrt auf dem Bock. Dann aber schwang er die Peitsche.

„Lauft ihr müden Böcke!“, rief er. „Lauft! Teufel, man hat es auf unserem Whisky abgesehen!“

Die Mustangs stemmten sich in die Geschirre, aber es war zu spät für den Whisky in den beiden Fässern. Eine wilde Serie von Schüssen folgte der ersten Detonation. Die Kugeln knallten in die Fässer und zersägten diese regelrecht. In wahren Strömen floss der Whisky über den Schluchtboden und verlor sich in winzigen Spalten.

Mort Stendal, der wohl bemerkt haben musste, dass es noch nicht an sein Leben ging, riss an den Zügeln und stoppte den Wagen. Er angelte seine Winchester aus dem seitlich befestigtem Scabbard, löschte die Wagenlampe und schoss auf die Stelle, von der das Mündungsfeuer aufgeblitzt war. Seine Kugeln winselten durch den Canyon, schrammten gegen die Felsen und stiegen quarrend zum Himmel. Er feuerte, bis kein Schuss mehr im Magazin steckte.

Dann wurde es gespenstisch ruhig, nur hinter Mort Stendal plätscherte der Whisky aus den Fässern. Es waren so große Löcher, dass an ein Verstopfen nicht zu denken war, und dazu saßen sie so tief, dass kaum eine Gallone des kostbaren Stoffes übrigbleiben würde.

Ein ellenlanger Fluch des Kutschers rollte durch den Hohlweg.

Und dann klang plötzlich ein irres Lachen auf. Es schien von rechts aus der Wand zu kommen, während der heimtückische Schütze links stehen musste. Doch es konnte auch ein Irrtum sein, denn das Echo hallte von allen Seiten wider.

Mort Stendal wurde es unheimlich. Ein kalter Schauer lief seine Wirbelsäule hinunter. So konnte nur ein Verrückter lachen.

Dann klang Hufschlag auf. Der Irre floh auf einem schnellen Pferde.

Mort Stendal saß noch drei Minuten wie festgenagelt auf dem Bock. Dann schwang er sich hinunter, brannte mit zitternden Fingern die Bordlampe wieder an und sah nach den Fässern. Noch immer lief der Whisky auf den Boden. Die Einschüsse lagen dicht beieinander. Es war wirklich nichts zu retten. Da schwang er sich wieder hinauf und nahm die Zügel auf. Die Peitsche knallte durch die Luft, und die Mustangs zogen an. Mort Stendal war es, als sitze eine kalte Hand in seinem Genick, und das trieb ihn zu großer Eile an.

Kaum hatte der Frachtwagen die Stelle des Überfalls jedoch verlassen, da kam die schattenhafte Gestalt zurück. Sie hielt am Rande des Weges, wo ein kaum sichtbarer Pfad in die Berge führte.

Der Mann saß zusammengesunken im Sattel eines knochigen Grauschimmels.

„Er hat sich eingebildet, wir wären vor ihm geflohen, Alter“, sagte der Mann kichernd zu seinem Pferd, das die Zähne bleckte. „Dieser alte Narr!“

Und dann hallte sein grausiges Gelächter wieder durch den Canyon.

Plötzlich hob der Mann ruckartig seinen spitzen Kopf und lauschte in die Nacht hinein.

„Hörte ich nicht etwas?“

Da rollte ein winziger Stein über den Weg, wahrscheinlich vom Huf eines Pferdes gestoßen.

Sofort riss der Mann seinen Grauschimmel herum und entfloh.

Über den Weg hetzte ein zweiter Reiter, der sich tief über den Hals seines Pferdes beugte.

Dieser Mann war Texas-Ranger Jim Hollister. Seit fünf Tagen lag er im Canyon auf der Lauer. Oft schon hatte er den Wahnsinnigen verfolgt, aber noch nie war er ihm so nahe gewesen wie jetzt.

Der Rotfuchs unter dem Ranger streckte sich zu gewaltigem Lauf und raste in den Spalt hinein, in dem der Irre eben verschwunden war. Laut donnerten die Hufe über den Boden. Jim glaubte den Mann vor sich zu sehen, doch plötzlich war die Gestalt wie ein Schemen verschwunden.

Jim riss an den Zügeln und brachte sein Pferd zum Stehen.

„Wo sind Sie!“, rief er.

Eine Zeitlang blieb es still, dann dröhnte von rechts oben das verrückte Gelächter zu ihm herunter.

„Fang mich doch, ich bin der Frühling! Hihi!“

Der Ranger war keineswegs schreckhaft. Er drehte den Rotfuchs sofort und trieb ihn in die Geröllhalde hinauf.

Doch als er die Höhe erreichte, war der Mann verschwunden. Eines stand für Jim fest, der Kerl kannte diese Berge wie seine Westentasche.

Jetzt lachte der Bursche wieder. Diesmal kam es von links.

Jim drehte den Rotfuchs, aber das Tier schnaubte ängstlich. Dicht vor den Vorderhufen des Pferdes tat sich ein schwindelnder Abgrund auf.

In dieser Minute brach der Mond silbern durch die Wolkendecke und übergoss die raue Bergeinsamkeit mit seinem milchigen Schein.

Kaum fünf Meter von sich entfernt sah Jim den Verrückten. Der Mann befand sich auf der anderen Seite des Abgrundes und blickte zu ihm herüber.

