Читать книгу Pulverdampf aus der Revolvermündung: Super Western Bibliothek 15 Romane und eine Kurzgeschichte - Pete Hackett - Страница 26

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Frank wartete, bis das Mittagessen gebracht worden war.

Es gab Wassersuppe mit Brot. In den Zellen klapperten die Löffel in den blechernen Essgeschirren. Vorn, am Tisch, aßen die Aufseher und die beiden Gefangenen, ohne ihre Pokerrunde zu unterbrechen.

Frank hockte auf dem Pritschenrand und rührte mit dem Löffel in der wässrigen Brühe.

»Mein Gott!«, sagte er laut genug, um das Löffelgeklapper zu übertönen. »Wie weit seid ihr bloß runtergekommen, dass ihr so einen Fraß esst. Nicht mal Schweine würden sich so was vorsetzen lassen.«

Das Klappern endete schlagartig.

Alle Köpfe ruckten herum. Blicke trafen den Neuen mit geballter Wut.

Ryan Pratt brauchte mehrere Atemzüge, ehe zu einer Antwort fand. Seinen Augen lagen schmal hinter den Wangenwülsten, und seine Stimme war ein gefährliches Zischen.

»Du denkst also, wir sind weniger wert als gottverdammte Schweine.«

Frank nickte ernsthaft. »Ja, so sieht's aus, Kumpel. Und außerdem denke ich, du bist der Ober-Eber. Weil du deinen Schweinefreunden diesen Fraß nämlich ersparen könntest.«

Etliche der Kerle kriegten den Mund nicht wieder zu.

Ryan Pratt dagegen witterte Unrat. Seine Lippen wurden zum Strich. Er hatte ein Gespür für die Dinge, die Macht und Gewalt betrafen. Und er war sicher, dass dieser Harrison ihm das Wasser abzugraben versuchte.

Typisches Verhalten eines Spions!

Höchste Zeit, diesem Kerl das Maul zu stopfen!

Frank indessen registrierte, dass der erste Teil seiner Rechnung aufging. Pratt ließ sich provozieren. Wie erwartet. Denn was blieb ihm anderes übrig? Wenn er weiterhin der Anführer dieser Meute bleiben wollte, durfte er keinen Herausforderer dulden.

»Du denkst«, knurrte Pratt, »ich könnte von hier aus denen in der Küche sagen, sie sollen uns besseres Essen machen.«

Frank grinste unverschämt durch die Gitterstäbe, »das muss schon vorher anfangen. Die müssen erst mal umdenken lernen. So lange sie euch für Schweine halten, kriegt ihr Schweinefraß. Ist doch logisch, oder?«

Pratt wurde weiß vor Wut. »Halts Maul!«, fauchte er.

Frank lachte. »Mein lieber Master Sergeant, dass du so ein dämliches Arschloch bist, hätte ich ja nun nicht gedacht. Wenn du dich nicht durchsetzen kannst, musst du doch nicht mir die Schuld geben.«

»Halt die verdammte Klappe!«, brüllte der Vierschrötige jenseits des Zellengangs. »Oder ich stopfe sie dir!«

Frank lachte lauter. »Wie willst du denn das anstellen?«

Pratt lief puterrot an.

Die übrigen Kerle hielten den Atem an.

»Du wirst dich wundern!«, keuchte der degradierte Master Sergeant. » Du denkst, du bist sicher in deiner Zelle, was? Ein elender Kuhtreiber wie du hat doch nicht das Recht, die Armee in den Dreck zu ziehen! Geh und sing deinen Kühen was vor, statt Armeeangehörige zu beleidigen.«

Die Meute johlte Beifall.

»Armeeangehörige?«, höhnte Frank. »Ihr werdet als Erste rausbefördert, und zwar unehrenhaft. Die Armeeführung ist doch froh, wenn sie euch Lumpenpack los ist.«

Wieder wurde es still.

Nur Pratt dröhnte los. »Jetzt reicht es, du blöder Sack! Jetzt drehe ich dir den Hals um!«

»Tu’s doch!«, feixte Frank. »Na los, Versuchs doch!«

Und um seine Provokation zu untermalen, schleuderte er den Inhalt seines Kochgeschirrs durch die Gitterstäbe, über den Mittelgang, bis in die gegenüberliegende Zelle.

Es kam zu überraschend.

Pratt konnte nicht mehr ausweichen.

Klatschend traf ihn die volle Ladung.

