Читать книгу Pulverdampf aus der Revolvermündung: Super Western Bibliothek 15 Romane und eine Kurzgeschichte - Pete Hackett - Страница 9
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Оглавление»Feuer!«, peitschte eine Stimme von irgendwoher.
Noch bevor der Befehl verklungen war, krachten Schüsse. Mit einem einzigen gewaltigen Schlag entluden sich die Waffen der Angreifer. Hunderte mussten es sein.
Revolver, Karabiner und Gatling Guns hämmerten los, dass es wie Donner ins Tal der Nez Perces hinab rollte. Menschen schrien, Pferde wieherten schrill. Barsch gebrüllte Kommandos der Angreifer konkurrierten mit dem wilden, entschlossenen Geheul der Krieger.
Sie machten sich gegenseitig Mut damit. Dabei wussten sie alle, dass es nicht mehr war als der Mut der Verzweiflung.
In den Indianerkriegen hatten beide Seiten voneinander gelernt. So wie sich die roten Krieger auf die militärische Taktik ihrer Feinde eingestellt hatten, waren diese mittlerweile Meister im unbemerkten Anpirschen. Hier, in den Hügeln von Montana, hatten sie es soeben wieder unter Beweis gestellt.
Die Todesangst lähmte White Feather. Sie lag im Gras und war nicht imstande, sich zu rühren. Durch das weiche Grün der Halme konnte sie sehen, was sich in ihrer Nähe abspielte.
Bold Eagle hatte dem Soldaten den Revolver aus der Hand geschlagen. Beide Männer waren zu Boden gestürzt, und nun entrang der muskulöse Krieger seinem Gegner den Säbel. Als Waffe für den Nahkampf taugte die armlange und handtellerbreite Klinge nicht.
Ein Hieb auf den Unterarm des Kavalleristen genügte, und der Griff der tödlichen Blankwaffe entglitt seiner Hand. Bold Eagle schlug noch zweimal zu, und er traf den Weißen hart genug. Der Mann streckte sich und rührte sich nicht mehr.
Bold Eagle sprang auf, packte den Säbel mit beiden Händen am Griff - bereit zuzustoßen.
Eine Bewegung entstand im Gebüsch. Zweige teilten sich. Nichts davon war im Tosen des Kampflärms zu hören.
White Feather wollte schreien, wollte den geliebten Mann warnen. Aber nicht einmal die Stimmbänder gehorchten ihr.
Der zweite Kavallerist feuerte, noch während er aus dem Buschwerk hochkam.
Der Schuss aus seinem Revolver klang dünn und unbedeutend vor dem Hintergrund des Gefechtsdonners. Doch dieser Eindruck täuschte, und White Feather wusste es im selben Moment.
Sie glaubte selbst getroffen zu werden, so sehr zerriss der Schmerz ihr Innerstes.
Schon der erste Einschlag brachte Bold Eagle ins Wanken. Der Säbel fiel ihm aus den Händen.
Der Soldat im Gebüsch jagte noch zwei Kugeln aus dem langen Lauf seines Cavalry Colts, um ganz sicher zu gehen. Wie von unsichtbaren Fäusten durchgeschüttelt sank der Krieger zu Boden.
White Feather sah das Blut aus seinen tödlichen Wunden strömen. Erst jetzt drang der Schrei tief aus ihrer Kehle. Ihr war, als würde mit der Liebe ihres Lebens auch ihr eigenes Leben zu Ende gehen. Sie spürte wahrhaftig den Schmerz, den auch Bold Eagle im Augenblick seines Sterbens gespürt haben musste.
Das Grauen ließ ihren Überlebenswillen erwachen, obwohl es nicht mehr als ein Instinkt war. Die Lähmung fiel von ihr ab.
Doch ihr Schrei hatte sie verraten, und das hohe Gras war kein vollständiger Sichtschutz.
Der Kavallerist stürmte aus dem Gebüsch hervor und war bei ihr, noch bevor sie richtig auf die Beine gekommen war.
Er fällte sie mit einem Fausthieb.
White Feather empfand eine seltsame Art von Dankbarkeit, als ihr schwarz vor Augen wurde. So würde sie wenigstens bei ihrem Geliebten ausharren.
Gewiss würde sie sterben. Aber die Art und Weise ihres Todes bedeutete nichts. Nur eines war wichtig: Dass sie Bold Eagle auf seinem Weg in die Ewigen Jagdgründe begleiten und für immer bei ihm bleiben durfte.
Doch die Bewusstlosigkeit der schönen jungen Indianerin war nur von kurzer Dauer.
Als sie erwachte, umarmte sie einen Baumstamm.
Sie begriff nicht sofort, was das bedeutete.
Im nächsten Moment stürzte die ganze ungeheure Wucht des Geschehens auf sie ein.
Ihre Hände waren auf der anderen Seite des Baums gefesselt, ihre rechte Wange wurde dadurch an die lederartige Rinde gepresst. Sie war noch immer nackt, was den Kerlen hinter ihr wahrscheinlich sehr gelegen kam. Der, den Bold Eagle besiegt hatte, musste wieder zu sich gekommen sein. Denn es waren zwei Männer, von denen White Feather vergewaltigt wurde. Ihr schossen Tränen in die Augen. Und wieder schrie sie ihren Schmerz hinaus, als ihr bewusst wurde, dass ihr die Gnade des Todes noch nicht gegönnt werden würde.
Aber auch das Geschehen im Tal der Nez Perces blieb ihr nicht erspart. Auf grausame Weise lief es vor ihren Augen ab.
An die zweihundert Soldaten waren es, die von allen Seiten vorrückten, über die Hügelkuppen hinweg. Im Schutz des Buschgürtels waren sie vorgedrungen, hatten die Wachtposten überrumpelt und niedergemacht.
Weniger als fünfzig Nez Perces Krieger waren es, die sich auf ihre Pferde schwangen und sich den Angreifern todesmutig entgegen warfen. Jene, für die die Krieger ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben kämpften, zählten mehr als zweihundert: Frauen, Kinder und alte Leute.
Die Krieger hatten von vornherein keine Chance. Bis auf den letzten Mann starben sie im Kugelhagel der Übermacht.
Als Schüsse und Todesschreie endlich versiegten, war die Tortur für White Feather noch nicht vorüber. Die keuchenden, schwitzenden Kerle machten sich unaufhörlich an ihr zu schaffen. Sie wurde immun gegen körperliche Schmerzen. Das Weinen der Kinder und die Klagelaute der Frauen aus den Tipis im Tal zu hören bereitete ihrer Seele furchtbare Qualen.