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Das Fort lag inmitten einer Ebene, mit hervorragender Rundumsicht. Selbst für eine Übermacht von Angreifern wäre es vermutlich uneinnehmbar gewesen.

Frank Harrison und White Feather hatten ihr Nachtlager noch im Hügelland aufgeschlagen, unmittelbar am Rand eines kleinen Mischwaldes.

Das Fort war gut drei Meilen entfernt. Jetzt, im frühen Grau des Tages rührte sich dort noch nichts. Bis auf die Posten in den Wachtürmen war vermutlich noch niemand auf den Beinen. Der Fahnenmast ragte leer in die diesige Luft; der morgendliche Appell hatte folglich noch nicht stattgefunden.

Es war später Abend gewesen, als der Weidereiter und die Indianerin das Hügelland südwestlich von Fort Maginnis erreicht hatten. Drei Tagesritte lagen hinter ihnen. White Feather hatte sich hervorragend gehalten, obwohl ihr Platz hinter Franks Sattel alles andere als bequem gewesen war.

Die Strapazen forderten ihren Tribut. Kaum hatten Frank und White Feather sich in die Decken gehüllt, waren sie auch schon eingeschlafen.

Frank erwachte als Erster.

Wie gewohnt wollte er sich aus den Decken schälen und aufspringen. Doch er spürte die weiche Wärme eines weiblichen Körpers neben sich, und erst in diesem Moment setzte die Erinnerung ein. Tief und traumlos hatte er geschlafen, wie in den vorangegangenen Nächten auch.

Doch zum ersten Mal spürte er White Feathers Nähe.

Sie schlief noch. Ihr Gesicht lag an seiner Schulter, ihre Atemzüge gingen langsam und regelmäßig. Es hatte den Anschein, als würde sie ein wenig von dem Grauen, das hinter ihr lag, allmählich überwinden. Er hatte sie bewusst nicht bedrängt, denn er hatte gespürt, dass sie Zeit brauchte. Und wenn sie nie wieder einen Mann wollte, würde er auch das verstehen.

Er blieb still liegen, um sie nicht aufzuwecken. Die nächsten Minuten verbrachte er damit, das Fort zu beobachten.

Bestimmt würde der Regimentskommandeur ein erfahrener Mann sein - einer, von dem man Verständnis erwarten konnte. Frank hatte sich in den drei Tagen alles zurechtgelegt, was er sagen würde, jeden einzelnen Satz, jedes Argument.

Während er dalag und die Nähe der schönen jungen Frau genoss, wiederholte er in Gedanken seine komplette Ansprache.

Sir, ich möchte Sie auf ein Verbrechen hinweisen, das am Volk der Nez Perces verübt wird. Es handelt sich um einen Transport ins Reservat, der von einer Einheit Ihres Regiments begleitet wird. Unter dem Kommando von First Lieutenant Nicholas werden Frauen vergewaltigt, alte Menschen gequält ...

White Feathers Atemrhythmus veränderte sich auf einmal. Sie seufzte und drehte sich ihm entgegen. Im nächsten Moment lag ihr Arm über seinem Brustkasten, und sie zog sich so fest an ihn, als wollte sie ihn nie wieder loslassen.

Frank spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Behutsam, um sie nicht zu erschrecken, drehte er sich zu White Feather um.

Und blickte in ihre großen sanften Augen.

»Du bist wach?«, fragte er und wunderte sich über seine rau und belegt klingende Stimme.

»Seit einem Moment«, erwiderte sie leise, und ihr Gesicht näherte sich dem seinen. »Sprich jetzt nicht mehr.«

Er spürte ihre Fingerkuppe auf seinem Mund, und gleich darauf waren nur noch ihre Lippen da.

Frank versank in einen Taumel. Die Gefühle wechselten einander ab - vom sanften Schweben wie auf den Wolken am Himmel bis zum Wirbelsturm, der selbst die stärkste Eiche entwurzelte.

In diesen Minuten, die ohne Ende zu sein schienen, befreiten sie sich gegenseitig von ihrer Kleidung und erlebten jenes unvergleichliche Eins-Sein, wie es nur von nackter Haut auf nackter Haut hervorgerufen werden kann.

Dann, als Frank behutsam und beinahe zögernd in sie eindrang, löste sich ein Freudenschrei von White Feathers Lippen. Ihre Arme umschlangen seinen Nacken in wildem Verlangen, und sie reagierte auf Franks Bewegungen so einfühlsam und zugleich temperamentvoll, wie er es nie für möglich gehalten hatte.

Von einer Minute, so empfand es Frank, war er von einer Welt in die andere hinübergewechselt.

Die Welt des Weidereiters war rau und voller Gefahren. Die Freundschaft zu den anderen Ranchhands war zwar herzlich, hatte aber die derben Züge einer Männerwelt, in der man sich behaupten muss.

Seine bisherigen Erlebnisse mit Frauen waren bestenfalls Flirts gewesen, zudem von Alkohol umnebelt. Das Ergebnis hatte meist in Hotelbetten stattgefunden, in Billings oder auch in Helena, und es war stets ein enthemmtes Vögeln gewesen, bei dem es nur um die gegenseitige Befriedigung der Gier gegangen war.

White Feather dagegen schenkte ihm ihren Körper und ihre Seele.

Während sie eins waren, vergaßen sie alles, was gewesen war. Auch die Zukunft hatte jede Bedeutung verloren. Nur der Augenblick existierte, sie hatten das Gefühl, sich vom Boden zu lösen und in den Himmel der Zärtlichkeit zu schweben.

Diese Zärtlichkeit, das spürte Frank, war die stärkste Macht dieser Welt. Keine Waffen und keine menschliche Bosheit konnten ihr etwas anhaben.

Pulverdampf aus der Revolvermündung: Super Western Bibliothek 15 Romane und eine Kurzgeschichte

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