„Ich könnte dich abschießen“, sagte der Mann. Seine Stimme schien aus der Tiefe einer Höhle zu kommen. „Doch ich schieße nur auf bestimmte Dinge. Haha, was willst du von mir?“

Jim Hollister hatte den Wahnsinnigen noch nie gesehen. Jetzt blickte er hinüber und studierte ihn Zug für Zug. Der Mann trug keinen Hut. Er hatte schlohweißes Haar, das im Mondlicht leicht glitzerte. Sein Gesicht war eingefallen, als wäre er schon lange tot. Im Schein des Mondes wirkte es wie Leder. Die Schultern waren nicht sehr breit und hingen nach unten. Die ganze Gestalt sah klapperdürr aus. Unheimlich aber wirkten die Augen. Wie glühende Kohlen starrten sie dem Ranger entgegen. Der Mann war ganz ohne Zweifel verrückt.

„Auch ich könnte auf dich schießen“, sagte Jim langsam. „Doch ich will mit dir sprechen, Freund. Komm wieder herüber, du kennst ja den Weg.“

Der Mann lachte irr und tippte bezeichnend an seine Stirn.

„Ich bin das Schreckgespenst der Glass Mountains. Mit mir gibt es nichts zu besprechen.“

Jim blickte nach rechts. Wenige Meter entfernt war die Spalte zu Ende. Dort musste der Wahnsinnige auf die andere Seite hinüber sein.

In diesem Moment schob sich ein Wolkenfeld vor den Mond. Es war so stockdunkel wie vorher. Jim warf den Kopf herum. Er sah gerade noch, wie der Verrückte drüben sein Pferd drehte und in der Nacht verschwand.

Jim zog seinen Colt und feuerte drei Schüsse hoch über den Kopf des Irren dahin. In den nächsten Minuten musste er jedoch einsehen, dass der Mann damit nicht aufzuhalten war. Er lachte nur so irr und hohl wie vorher. Dann war er verschwunden.

Jim Hollister saß im Sattel und starrte in die Nacht hinein. Er stand vor der Frage, ob der Mann wirklich verrückt war oder ob er nur markierte. Die Augen des Geheimnisvollen sprachen für den Wahnsinn, und auch der sinnlose Überfall auf den Whiskywagen. Die verblüffende Ortskenntnis und die nahezu traumwandlerische Sicherheit des Kerls ließen aber den Verdacht aufkommen, dass er vollkommen bei Sinnen war.

Jim kam schließlich zu dem Schluss, dass der Mann zwar verrückt, sich aber in verschiedenen Dingen Klarheit bewahrt hatte.

Der Ranger lenkte sein Pferd nach rechts hinüber und umging die gefährliche Stelle. Er fand auf der anderen Seite eine abfallende Bergschulter, die der Bursche hinuntergeritten sein musste.

Drei Stunden suchte der Ranger noch durch die Berge, dann gab er es auf. Der Irre war ihm entkommen. Und nun war er sicher auch gewarnt.

Jim lenkte den Rotfuchs in den Big Canyon zurück und schlug den Weg nach Haymond ein. Diese Bergschlucht war die Verbindung zwischen Haymond und Sheffield. Und wer nicht einen Umweg von mehr als fünfzig Meilen in Kauf nehmen wollte, der musste durch den Canyon. Hier aber machte der Wahnsinnige die Gegend unsicher. Schon dreimal waren Frachtwagen von ihm angefallen und beschossen worden. Gleich der erste Überfall hatte den Kutscher in die Flucht getrieben. Der Mann war von dem irren Gelächter wie vor einem Rudel hungriger Wölfe geflohen. Er war nach Haymond gekommen, und dort wurde er ausgelacht. Sheriff Carnes ritt schließlich mit einem Aufgebot heraus und fand den Wagen verlassen im Canyon stehen. Ein paar kleine Fässer waren zerschossen gewesen, und eine Kiste mit Brot hatte gefehlt, sonst nichts.

Die Kugellöcher aber hatten den Sheriff bedenklich gemacht. Er hielt den Fahrer zwar für einen Feigling, aber nicht für einen solchen Narren, dass er selbst seine Ladung durchlöcherte.

Und dann kam der zweite Angriff auf einen Frachtwagen. Bei diesem Überfall behielt der Fahrer die Nerven. Er hieb wie verrückt auf die Pferde ein und konnte entkommen. Lediglich eine kleine Kiste Dynamit fiel von der Ladefläche.

Diese kleine Kiste fiel jedoch kaum vier Tage später von einem Berggrat auf den dritten Wagen, und an ihr brannte die Lunte.

Von diesem Wagen blieben nur Fetzen. Der Fahrer hatte das Glimmen der Schnur gesehen und konnte rechtzeitig in einer Höhle verschwinden. Er kam mit ein paar Kratzern davon.

Um diese Zeit befand sich Jim Hollister in der Nähe. Er hörte von der Sache, und da er ohnehin durch Haymond musste, machte er bei Sheriff Carnes Station und meldete die seltsame Geschichte an sein Hauptquartier nach Austin. Der Fall wurde ihm sofort übertragen.

Und nun hatte er fünf Tage auf der Lauer gelegen. Zweimal war die Postkutsche an ihm vorübergerollt, ohne dass etwas geschah. Jim wollte schon aufgeben. Doch der Whiskywagen musste kommen, und auf den wollte er warten. Nun, er hatte gewartet, hatte die Schüsse gehört und schließlich den Wahnsinnigen gesehen. Der kalte Glanz in den Augen des Verrückten konnte einen harten Mann in die Flucht schlagen, darüber gab es keinen Zweifel. Der Ranger konnte den ersten Frachtfahrer nun schon eher verstehen, der sich hartnäckig weigerte, mit seinem Gespann den Canyon noch einmal zu befahren.

Und während er jetzt auf Haymond zuritt, da musste sich Jim eingestehen, dass er eigentlich nichts gewonnen hatte. Er wusste nur, dass der Kerl in den Bergen hauste und diese genau kannte. Mehr nicht.

Gnadenlos und eisenhart: Super Western Sammelband 4 Romane

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