Die Wasserbrühe, garniert mit ein paar Fettaugen, lief ihm das Gesicht herunter, in den Kragen. Dicke Tropfen fielen vom Kinn auf das Hemd.

Alle im Arrestbau hielten den Atem an.

Draußen im Fort herrschte Mittagsruhe, und so war kein Laut zu hören. Hätte eine Lady ihre Haarnadel verloren, so wäre es wie ein Scheppern durch die Stille gedrungen.

Ryan Pratt hielt die Arme seitlich am Körper. Er zitterte vor Wut, und seine Pranken ballten sich zu Riesenfäusten.

»Johnson!«, brüllte er, dass die Wände wackelten.

Einer der Aufseher, vorn, sprang auf.

»Ja, Sir?«

Frank glaubte, nicht richtig zu hören, obwohl genau das lief, was er erhofft hatte.

»Mach die verdammte Zelle auf!«, donnerte Pratt. »Los, Mann, beeil dich! Hunde und Kuhtreiber muss man sofort bestrafen, sonst vergessen sie, wofür sie eins auf den Sack kriegen.«

Frank tat entsetzt und wich an die hintere Schmalwand der Zelle zurück.

Tatsächlich kam der Aufseher mit dem Schlüssel.

»He!«, rief Frank und streckte abwehrend die Hände aus. »Das könnt ihr doch nicht machen! Das ist gegen die Vorschriften!«

Ryan Pratt lachte grollend.

»Jetzt hast du die Hosen voll, was? Falls du’s noch nicht gemerkt hast, Kuhtreiber - die Vorschriften hier mache ich! Und du kannst schon mal dein Testament machen.«

»Ich hab nichts zu schreiben«, konnte Frank sich nicht verkneifen, zu sagen.

»Die Faxen werden dir noch vergehen«, knurrte Pratt.

Der Aufseher war zur Stelle. Er öffnete erst Pratts Zelle und dann die gegenüberliegende. Sofort wich er zurück.

»Das ist gegen das Gesetz!«, heulte Frank. Mit dem Rücken an die Wand gepresst, hob er schützend die Arme.

»Ach was!«, lachte Pratt. »Du weißt doch, wir sind die Gesetzlosen.«

Kettenklirrend walzte er herüber, gefolgt von dem Fuchs.

Weder Pratt noch sein Zellenkumpel machten sich die geringsten Sorgen wegen der Fußketten. Sie hielten sich für so überlegen, dass sie daran nicht einmal einen Gedanken verschwendeten.

Frank nahm auch diesen Punkt voller Genugtuung zur Kenntnis. Unbemerkt spannte er die Muskeln, während er äußerlich vor Angst zitterte. Bis auf einen Yard ließ er Pratt herankommen.

Dann spielte er alles aus, was er hatte.

Seine geballte Kraft.

Für den Vierschrötigen war es, als würde er jäh ins Zentrum einer Detonation geraten.

Eisenteile trafen ihn mit mörderischer Wucht. So kam es ihm vor. Er schrie auf, als ihn die Schmerzen durchtobten und seine Arme plötzlich schlaff herunterhingen. Was er für Eisen hielt, waren Franks Fäuste, und die Fußketten wurden plötzlich zum gefährlichen Handicap.

Master Sergeant Ryan Pratt wankte und brüllte unter dem Trommelfeuer der Eisenfäuste. Viel zu unerwartet kam die geballte Kraft des Widerstands.

Und Frank wusste, dass jede Sekunde zählte.

Die restlichen Kerle, vor allem die Aufseher, durften nicht erst zur Besinnung kommen.

Deshalb setzte er seine ganze Energie hinter die Attacke. Ein letztes, bretthartes Ding unter das Kinn gab Pratt den Rest. Er kippte rückwärts wie eine vom Sturm gefällte Eiche. Sein Schädel schmetterte gegen den Kopf des Fuchses, der die ganze Zeit versucht hatte, an dem Master Sergeant vorbeizukommen und in den Kampf einzugreifen.

Beide Männer stürzten zu Boden.

Frank schnellte mit einem Satz über sie hinweg.

Der Aufseher hatte seine Schrecksekunde überwunden, wirbelte herum, wollte nach vorn zurück. Doch er kam nur einen Schritt weit.

Frank sprang ihn an. Allein durch die Wucht des Aufpralls brachte er den Mann zu Fall. Hart schlug der Uniformierte mit dem Kopf auf den Steinboden. Frank spürte, wie er erschlaffte, das Bewusstsein verloren.

In den Zellen tobten die Gefangenen.

Der zweite Aufseher, im Vorraum, hatte sein Koppel von der Stuhllehne gerissen. Während die beiden Pokerpartner mit ihren Fußketten von ihm weg watschelten und sich hinwarfen, versuchte er verzweifelt, die lederne Verschlussklappe des Revolverholsters noch rechtzeitig zu öffnen.

Frank war schneller.

»Danke«, sagte er und nahm das Holster mitsamt Revolver und Koppel entgegen, nachdem er den Soldaten mit zwei stählernen Hieben ins Traumland geschickt hatte.

Den Rest erledigte Frank im Handumdrehen. Als er das Koppel anlegte, wurden die Gefangenen still. Offenbar rechneten sie damit, dass er jeden Randalierer kaltblütig erschießen würde.

Doch er schickte lediglich die Pokerspieler in Ryan Pratts Zelle, schleifte die Bewusstlosen hinterher und schloss beide offenen Zellen ab. Die Schlüssel steckte er ein.

Aus dem Waffenschrank im Vorraum nahm er zwei Spencer-Karabiner und stopfte sich die Taschen mit Munition voll. Bevor er sich abwandte, fiel sein Blick auf den Pokertisch. Dort qualmte eine Zigarre, die gerade angezündet worden war.

»Nochmals besten Dank«, sagte Frank, klemmte sich die Tabakstange zwischen die Zähne und verabschiedete sich.

Er benutzte den Seitenausgang.

Vorsichtig schloss er die Tür und verharrte im Schatten unter dem kleinen Vordach.

Die Mittagssonne glühte auf das Fort. Nirgendwo rührte sich etwas. Selbst die Hunde hielten Siesta.

Frank orientierte sich rasch. Die Mannschaftsunterkünfte befanden sich rechter Hand, nach Westen hin. Zur Linken, etwa dreißig Yards entfernt, erblickte er die Rückseite eines lang gestreckten Stallgebäudes.

Auch dort war keine Menschenseele zu sehen.

Frank überlegte nicht lange. Die Karabiner unter den Arm geklemmt, huschte er hinüber.

Er hatte Glück. Alle vier Stalltore standen fußbreit offen, damit sich die Hitze drinnen nicht zu sehr staute.

Frank schlüpfte in die erste Toröffnung, die er erreichte. Drinnen war es stickig. Fliegen summten. Es roch nach Pferdeschweiß, Leder und Dung. Nichts deutete auf die Anwesenheit von Menschen hin. Frank beglückwünschte sich zu dem günstigen Zeitpunkt, den er erwischt hatte.

»Hobo!«, rief er halblaut, ohne die Zigarre aus dem Mund zu nehmen.

Ein leises Schnauben war die Antwort.

Frank hätte einen Triumphschrei ausstoßen mögen. Er entdeckte seinen treuen Braunen acht Boxen entfernt zur Linken. Rasch lief er hinüber, tätschelte dem braven Kerl die Nüstern und sattelte ihn.

Die Kavalleristen hatten Hobo genauso ordentlich versorgt und sein Sattelzeug vorschriftsmäßig verstaut, wie sie es mit ihren eigenen Pferden taten. Nur sein eigener Karabiner fehlte.

Einen der beiden Spencers schob er in den leeren Scabbard, den anderen steckte er in die Deckenrolle. Dann führte er den Braunen ins Freie und saß auf.

Im Arrestbau herrschte immer noch Stille. Keiner dort würde es wagen, Lärm zu machen, bevor Ryan Pratt nicht wieder bei Bewusstsein war und entschied, was getan werden sollte.

Die Torposten waren zu weit entfernt, um schon Verdacht zu schöpfen.

Frank ritt auf das Munitionsdepot zu. Unbehelligt erreichte er den vorderen Erdwall. Dicke blaugraue Wolken paffend ritt er an die Ostseite Depots und stellte fest, dass es nach Norden hin wunderbar nahe an die Palisaden grenzte.

Frank saß ab und robbte den Erdwall hinauf - nur so weit, dass er ins Innere der Anlage.

Verdorrtes Gras stand mehr als kniehoch.

Die Holzhäuschen mit all dem hochbrisanten Zeug standen in dem Gras wie auf einem dicken, flauschigen Teppich.

Frank paffte erneut, bis die Zigarre eine helle, grellrote Glut entwickelt hatte. Dann schleuderte er sie hinunter ins Gras.

Pulverdampf aus der Revolvermündung: Super Western Bibliothek 15 Romane und eine Kurzgeschichte

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